Veröffentlicht: 22.04.2020 | Lesezeit: 6 Minuten

Fast die Hälfte der Patienten und Patientinnen wartet in einer Arztpraxis mehr als 15 Minuten auf einen Termin, gleich welcher Fachrichtung. Die Versicherungsart macht nur einen geringfügigen Unterschied. Warten bereitet keinen Spaß – egal ob auf den Bus oder den Arzt. Bei Letzterem kommt noch hinzu, dass sich der oder die Wartende in der Regel nicht gut fühlt und das Sitzen im Wartezimmer so gefühlt zur endlosen Quälerei werden kann. Ein regelmäßiger Blick darauf, ob die Wartezeit verkürzt werden kann, lohnt sich daher.
Der Schlüssel ist Zeitmanagement
Unvorhergesehenes wie ein krankheitsbedingter Personalausfall grätscht immer wieder in den Tagesablauf hinein. Dann ist das Wartezimmer schnell brechend voll und ein Termin nach dem anderen verschiebt sich nach hinten. Das ist aber nicht die Regel. Gutes Praxismanagement ist die Grundlage für eine kurze Wartezeit und sollte daher immer wieder im Hinblick auf diese fünf Fragen geprüft werden:
- Wie lange dauert eine Behandlung durchschnittlich?
- Sind wir auch auf größeren Ansturm vorbereitet? (Grippezeit, Montagmorgen, usw)
- Wie lange muss ein Patient oder eine Patientin bei uns auf einen Termin warten? Wie lange sitzt er im Wartezimmer?
- Wie viele unserer Patienten und Patientinnen haben einen festen Termin? Wie viele erscheinen ohne?
- Wie schnell können wir auf Notfälle oder dringend benötigte Termine, etwa nach einer OP, reagieren?
Die Erfassung dieser Antworten spiegelt Ihre Ausgangssituation wieder. Meist haben Sie dies jedoch bereits zu Beginn Ihrer Tätigkeit geklärt und eine Strategie für Ihr Team und sich selbst gefunden. Warum ist das Wartezimmer dennoch überfüllt? Warum warten Patienten und Patientinnen trotzdem zu lange?
Hinweise darauf geben Extremfälle. Moderne Systeme zum Praxismanagement zeigen Ihnen mit wenigen Klicks, welcher Patient oder welche Patientin besonders lange warten musste. Ist die Situation noch nicht allzu lange her, erinnern Sie sich vermutlich auch noch daran – und daran, warum es an diesem Tag länger gedauert hat. Bei der Fehlersuche können Sie auch Ihre Praxismitarbeiter:innen unterstützen. Sie erleben den Besuch eines Patienten oder einer Patientin aus einer anderen Perspektive und sind oft die ersten Ansprechpartner:innen bei langen Wartezeiten. Ist die Ursache für die Verzögerung gefunden, können Sie gegensteuern:
- Montag und Freitag: die Tage für volle Wartezimmer von Hausärzten und Hausärztinnen.
- Jahresende: Nun erwarten vor allem Fachärzte und Fachärztinnen wie Zahnärzte bzw. Zahnärztinnen volle Terminkalender, denn viele Patienten und Patientinnen möchten die Vorsorgetermine noch wahrnehmen.
- Welche Termine sind besonders gefragt? Sollten wir dafür mehr Puffer einrechnen?
- Macht es Sinn, zu regelmäßigen Stoßzeiten gar keine festen Termine zu vergeben?
- Nutzen Sie ruhige Stunden für wiederkehrende Untersuchungen wie Blutzuckermessungen.
Patienten ohne Termin
Gleich wie gut Ihre Planung auch aussehen mag, stehen zu viele Patienten und Patientinnen ohne Termin am Empfang, kann es schnell unübersichtlich werden. Entscheiden Sie sich daher am besten für eine Strategie:
- Sie möchten alle Patienten sofort aufnehmen, auch die ohne Termin
Ist Ihre Praxis offen für jeden Patienten und jede Patientin, auch wenn er spontan vorbeikommt, sollten Sie das kommunizieren und unbedingt ausreichend Puffer einplanen. Lassen Sie zum Beispiel jede Stunde einen Termin für spontane Patienten und Patientinnen frei oder nehmen Sie sich eine feste Stunde am Vormittag und am Nachmittag.
