Veröffentlicht: 30.07.2024 | Lesezeit: 5 Minuten
Die erste Impfung bekommen Babys nach sechs Wochen, bis zum 12. Lebensjahr schützen Impfungen Kinder bereits vor 16 unterschiedlichen Krankheiten und ab 60 Jahren ist eine regelmäßige Auffrischung etwa der Grippeschutzimpfung eingeplant; so zumindest die Empfehlung der STIKO.
Doch obwohl fast jeder im Leben schon mehrmals geimpft wurde, wie die Spritze beim Arzt oder bei der Ärztin genau funktioniert, können nur die wenigsten beantworten. Welche verschiedenen Impfstoffe gibt es und wie wirken diese? Nach diesem Beitrag können Sie die Fragen dazu beantworten.
Exkurs: So funktioniert unser Immunsystem
Bevor wir uns genauer mit Impfungen beschäftigen können, müssen wir uns zunächst das Immunsystem ansehen. Kurz gesagt, greift es alles an, was in den Körper eindringt und ihm fremd ist. Dazu gehören Viren und Bakterien, aber auch Pilze, Proteine und vieles mehr. Bemerkt es einen solchen Eindringling, untersucht es ihn zunächst auf eine Schwachstelle und entwickelt einen Weg diese anzugreifen.
Das kann einige Tage dauern, in denen Sie in der Regel nichts mitbekommen. Denn erst, wenn das Immunsystem den Angriff startet, entwickeln Sie Symptome und fühlen sich krank. Der Eindringling, wie ein Virus, kann sich in der Zwischenzeit ungehindert vermehren.
Dennoch ist dieses System sehr effektiv. Denn hat das Immunsystem einmal einen Angriffsplan erstellt, archiviert es diesen. Sobald es wieder auf den bekannten Angreifer trifft, kann es reagieren und ihn sofort attackieren. Oft merken wir davon gar nichts.
Das Prinzip der aktiven Impfung
Bei der aktiven Impfung bereiten wir das Immunsystem auf einen Angreifer vor, den es früher oder später wahrscheinlich treffen wird. Es wird eine leichte oder unschädlich gemachte Version des Virus, zum Beispiel der Masern, injiziert. Das Immunsystem kann in Ruhe seinen Angriffsplan ausarbeiten und den Eindringling unschädlich machen. Trifft es dann auf die gefährliche Version des Angreifers, ist es vorbereitet und kann sofort reagieren.
Was der Impfstoff genau enthält, ist unterschiedlich:
Totimpfstoff
Bei Grippe, Keuchhusten und Kinderlähmung etwa kommt ein sogenannter Totimpfstoff zum Einsatz. Die künstlich erzeugten Viren sind im Labor unschädlich gemacht worden und können keine Erkrankung auslösen. Dennoch zählen sie für das Immunsystem als fremde Eindringlinge und werden mit allen Mitteln bekämpft.
Lebendimpfstoff
Masern-, Mumps-, Röteln- und Windpockenimpfung enthalten sogenannten Lebendimpfstoff. Die Viren dafür werden ebenfalls künstlich hergestellt und sind sehr abgeschwächt. Der Körper reagiert unter Umständen stärker darauf, wird aber lange nicht so krank wie bei einer natürlichen Infektion.
Exkurs: Geschichte der (aktiven) Impfung
Die Idee, Menschen absichtlich mit der leichteren Form einer Krankheit zu infizieren, ist nicht neu. Sie wurde wohl schon vor 2000 Jahren in China und Indien angewandt. Dort brachte man Kranke und Gesunde zusammen, um sie zu infizieren und so vor einem schweren Verlauf zu schützen. 1717 stieß die Frau des britischen Botschafters in Konstantinopel darauf und verbreitete das Prinzip in Großbritannien.
Bis zur eigentlichen aktiven Impfung dauerte es allerdings noch fast 80 Jahre. Um 1796 bemerkte der englische Arzt Edward Jenner, dass sich Mägde nach einer überstandenen Pockenerkrankung nicht mehr mit den Kuhpocken ansteckten. Könnte das andersrum auch funktionieren? Seine Experimente mit Kindern brachten Erfolg. Zunächst ritze er ihre Haut auf und gab das Sekret der Kuhpocken auf die Wunde. Nach überstandener Erkrankung wiederholte er das Ganze mit Sekret der Pocken. Die Kinder blieben jedoch gesund.
