Veröffentlicht: 28.12.2018 | Lesezeit: 5 Minuten

Mehr als fünf Millionen Menschen arbeiten in der deutschen Industrie und verlangen ihrem Rücken mit den mitunter sehr anspruchsvollen Tätigkeiten viel ab. Doch auch andere Berufe, sei es im Büro oder dem Handwerk sind nicht immer rückengerecht. Die Lösung sind viel Bewegung und ergonomisches Arbeiten. Lesen Sie in Teil 3 der ÄRZTE.DE „Gesunder Rücken“ Reihe alles zu rückengerechtem Arbeiten in Büro und Industrie:
In unserer fünfteiligen ÄRZTE.DE Reihe zum Thema Rückengesundheit informieren wir Sie jeden Freitag zu diesen Themen:
Teil 1: Gesunder Rücken – Ursachen und Diagnose von Rückenschmerzen
Teil 2: Gesunder Rücken – Therapie und Prävention bei Rückenschmerzen
Teil 3: Gesunder Rücken – rückengerecht arbeiten in Büro und Industrie
Teil 4: Gesunder Rücken – so schaffen Sie eine rückenfreundliche Umgebung
Teil 5: Gesunder Rücken – Kindheit und Alter
Ergonomisches Arbeiten – kurz definiert
Der Begriff „Ergonomisches Arbeiten“ beschreibt das Ziel, die Arbeitsbedingungen so an den Mitarbeiter anzupassen, dass er vor gesundheitlichen Schäden geschützt wird und zugleich eine effiziente Arbeitsleistung gewährleistet ist. Vor allem im Bezug auf rückengerechtes Arbeiten gibt es in allen Fachbereichen Belastungsfaktoren, die einer ergonomischen Optimierung bedürfen.
Belastungsfaktoren am Arbeitsplatz
Physische Belastungsfaktoren
Der überwiegende Teil deutscher Arbeitsplätze erfordert wiederholtes Bewegen von Lasten. Dabei wird unterschieden auf welche Art und Weise die Last bewegt wird. Sei es das Heben eines Kindes in Kindertagesstätten, das Verräumen einer Lieferung im Einzelhandel oder andere manuelle Lastenhandhabung wie Halten, Tragen, Ziehen oder Schieben. Belastende Sonderformen manueller Lastenhandhabung finden sich auch im Bereich der Pflege, wie Orthopäden immer wieder bemängeln.
Auch wer in einer sogenannten „Zwangshaltung“ arbeitet, setzt sich und seinen Rücken damit erheblicher Belastung aus. Landwirte, Erzieher sowie Mitarbeiter im Fachbereich Fertigung, Elektronik und vieler anderer Berufe kennen diese Problematik. Von einer Zwangshaltung ist dann die Rede, wenn in einer geneigten, knienden oder verdrehten Haltung gearbeitet wird. Bestimmte statische Haltungen, wie das Arbeiten oberhalb des Schulterniveaus können zu beträchtlichen gesundheitlichen Beschwerden führen. Berufe mit kraftaufwendigen Tätigkeiten und viel repetitiven Handlungen gelten ohnehin als anspruchsvoll und unterliegen daher ohnehin oft dem strengen Blick der Gesundheitsbehörden.
Psychische Belastungsfaktoren
Ende des 20. Jahrhunderts begannen sich auch Arbeitgeber erstmals mit den psychischen Belastungsfaktoren am Arbeitsplatz auseinanderzusetzen. Nach wie vor gibt es hinsichtlich dieses Zusammenhangs aber noch viel Aufholbedarf. Vieles was früher verdrängt oder kleingeredet wurde, steht heute bewiesenermaßen mit Rückenschmerzen und damit verbundenen Krankheitstagen in Verbindung. Seien es Zeitdruck, zu hohe Anforderungen, fehlender Entscheidungsspielraum oder ein schädliches Arbeitsklima: Leidet die Seele, kann das zu psychosomatischen Beschwerden führen. Ist der Mitarbeiter generell unzufrieden mit seiner Arbeit oder stets in Sorge seinen Arbeitsplatz zu verlieren, führt das zu Stress. Der Körper ist angespannt, möglicherweise bestehen Schlafprobleme, woraufhin sich Muskeln verkrampfen und Schmerzen entstehen. Welcher Faktor dem Ganzen auch ursprünglich sein mag, ohne eine Reduzierung der Belastungsfaktoren verschwinden die Beschwerden nicht.
