Veröffentlicht: 17.09.2024 | Lesezeit: 8 Minuten
Alopezie, besser bekannt unter der einfachen geläufigen Bezeichnung "Haarausfall", ist eine Volkskrankheit; die einerseits zwar zwangsläufig sichtbar ist, gesellschaftlich oftmals aber immer noch ein stilles Schattendasein fristet. Dabei sind weltweit rund 85 % der Männer und 33 % der Frauen von Haarausfall betroffen. Wie intensiv dieser auftritt, was die Ursachen sind und um welche Art der Alopezie es sich handelt, ist dabei sehr unterschiedlich.
Ausfallende Haare sind nicht zwangsläufig Haarausfall - deshalb ist eine Differenzierung nötig
Ein gesunder erwachsener Mensch verliert pro Tag etwa 70 bis 100 Kopfhaare. Wer sich also einige Tage lang nicht die Haare gebürstet oder gekämmt hat, wird beim Anblick der dort befindlichen abgetragenen Haare mitunter kurz staunen. Um eine medizinische Alopezie handelt es sich dabei aber noch nicht. Aufgrund der unterschiedlichen Wachstumszyklen und der relativ kurzen Wachstumsdauer von lediglich etwa 150 Tagen, ist es völlig normal, dass wir Menschen täglich viele und über mehrere Tage hunderte Haare lassen.
Anders bei der Alopezie, bei der es sich um eine konkrete Erkrankung handelt, die aber ganz unterschiedliche Ursachen haben kann. Sie dient als Oberbegriff für verschiedene Arten von Haarausfall, die wiederum auch verschiedene Ausprägungen haben - hier geht es also nicht nur um Kahlköpfigkeit. Gemeinsam haben alle Arten von Haarausfall, dass sie gut sichtbar sind und damit mental schwer auf Betroffenen lasten können - vor allem im jungen und mittleren Alter. Das verdeutlicht eine weitere Statistik: Über das Jahr 2023 verwendeten mehr als 2,07 Millionen Deutsche rezeptfreie Mittel gegen Haarausfall für mindestens drei Monate - ein deutlicher Anstieg von den rund 1,73 Millionen Deutschen im Jahr 2019.
Rezeptfrei erhältlich sind etwa Pflege- und Nahrungsergänzungsmittel gegen Haarausfall . Die unterschiedlichen Produkte, die wahlweise als Nahrungsergänzungsmittel oral eingenommen oder als Kosmetika direkt auf die Kopfhaut beziehungsweise in das Haar gegeben werden, sollen durch verschiedene wissenschaftlich fundierte Wirkstoffe den Haarausfall bremsen und die Follikelaktivität anregen. Dies kann einerseits die Intensität des Haarausfalls reduzieren und andererseits für neu sprießende Haare mit verlängerten Wachstums- und Lebenszyklen sorgen.
Statistisch sind Männer häufiger von einigen Arten der Alopezie betroffen als Frauen. Letztere sind gegen Haarausfall, unabhängig der spezifischen Ursache, aber natürlich nicht immun. Die ersten Anzeichen eines beginnenden Haarausfalls können bereits ab dem 15. Lebensalter auftreten, rund 25 % der Männer unter 21 Jahren weisen bereits eine (leichte) Alopezie auf. Die Gründe sind vielfältig - und nicht zwangsläufig immer genetisch beziehungsweise erblich bedingt.
Arten von Haarausfall: Unter welchen Ursachen und Bedingungen können Haare vermehrt ausfallen?
Die Ursachen für Haarausfall können durchaus vielfältig sein, manchmal spielen auch gleich mehrere Bedingungen ineinander und verstärken das Symptombild auf diese Weise. Dazu ein einfaches Beispiel: Die häufigste Form des Haarausfalls ist die androgenetische Alopezie, im Volksmund besser als genetisch veranlagter oder erblich bedingter Haarausfall bekannt. Der mentale Stress, der Betroffenen dabei entsteht, kann wiederum den Haarausfall zusätzlich verstärken - und so eine stressbedingte, diffuse Alopezie hervorrufen. Dennoch kann klar zwischen den einzelnen Haarausfall-Arten differenziert werden.
