Toxic Positivity: der Zwang zum Glücklichsein

Eine junge Frau sitzt vor einem Spiegel. Im Spiegelbild wirkt sie gestresst und hält ihre Hände an den Kopf. Vor ihr steht eine Pflanze im weißen Blumentopf. Vor dem Spiegel lächelt sie jedoch. Eine junge Frau sitzt vor einem Spiegel. Im Spiegelbild wirkt sie gestresst und hält ihre Hände an den Kopf. Vor ihr steht eine Pflanze im weißen Blumentopf. Vor dem Spiegel lächelt sie jedoch.

Sei dankbar und sieh‘s doch mal positiv! Good vibes only! Das Phänomen Toxic Positivity lässt keinen Raum fürs Negative. Doch auch unangenehme Emotionen müssen gefühlt werden. Unterdrücken wir unsere schlechten Gefühle, kann das auf Dauer krank machen. Warum das gefährlich ist und wie wir dem entgegenwirken können.

Was ist Toxic Positivity?

Der Begriff Toxic Positivity („toxische Positivität“) stammt aus dem Englischen und beschreibt die Haltung, in allem das Positive zu sehen und negativen Gefühlen keinen Raum zu geben. Insbesondere in den Sozialen Medien greift das Phänomen der dauerhaften Fröhlichkeit um sich. Dort sehen wir immer lächelnde und gut gelaunte Menschen. Hashtags wie #goodvibesonly befeuern das Gefühl, dass mit uns etwas nicht stimmt, wenn wir diesem überoptimistischen Weltbild nicht entsprechen. Die Folge: Wenn positives Denken zum Zwang wird, unterdrücken wir unsere unangenehmen Emotionen, anstatt uns mit ihnen auseinander zu setzen. Und das hat gesundheitliche Folgen.

Zu viel Optimismus macht uns unglücklich

Der Zwang zum positiven Denken kann insbesondere für psychisch erkrankte Personen oder Opfer von Traumata sehr schädlich sein. Doch auch gesunde Menschen sollten nur dann glücklich sein, wenn sie sich auch wirklich so fühlen. Denn unangenehme Gefühle lediglich zu verdrängen bedeutet nicht, dass sie nicht da sind. Leben wir seelische und körperliche Reaktionen nicht aus, sucht sich unser Körper ein anderes Ventil. Oder anders gesagt: Machen wir uns selbst dauerhaft etwas vor, kann das negative Auswirkungen auf unsere Gesundheit haben, unter anderem:

  • Schlafstörungen
  • Depressionen
  • Angststörungen
  • Burnout
  • Suchterkrankungen
  • Aggressionen
  • Geschwächtes Immunsystem
  • Chronische Schmerzen

Studien zufolge verstärken sich unsere Emotionen sogar, wenn sie unterdrückt werden. Sind wir dauerhaft unehrlich zu uns selbst, verlernen wir, unsere Gedanken und Gefühle wahr zu nehmen. Spielen wir also negative Situationen konstant herunter, lassen wir keinen Platz für die wirklich positiven Veränderungen. Erst durch eine bewusste Auseinandersetzung mit unseren negativen Gefühlen ist eine konstruktive Problemlösung möglich.

Toxic Positivity entgegenwirken

Ein erster wichtiger Schritt ist es, alle Gefühle, die wir haben, wahr- und ernst zu nehmen, denn Gefühle sind in erster Linie Botschafter für Bedürfnisse. Jede Emotion hat ihren Zweck und möchte uns etwas mitteilen. Daher hat jedes einzelne Gefühl seine Daseinsberechtigung. Wir sollten uns bewusst machen, dass Glück eine Momentaufnahme ist und kein dauerhafter Zustand. Unsere Sorgen und Ängste sollten wir deshalb nicht einfach abtun. Und auch, wenn es unbequem sein mag, Konflikte gehören zum Leben einfach dazu.

Negative Emotionen zeigen uns, wo akuter Handlungsbedarf besteht. Es ist daher besser, die Energie für die Verarbeitung von Ursachen negativer Gefühle zu verwenden als für die Unterdrückung. Deshalb sollten wir es vermeiden, sie dauerhaft zu ignorieren und uns stattdessen aktiv mit ihnen auseinandersetzen. Nur wenn wir unsere Emotionen als Ventil nutzen, können wir uns langfristig positiv weiterentwickeln und ein erfülltes Leben führen.

Dieser Text wurde von unserer Redakteurin Tamara Todorovic verfasst.

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