Oft liegen beide Arten der Belastungsfaktoren gleichzeitig vor. Besteht physischer und psychischer Stress zugleich, gerät das Muskelsystem in eine krankhafte Spirale von Funktionsstörungen. Um das zu vermeiden, gilt es „ergonomisch“ zu arbeiten.
Ergonomisches Arbeiten – einfach umgesetzt
Ergonomisches Arbeiten im Büro
So sitzen Sie richtig:
- Beide Füße stehen schulterbreit auf dem Boden
- Ihre Knie bilden einen 90° Winkel
- Das Becken ist leicht nach vorne gekippt
- Die Schultern fallen locker nach hinten-unten und das Brustbein ist leicht angehoben
Gar nicht so einfach, oder? Tatsächlich bedarf es aber nur etwas Zeit sich daran zu gewöhnen. Vielleicht hilft Ihnen eine gut sichtbare Notiz daran zu denken. Eine regelmäßige Änderung der Sitzhaltung sowie häufiges Aufstehen sollte dennoch stattfinden, das entlastet die Rückenmuskulatur am besten.
Ergonomisches Arbeiten im Stehen
Auch wer im Beruf viel steht, kann dabei viel richtig machen:
- Ihre Knie sind leicht gebeugt und das Becken nach vorne gebeugt
- Ein fester Stand ist wichtig, am besten mit beiden Beinen schulterbreit auf dem Boden
- Auch in stehender Haltung sollten die Schultern locker nach hinten-unten und das Brustbein leicht angehoben sein
- Halten Sie Ihren Kopf gerade
Falls möglich, sollten Sie das Stehen auf das Notwendigste begrenzen, wer das nicht kann, kann durch gelegentliches Abstützen oder eine Steh-Sitzhilfe für Entlastung sorgen. Und die ist wichtig, denn stundenlanges Stehen ist für die Skelettmuskulatur äußerst anstrengend. Da dabei auch die Durchblutung eingeschränkt ist, werden die Muskeln früher müde. Verspannungen in Nacken, Schultern oder dem Rücken können die Folge sein.
Anforderungen an einen ergonomischen Arbeitsplatz
Ergonomischer Arbeitsplatz im Büro
Anforderungen an einen ergonomischen Schreibtisch
- Die Arbeitsfläche sollte nicht zu klein sein
- Der Tisch soll stabil und höhenregulierbar sein
- Unterhalb der Tischplatte sollte ausreichend Bewegungsraum vorhanden sein
Ergonomisches Arbeiten in Industrie, Handwerk und anderen Bereichen
- Zwangshaltungen oder –bewegungen sollten vermieden werden
- Während der Tätigkeit sollten wechselnde Haltungen oder Bewegungen möglich sein, dafür muss ausreichend Platz geschaffen werden
- Gezielte Raumgestaltung fördert regelmäßiges Aufstehen und Bewegung
- Vorhandene Hebehilfen konsequent verwenden, Lasten auf mehrere Mitarbeiter verteilen (etwa gemeinsames Heben)
- Nach starker körperlicher Arbeit Pausen machen
- Sport stärkt die Muskulatur und Konstitution
Erwerbstätige können selbst aktiv für Ihre Rückengesundheit tätig werden. Viel Bewegung und gezielte Muskelstärkung wirken präventiv und das langfristig.
Seitens des Arbeitgebers sind die Möglichkeiten zur Verhältnisprävention, also einer vorbeugenden und ergonomischen Gestaltung des Arbeitsplatzes zahlreich. Technische Lösungen zur Unterstützung bei Lastenbewegungen, die Bereitstellung rückenfreundlicher Möbel und Hilfsmittel, ein angenehmes Betriebsklima sowie die aktive Sensibilisierung der Mitarbeiter für das Thema Rückengesundheit sollten selbstverständlich sein. So können Risiken und Belastungsfaktoren minimiert werden.

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