Androgenetischer Haarausfall
Der anlagebedingte Haarausfall ereilt einen Großteil aller Menschen in ihrem Leben. Die Frage ist daher nicht zwangsläufig "ob" es dazu kommt, sondern "wann" er auftritt. Statistisch leiden 57 % aller Frauen und mehr als 70 % der Männer über 80 Jahren unter androgenetischem Haarausfall. Das bedeutet aber nicht, dass es erst im hohen Lebensalter dazu kommt: Anlagebedingter Haarausfall kann in jedem Lebensalter und auch schon in der Pubertät auftreten.
Zwei wichtige Ursachen spielen hier eine Schlüsselrolle: Einerseits die genetische Veranlagung, andererseits das Hormon Dihydrotestosteron. Dieses ist vor allem als männliches Geschlechtshormon von essenzieller Bedeutung und kann Haarfollikel schädigen, sofern die Haarwurzeln dagegen eine erblich bedingte Überempfindlichkeit vorweisen. Männer entwickeln diese Form der Alopezie mitunter schon in ihren Jahren als Jugendlicher oder junger Erwachsener, Frauen oft erst nach den Wechseljahren.
Androgenetische Alopezie zeigt sich im Anfangsstadium häufig durch einen zurückgehenden Haaransatz, wodurch in der Folge auch die sogenannten "Geheimratsecken" entstehen. Im weiteren Verlauf kann es zu einer vollständigen Glatzenbildung kommen. Bei Frauen bildet sich der Haaransatz typischerweise nicht zurück, stattdessen dünnt der Haaransatz deutlich aus, wodurch wiederum die Kopfhaut sichtbarer wird und sich der Mittelscheitel erheblich vergrößert. Speziell bei Männern gilt eine einfache Faustregel: Je früher der androgenetische Haarausfall auftritt, desto stärker wird er sich in den kommenden Jahrzehnten auch weiterentwickeln.
Diffuser Haarausfall
Anders als bei anlagebedingtem Haarausfall, zeigt sich die diffuse Alopezie (Alopecia diffusa) zwischen Männern und Frauen mit einem identischen Symptombild. Einen Unterschied gibt es aber dennoch: Der diffuse Haarausfall erreicht wesentlich häufiger Frauen als Männer, unabhängig des Geschlechts können sogar Kinder davon betroffen sein. Die Haare stellen dabei zunächst ihr Wachstum ein, die Haarwurzeln begeben sich also in eine Ruhephase, bevor sie anschließend bedingt durch diese Inaktivität ausfallen. Dabei gibt es keine bestimmten Stellen am Kopf die stärker oder leichter betroffen wären: Der diffuse Haarausfall kann überall auftreten und manifestiert sich deshalb allen voran in lichteren und dünneren Haaren - die Kopfhaut kommt dabei unter Umständen (deutlich) zum Vorschein.
Die Ursachen für Alopecia diffusa sind vielfältig und können in Kombination zueinander auftreten. Besonders häufige Auslöser sind Stress oder vergleichbar hohe psychische Belastungen. Desweiteren können Hormonstörungen oder generell gestörte Prozesse des Stoffwechsels die Alopecia diffusa begünstigen, wenn die Haarwurzeln, Haare und Kopfhaut dadurch mit essenziellen Nährstoffen unterversorgt sind. Eine generell ungesunde (Mangel-)Ernährung kann ebenso zu diffusem Haarausfall führen, selbiges gilt für bestimmte Medikamente. Zudem muss der diffuse Haarausfall nicht unmittelbar in der Phase einsetzen, in der der Stress am größten ist. Häufig tritt er mit einer Verzögerung von etwa vier bis zwölf Wochen ein. Die im Zuge der Stressphase ausgeschütteten Hormone führen zu Entzündungsreaktionen an der Haarwurzel, wodurch diese beschädigt wird.
Zu einem diffusen Haarausfall kann es außerdem in der Schwangerschaft (auch durch die hormonellen Veränderungen) sowie bei einer dauerhaft hohen physischen Belastung und Müdigkeit kommen.
Durch Arzneimittel und medizinische Behandlungen herbeigeführter Haarausfall
Viele verschiedene (verschreibungspflichtige) Medikamente können dazu führen, dass die Haare verfrüht in die Ruhephase (telogenes Effluvium) übergehen - und dadurch, ebenfalls mit einer gewissen Verzögerung, ausfallen. Zu den bekannteren Ursachen zählt die Chemotherapie, die meist eine Unterbrechung der Wachstumsphase herbeiführt und Haare dadurch verfrüht ausfallen lässt, ohne dass neue Haare nachkommen.
