Kann Stress süchtig machen?

Wer kennt es nicht? Wir sitzen völlig übermüdet am Schreibtisch, lesen unzählige Mails und fragen uns, wieso wir noch so viel Arbeit vor uns haben. Dann meldet sich plötzlich die Familie und bürdet uns Aufgaben auf, die wir ganz nebenbei auch noch erledigen sollen. Irgendwann merken wir, dass wir komplett überfordert sind. Wir kommen kaum noch zum abzuschalten und sind dauerhaft unter Strom. Das Ergebnis: Wir sind gereizt, angespannt und können nicht schlafen. Der Stress wird immer mehr Teil unseres Alltags, bis wir  uns an ihn gewöhnt haben. So sehr, dass wir ohne den Druck und die Anspannung überhaupt nicht mehr vorwärts kommen.  Die Stresssucht entsteht. Doch wie kommt es überhaupt so weit? Und kann man etwas dagegen unternehmen?

Was ist Stress?

Stress ist kurzgesagt eine natürliche Reaktion des Körpers auf psychische oder physische Belastung. Wir sollen eine gewisse Situation bewältigen. Deswegen schütten wir Adrenalin aus, um unseren Körper auf die Reaktion vorzubereiten. Wir bekommen zum Beispiel Herzklopfen und Schweißausbrüche, werden nervös oder spannen unsere Muskulatur an. Dabei wird unsere Durchblutung verbessert, sodass unser Gehirn vermehrt mit Nährstoffen versorgt wird. Dadurch werden wir leistungsfähiger und können auf eine Stresssituation reagieren.

Äußere und innere Faktoren fördern diese Empfindungen. Ist uns zu warm oder  zu laut? Passiert gerade zu viel auf einmal? Sind wir sehr ehrgeizig? Haben wir Angst zu versagen oder mangelt es uns an Selbstbewusstsein? All diese Fragen machen eine Situation erst stressig.

Das klingt zwar alles sehr negativ, aber Stress ist nicht unbedingt immer etwas Schlechtes! Beim positiven Stress wird nämlich für kurze Zeit der „Wohlfühlbotenstoff“ Dopamin freigesetzt. Es entstehen dieselben Symptome wie beim negativen Stress, jedoch empfinden wir sie hier nicht als störend. Klassisch für positiven Stress ist zum Beispiel das Verliebt-Sein.

So wird Stress zur Sucht

Stehen wir ständig unter Stress, brauchen ihn wie bei einer Sucht sogar, um zu funktionieren, kann das gefährlich werden. Die Dauerbelastung führt dazu, dass das Immunsystem geschwächt wird und sich der Blutdruck erhöht. Auch die Zucker- und Cholesterinwerte im Blut können steigen, was zu verschiedenen gesundheitlichen Folgeschänden führen kann. Doch wie kommt es eigentlich dazu?

Entscheidend ist der Botenstoff Cortisol, welcher bei negativ empfundenem Stress ausgeschüttet wird. Grundsätzlich brauchen Menschen das Hormon, denn es sorgt für unseren inneren Antrieb. Ohne würden wir es nicht einmal aus dem Bett schaffen. Doch bei häufiger Freisetzung wirkt es wie eine Droge, auf die der Körper irgendwann nicht mehr verzichten kann. Je öfter man einer negativen Stresssituation ausgesetzt ist, desto eher gewöhnt sich das Gehirn an diese Belastung. Die Dauerbeschwerung wird zu einem Normalzustand. Von da an löst Stress im Unterbewusstsein ein vertrautes Gefühl aus. Natürlich möchte das Gehirn diese Vertrautheit immer wieder spüren. Es schafft sich so also vermehrt Stress und zwingt uns dazu, uns noch mehr Arbeiten aufzulegen. Gleichzeitig nutzt sich das Hormon Dopamin ab. Um also die gleiche Wohlfühlwirkung zu erzielen, müssen andere Reize gesetzt werden. Das Ziel ist es, eine höhere Menge an Dopamin freizusetzen. Abgebaut wird Cortisol, indem wir uns bewegen oder schlafen. Doch der Stress sorgt dafür, dass wir immer uns immer weniger erholen und keine Zeit für Sport haben. So entsteht ein Kreislauf, der sich schwer wieder durchbrechen lässt.

Um dem Leistungsdruck Stand zu halten und die Stresssymptome zu bewältigen, greifen wir vermehrt zu Rauschmitteln, wie Kaffee, Nikotin oder Alkohol. Ab hier ist Vorsicht geboten: Diese Substanzen können zu einer ernsthaften Abhängigkeit führen, die schwer zu bewältigen ist. 

Kann man etwas gegen Stresssucht unternehmen?

So wie bei allen Suchtkrankheiten gilt die Devise: „Einsicht ist der erste Weg zur Besserung.“ Nur wer sich seiner Sucht bewusst wird und sie anerkennt, kann sein Verhalten aktiv ändern.

Das Wichtigste ist, das eigene Stressverhalten zu analysieren. Merkt man selbst, dass einem alles über den Kopf wächst? Dann einfach mal innehalten und sich fragen, ob der Stress von einem selbst gemacht wurde, oder ob äußere Komponenten einfließen. Natürlich sollte man dabei überlegen, ob sich manche Situationen vermeiden lassen. Dazu muss man sich seiner Prioritäten bewusst werden. Dementsprechend kann man seine Zeit eher den Dingen widmen, die ganz oben auf der Liste stehen.

Möchte man sich durch viele Aufgaben einfach ablenken? Sorgt man sich, mit seinen Gedanken alleine zu sein? Dann ist viel Stress sicher der falsche Weg. Meistens hilft es, sich seinen Ängsten zu stellen und darüber zu reden. Ablenkung macht das Problem auch nicht besser.

Ganz ohne Stress geht es im Leben nicht. Ziel sollte es aber sein, den Druck und die Anspannung möglichst auf ein „normales“ Maß zu reduzieren. Mit der Zeit entwöhnt sich der Körper und kann auch ohne das Gefühl wieder Motivation und Befriedigung empfinden. Können Sie sich nicht alleine aus dem Stress-Kreislauf befreien, kann dabei auch professionelle Hilfe, etwa ein Therapeut oder Psychologe, helfen.

Tipps zur langfristigen Stressbewältigung:

  • To-do Liste klein halten und weniger Aufgaben auf einmal annehmen
  • Personen, die das persönliche Stresslevel steigern, möglichst meiden
  • eigene Einstellung zu Stress hinterfragen
  • realistische Anforderungen an sich selbst stellen
  • Sport und regelmäßige Bewegung an der frischen Luft
  • Entspannungsmethoden (Meditation, Yoga, Atemübungen)
  • positive Selbstermutigung

Manche Stresssituationen können zudem ganz vermieden werden. Mit einem guten Zeitmanagement lassen sich Termine und Projekte planen, ohne dass sie zu viel werden. Durch das direkte Ansprechen von Kritik oder das Klären von Auseinandersetzungen können negative Gedanken und Grübeleien vermieden werden. Auch große Menschenmengen und elektronische Geräte führen zu Stress. Und zu guter Letzt sollte man sich angewöhnen, auch mal „Nein“ zu sagen.

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