Das Zusammenspiel zwischen Mikrobiom, Darm und Gehirn

Noch vor wenigen Jahren spielte der Darm eine untergeordnete Rolle in der Medizin. Die meisten Wissenschaftler stempelten ihn als das Verdauungsorgan ab und widmeten sich anderen Themen. Inzwischen nennen manche ihn sogar zweites Gehirn und es gibt beinahe täglich neue Erkenntnisse. Ganze Ratgeber befassen sich mit dem Organ, den Darmbakterien, die zum neu entdeckten Mikrobiom gehören, und ihrem Einfluss auf unser Gehirn. So zum Beispiel Dr. Raphael Kellman mit seinem neuen Buch „Glück beginnt im Darm“, aus dem riva Verlag.

Dabei stützen Sie sich nicht nur auf neue wissenschaftliche Erkenntnisse, sondern auch auf viele Selbstversuche und Vermutungen. Denn allzu viel wissen die Experten über das neu entdeckte Thema noch nicht.

Mikrobiom – die Millionen Bakterien in unserem Körper

Lange Zeit glaubten Mediziner, dass Bakterien schlecht sind und wir uns möglichst von Ihnen fernhalten sollen. Mit der Entdeckung des Mikrobioms hat sich das geändert. Denn heute wissen wir: Es gibt auch viele gute Bakterien in unserem Körper, die wir zum Überleben brauchen. Sie gehen mit uns eine Art Symbiose ein, produzieren lebenswichtige Stoffe und scheinen sogar zu kommunizieren. Die meisten befinden sich in unserem Darm, aber auch auf der Haut, im Mund und in den Genitalien sind viele von ihnen. Alle diese Bakterien, Pilze und Kleinstlebewesen zusammen nennen wir Mikrobiom.

Das besondere daran ist, dass wir nicht schon mit einer bestimmten Mischung aus diesen Lebewesen geboren werden. Vielmehr nehmen wir sie ab dem Tag unserer Geburt auf. Kommt ein Neugeborenes mit der Vaginalschleimhaut in Berührung, erreichen die ersten Teile des Mikrobioms den kleinen Körper. Bei einem Kaiserschnitt geschieht das über die Haut der Mutter. Doch auch später wird die Zusammensetzung durch unsere Umwelt und vor allem die Nahrung beeinflusst. So hat ein Küstenbewohner ein ganz anderes Mikrobiom als ein Mensch aus den Bergen und auch bei verschiedenen Nationen unterscheidet es sich oft stark. Ziehen wir jedoch um oder ändern unsere Ernährungsweise, passen sich die Bakterien an.

Das wissen wir über die Bakterien in unserem Darm

Momentan ist lediglich ein sehr kleiner Bruchteil der Bakterien und Pilze in unserem Körper erforscht. Sicher ist deshalb nur, dass sie uns beeinflussen. So können sie die Aufnahme von Nährstoffen ins Blut fördern, Ballaststoffe in aufnehmbare Bestandteile umwandeln (z.B. in Buttersäure) und die Entwicklung unseres Immunsystems unterstützen. Die Wissenschaftler vermuten außerdem, dass das Mikrobiom eine große Rolle bei entzündlichen Darm-Erkrankungen wie Colitis ulcerosa, Morbus Crohn und dem Reizdarmsyndrom spielt.

Wissenschaftliche Studien zeigen zusätzlich eine Veränderung der Zusammensetzung des Mikrobioms bei vielen, ganz unterschiedlichen Leiden – von Übergewicht und Diabetes über Allergien und Darmkrebs bis hin zu Depressionen und Autismus. Dabei ist jedoch nicht klar, in welcher Reihenfolge die Symptome auftreten: Verändert sich erst das Mikrobiom und löst damit eine Erkrankung aus oder wird durch die Erkrankung die Zusammensetzung der Bakterien verändert? Um diese Frage zu beantworten, da sind sich die Experten einig, müssen die einzelnen Mikroorganismen erst noch genauer untersucht und beobachtet werden.

Das Gehirn und der Darm

Was wir allerdings heute schon wissen, ist das Gehirn, Darm und Mikrobiom in einem engen Zusammenspiel miteinander stehen. Eine erstaunliche Entdeckung, bedenkt man, dass der Darm das einzige Organ ist, dass ganz ohne Mitwirkung des Gehirns seiner Arbeit nachgeht. Um Energie zu sparen, besitzt es sein eigenes Nervensystem, mit dem es die stetigen Bewegungen für die Verdauung selbst steuert. Doch auch wenn der Darm für seine Hauptaufgabe nicht auf Signale des Gehirns angewiesen ist, scheinen die beiden Organe miteinander zu kommunizieren. Der Weg dafür ist allerdings noch nicht ganz klar. Verschiedene Theorien verweisen zum Beispiel auf den Vagusnerv, der Magen-Darm-Trakt und Gehirn verbindet. Andere vermuten eine Kommunikation über die Blutzirkulation oder einfach über die Immunreaktion des Organs. Wehrt sich der Darm gegen Eindringlinge, schüttet er Stoffe aus, die auch in unser Gehirn gelangen. Ähnliche Vermutungen gibt es auch über das Mikrobiom. Einige Experten glauben, Stoffe gefunden zu haben, die es ausschüttet, um sich an der Kommunikation zu beteiligen. Die sogenannte „Darm-Hirn-Achse“ ist größtenteils aber noch ein Rätsel für die Wissenschaftler.

Trotzdem gibt es schon Ärzte, die versuchen die neuen Erkenntnisse zu nutzen. So sind sich viele einig, dass eine ganze Reihe von Erkrankungen des Gehirns, wie etwa Parkinson, Depressionen oder das chronische Erschöpfungssyndrom, eher auf den Darm zurückzuführen sind und auch dort behandelt werden sollten. Um das Mikrobiom zu stärken, empfehlen sie etwa spezielle Diäten. In einigen Fällen werden sogar Stuhltherapien durchgeführt. Dabei werden die Bakterien aus dem Stuhl eines gesunden Menschen in den Darm des Patienten eingepflanzt. Ob diese Therapien wirklich helfen können, ist bisher allerdings nicht erwiesen. Studien und Tests, vor allem mit Mäusen, sollen deshalb zunächst erste Anhaltspunkte schaffen. Klar ist, dass diese in den nächsten Jahren sicher neue und erstaunliche Erkenntnisse über unseren Darm und das Gehirn ans Licht bringen werden.

Darmgesunde Ernährung

Ob wegen einer bestimmten Erkrankung oder nur der Gesundheit zuliebe, schon jetzt empfehlen viele Experten eine darmgesunde Ernährung. Sie vermuten, dass diese Beschwerden und Krankheiten vorbeugen kann und das Mikrobiom beeinflusst. So sollen möglichst viele gesunde Bakterien in unserem Körper gedeihen. Neben viel Bewegung, um die Darmtätigkeit anzuregen, empfehlen Sie vor allem diese fünf Regeln:

  1. Möglichst wenig (zugesetzter) Zucker

  2. Wenig gesättigte Fettsäuren

  3. Ballaststoffreiche Lebensmittel, zum Beispiel Erbsen, Vollkornbrot, Chicorée, Pastinaken

  4. Ausreichend Milchsäure, etwa aus Dickmilch, Buttermilch, Sauerteig oder Sauerkraut

  5. Viele frische Lebensmittel, möglichst keine Fertiggerichte
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