Die moralisch eher fragwürdigen Versuche führten zu den heute verbreiteten aktiven Impfungen und konnten die Pocken schließlich ausrotten.
Passive Impfung
An einer anderen Stelle der Immunabwehr setzten passive Impfungen ein. Sie versorgen den Körper gleich mit den richtigen Abwehrstoffen, die für die Bekämpfung eines Angreifers nötig sind. Das ist nur sinnvoll, wenn eine Infektion schnell gestoppt werden muss; etwa wenn bei Schwangeren das ungeborene Kind geschützt werden soll oder bei der bisher nicht behandelbaren Tollwut.
Passive Impfungen wirken zwar innerhalb weniger Stunden oder Tage, die enthaltenen Abwehrstoffe werden aber auch in wenigen Wochen vom Körper abgebaut. Bei einer erneuten Infektion profitiert das Immunsystem nicht mehr davon.
mRNA Impfung
Für den mRNA Impfstoff übernehmen Wissenschaftler:innen das Suchen der Schwachpunkte eines Angreifers für das Immunsystem. Im Fall der Corona Impfung haben sie etwa ein Protein entdeckt, das vielversprechend für eine Attacke aussah und an der Außenseite des Virus liegt. Ist es unschädlich gemacht, kann SARS-CoV-2 nicht mehr an unseren Zellen andocken und sich vermehren. Das Immunsystem sollte also lernen, dieses Protein zu bekämpfen.
Statt den Stoff direkt zu injizieren, nutzen die Wissenschaftler:innen ein weiteres Prinzip unseres Körpers. Mithilfe der im Virus enthaltenen Informationen über das Protein entwickelten sie im Labor sogenannte RNA. Das ist eine Art Bauplan, der den Körperzellen sagt, wie sie das Protein produzieren können. Die im Impfstoff enthaltene mRNA sendet also eine Nachricht an unsere Zellen: Bitte dieses Protein herstellen.
Für das Immunsystem bleibt das Protein fremd. Es startet also seine übliche Abwehr und entwirft einen Angriffsplan, den es abspeichert. Kommt es nach der Corona Impfung zu einer Covid-19 Infektion, kennt das Immunsystem das Virus immer noch nicht. Das außen liegende Protein allerdings schon. Die Abwehrmechanismen können also sofort starten. Die schnelle Reaktion kann eine schwere Erkrankung in den meisten Fällen verhindern.
Das besondere an einer mRNA Impfung ist, dass der Körper nicht mit dem Virus in Berührung kommt. Er kann also nicht daran erkranken. Zudem wird die mRNA mit der Zeit abgebaut. Zurück bleibt nur die Informationen für unsere Immunsystem, die es bei einer Infektion eventuell braucht.
Die mRNA Krebs-Impfung
An mRNA Impfungen wurde schon lange vor der Corona Pandemie für andere Erkrankungen geforscht. Die Technik könnte etwa auch für eine Krebs Impfung genutzt werden. BioNTech, CureVac und Moderna arbeiten an verschiedenen Impfstoffen gegen unterschiedliche Krebsarten, zum Beispiel Brustkrebs, Hautkrebs und Lungenkrebs. Die Impfstoffe können eine Erkrankung nicht verhindern, sondern sollen eine neuartige Therapie für Betroffene darstellen. Denn sie enthalten Antigene, die das Immunsystem dabei unterstützen, Krebszellen zu bekämpfen. Noch befinden sich alle Krebs Impfungen in der Testphase. Die Forscher:innen sind aber zuversichtlich, dass sie in den nächsten Jahren zugelassen werden können.
Weitere Informationen
- Impfempfehlungen für Kinder (0-12 Jahre): https://www.impfen-info.de/impfempfehlungen/fuer-kinder-0-12-jahre/
- STIKO-Impfkalender: https://www.rki.de/DE/Content/Kommissionen/STIKO/Empfehlungen/Aktuelles/Impfkalender.pdf?__blob=publicationFile
- RKI Impfen: https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/Impfen/impfen_node.html
- Vaccines and immunization: https://www.who.int/health-topics/vaccines-and-immunization#tab=tab_1
- Krebs: Kommt der erste mRNA-Impfstoff?: https://www.swr.de/wissen/mrna-impfstoff-gegen-krebs-100.html
- Biontech plant Krebs-Impfstoffe vor 2030: https://www.zdf.de/nachrichten/wissen/biontech-krebs-forschung-impfstoff-100.html
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