Veröffentlicht: 19.05.2017 | Lesezeit: 4 Minuten

Die Dinge mal etwas langsamer angehen lassen zu können, das wünschen sich die meisten Menschen. Sie wollen das Hamsterrad verlassen, in dem sie sich tagtäglich abstrampeln – und nicht nur für die Arbeit leben. Sie möchten ihre Zeit genießen. Egal ob sie es für die Familie oder sich selbst tun, später wollen sie nicht auf ein Leben zurückblicken, das nur aus Arbeit bestanden hat. Der Trend zum Downshifting gewinnt immer mehr Anhänger. Aber wie lässt er sich heutzutage umsetzen?
Den Wunsch, Stress und Hektik weniger Raum im Leben zu geben, haben viele Deutsche. Laut einer Studie der Hay Group ist nur die Hälfte der deutschen Arbeitnehmer davon überzeugt, dass der Arbeitgeber eine gute Work-Life-Balance unterstützt. Viele haben dann ein schlechtes Gewissen, wenn Sie selbst Arbeit abgeben und damit anderen noch mehr aufhalsen.
Außerdem lässt sich der Konkurrenzgedanke nur schwer abschütteln: Steht die Konkurrenz schon in den Startlöchern? Wenn ich jetzt kürzer trete, gebe ich dann einem Kollegen die Gelegenheit mir den Job wegzunehmen? Dazu kommt: Manche Arbeitnehmer können es sich im wahrsten Sinne des Wortes nicht leisten, im Job kürzer zu treten. Sie haben eine Familie mitzuversorgen oder sind alleinerziehend.
Was ist Downshifting?
Die Kernaussage des Downshiftings ist, die Arbeitszeit zu verringern, um die Lebensqualität zu steigern. Das Ziel ist dabei, ein selbstbestimmteres, erfüllteres und somit glücklicheres Leben zu führen. Der Begriff selbst kommt aus dem angloamerikanischen Raum und wurde dort bereits in den 90er Jahren geprägt.
Im Gegensatz zu einem vereinfachten Lebensstil geht es weniger um eine Reduktion des Konsums, sondern eher um eine Erleichterung durch weniger Arbeitszeit. Damit geht allerdings trotzdem des Öfteren eine Änderung des Kaufverhaltens einher, da das Downshifting meist auch eine finanzielle Änderung mitbringt.
Eine Verschnaufpause dank Downshifting
Die einen wollen etwas weniger arbeiten, die anderen hätten gern den Job vor ihrer letzten Beförderung zurück und wieder andere möchten einfach nur ein bisschen Verantwortung abgeben. Sie alle haben eines gemeinsam: Sie brauchen einen Schritt zurück, um eine Pause zu bekommen. Es gilt tief durchzuatmen und zu prüfen, ob ihr Leben noch den eigenen Vorstellungen und Wünschen entspricht. Allerdings ist es für die meisten extrem schwierig, vor anderen – und gerade vor sich selbst – zuzugeben, wenn das nicht so ist. Niemand sieht gern ein, dass die eigene Leistungsgrenze erreicht oder gar schon längst überschritten ist.
Aber gerade diese Einsicht ist ganz besonders wichtig: Die Erkenntnis ist der erste Schritt zur Besserung. Nur mit offenen Augen und mit den eigenen Bedürfnissen im Blick lassen sich Überlastungskrankheiten wie das Burn-Out-Syndrom aufhalten. Viele, die den rettenden Sprung aus dem Hamsterrad nicht wagen, steuern genau auf so eine Erkrankung zu. Werden sie vorher nicht von ihrem eigenen Körper oder positiven Entwicklungen – wie zum Beispiel eigenen Kindern – ausgebremst, fehlt ihnen der Mut, den entscheidenden Schritt zu tun. Da ist es umso besser, dass Downshifting immer bekannter wird, und sich immer mehr Menschen dazu entschließen.
Die Chefs stellen sich quer
Soweit so gut. Nur liegt das Problem leider auch bei den Chefs. Die sind auf ein solches Anliegen meist nicht vorbereitet – auf der Karriereleiter klettern schließlich alle nach oben. Was soll man also mit jemandem machen, der nach unten will? Frühere Jobs sind meist schon lange wieder vergeben, bis der Wunsch auf Rückkehr auftaucht. Teilzeit-Arbeit möchten viele nicht gewähren, kostet es die Firma doch zusätzliches Geld.
Will der Chef partout nicht einlenken oder soll es keinen zu extremen Wandel geben, gibt es immerhin zwei Alternativen zum Downshifting: Nehmen Sie sich einen langen Urlaub und gönnen Sie sich Zeit ganz für sich allein oder entscheiden Sie sich für ein Sabbatical. Ein Sabbatical ist eine meist drei bis zwölf Monate andauernde Pause vom Job. Bei diesem Modell ist es oft sogar möglich, nahtlos aus- und nach dem Sabbatical wieder in den Beruf einzusteigen. So können Sie ein ganzes Jahr lang eine Auszeit nehmen und sich über Ihre künftige berufliche Ausrichtung klar werden.

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