Die Chemotherapie ist aber längst nicht die einzige medizinische Behandlung, die Haarausfall als Nebenwirkung zur Folge haben kann. Weitere Arzneimittel und Medikamente wären zum Beispiel:
- Blutverdünner sowie bestimmte Mittel gegen Bluthochdruck
- innerlich eingenommene Arzneimittel gegen Akne und andere Hauterkrankungen
- Medikamente gegen Krampfanfälle und Störungen der Schilddrüse
- einige Antidepressiva
Strahlentherapien können ebenfalls zu Haarausfall führen. Hier spricht man von einer "Alopecia actinica". Auch bei Menschen, die in der Nähe von radioaktiven Stoffen arbeiten, ist eine Alopecia actinica denkbar. Arzneimittel- und strahlenbedingte Haarausfälle sind typischerweise nicht dauerhaft, sondern halten lediglich während der Einnahme beziehungsweise Therapie vor. Die Haarwurzeln nehmen nach Ende der Behandlung ihre Aktivität typischerweise wieder in normaler Form auf.
Kreisrunder Haarausfall
Die Alopecia areata, gemeinhin kreisrunder Haarausfall genannt, zeigt sich mit einer Symptomatik, die dem Namen gerecht wird: An einer oder mehreren Stellen am Kopf kommt es zu kahlen, meist runden Stellen. Abseits des Haupthaares können noch andere behaarte Körperstellen betroffen sein. Der kreisrunde Haarausfall tritt statistisch eher selten auf, denn die Ursache ist eine relativ seltene Autoimmunkrankheit. Diese muss nicht unmittelbar am Haar oder Kopf primär auftreten, meist handelt es sich um andere Autoimmunerkrankungen, die den kreisrunden Haarausfall ergänzend zur Folge haben - beispielsweise bei Fehlfunktionen der Schilddrüse oder Neurodermitis. Gemeinsam haben diese immer, dass das Immunsystem des Körpers eine Störung aufweist und daher die eigenen Zellen beziehungsweise das Zellgewebe angreift.
Mechanisch und extern herbeigeführter Haarausfall
Ein "narbiger Haarausfall" entsteht durch eine starke Verletzung des Hautgewebes. Vernarbt dieses durch externe Einwirkungen, zum Beispiel bei einer Verbrennung, wird das Gewebe mitsamt den Haarwurzeln zerstört. Dieser Haarverlust ist dauerhaft.
Nicht endgültig ist die Traktionsalopezie: Sie tritt auf, wenn die Haare einer zu großen mechanischen Belastung unterstehen. Das kann beispielsweise auftreten, wenn die Haare im nassen Zustand grob gebürstet werden oder wenn Frauen (und Männer) sehr straffe und enge Frisuren tragen. Der Haarausfall hört automatisch wieder auf, sobald die mechanischen Belastung endet. Charakteristisch für diesen ist ein Haarverlust entlang des Haaransatzes, da normalerweise von da an nach hinten gebürstet wird beziehungsweise straffe Frisuren vom Haaransatz aus nach hinten gestylt oder gebunden werden.
Frühzeitig dem Haarausfall entgegentreten lohnt sich - aber zunächst ist die Ursache zu identifizieren
Haare sind für uns Menschen wichtig; zwar nicht zwangsläufig aus gesundheitlicher, aber aus ästhetischer Sicht. Ausfallende Haare können deshalb für Frauen genauso wie für Männer zur Belastung werden. Im Idealfall sollte bereits frühzeitig identifiziert werden, warum es zum Haarausfall kommt. Dadurch lässt sich anschließend die Art der Alopezie ableiten. Bei vielen Ursachen lässt sich gegensteuern, mitunter ist auch eine vollständige Umkehr denkbar - häufig aber wenigstens eine Verlangsamung. Nur wenige Formen der Alopezie, wie die des vernarbten Haarausfalls, lassen sich nicht rückgängig machen.
Weitere Informationen
- Haarausfall: https://www.sanego.de/Krankheiten/Haarausfall/
- Die besten Tipps gegen Haarausfall: https://www.youtube.com/watch?v=904R65ppmIo
- Haarausfall stoppen: Was Sie gegen Haarverlust tun können: https://www.aok.de/pk/magazin/wohlbefinden/stress/haarausfall-was-sie-wissen-sollten/
- Haarausfall-Statistiken (2024): https://medihair.com/de/haarausfall-statistiken/
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