- Sie möchten nur mit festen Terminen arbeiten
Menschen werden spontan krank, aber das bedeutet nicht, dass sie unangemeldet in Ihrer Praxis auftauchen müssen. Möchten Sie das nicht, sollten Sie und Ihre Mitarbeiter:innen das klar kommunizieren: „Bitte rufen Sie vorher an, damit wir Sie einplanen können.“ Kommt doch jemand spontan vorbei, können Sie ihm oder ihr direkt am Empfang einen Termin geben und ihm oder ihr anbieten, noch mal nach Hause zu gehen oder zu warten.
Wichtig bei diesem Konzept
Patienten und Patientinnen mit Termin sollten bevorzugt werden und auf jeden Fall pünktlich drankommen.
Die richtige Behandlungsdauer
Im Voraus abzuschätzen, wie lange eine bestimmte Behandlung dauert, ist oft schwer. Viele Ärzte und Ärztinnen behelfen sich deshalb damit, einfach einen Durchschnittswert festzulegen. Das kann allerdings schnell schief gehen, etwa wenn in einer Stunde plötzlich vier Patienten und Patientinnen eingeplant sind, die besonders viel Zeit in Anspruch nehmen. Besser ist es deshalb, genau festzulegen, wie lange Sie für die einzelnen Behandlungen brauchen und die Termine danach zu vergeben. Dabei ist die entsprechende Schulung Ihres Personals allerdings entscheidend. Nur wenn bereits bei der Terminvereinbarung klar ist, was der Patient oder die Patientin benötigt, kann er bzw. sie auch richtig eingeplant werden.
Tipps für kurze Schlangen am Empfang
Sie haben verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung, um für kürzere Warteschlangen am Empfang zu sorgen:
- Patienten mit Termin bevorzugt behandeln
Sie könnten zum Beispiel eine eigene Anmeldung bekommen oder ihre Versichertenkarte an einem speziellen Ort ablegen. Gibt es noch Fragen, werden Sie direkt aus dem Wartezimmer aufgerufen.
- Ablaufmanagement am Empfang
Die Empfangsmitarbeiter:innen erledigen oft viele Aufgaben gleichzeitig: Patienten und Patientinnen anmelden, Überweisungswünsche aufnehmen, ans Telefon gehen, Untersuchungsergebnisse durchgeben, … Die einzelnen Aufgabenfelder und Arbeitsabläufe sollten deshalb gut strukturiert und aufgeteilt sein. Dort gibt es oft noch Verbesserungspotenzial.
- Wege digitalisieren
Patienten und Patientinnen kommen nicht nur für einen Termin in Ihre Praxis. Sie brauchen auch Folgerezepte, eine Überweisung oder möchten lediglich ihre Untersuchungsergebnisse wissen. Damit sie deshalb nicht extra bei Ihnen vorbeikommen müssen, können Sie Alternativen anbieten: Ein Anrufbeantworter für Rezept- und Überweisungswünsche, ein fester Telefontermin für Untersuchungsergebnisse oder auch eine E-Mail Adresse für offene Fragen entlasten Ihre Empfangsmitarbeiter:innen.
Puffer für Gespräche
Ihre Aufmerksamkeit wird nicht nur von Patienten und Patientinnen gefordert. Auch Mitarbeiter:innen oder externe Dienstleister:innen möchten an einem Arbeitstag mit Ihnen sprechen. Um dafür Zeit zu haben, ohne dass sich deshalb etwas verschiebt, sollten Sie Puffer einplanen. Ihren Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen können Sie zum Beispiel feste Termine geben, an denen Sie Zeit für Fragen oder Wünsche haben. In einem regelmäßigen Meeting mit allen können Sie zudem viele offene Punkte auf einmal abhaken.
Lieferanten bzw. Lieferantinnen und Vertreter:innen können Sie – ähnlich wie die Patienten und Patientinnen – am Empfang abfangen lassen. Dort können sie zum Beispiel einen Termin bekommen oder ihre Daten für einen Rückruf hinterlassen.
Was können Sie sonst noch tun?
Die Gründe, weshalb ein Patient oder eine Patientin länger warten muss, sind natürlich vielseitig. Vermeidbar sind nur ein paar davon, dennoch profitieren davon alle – Patienten und Patientinnen, Praxismitarbeiter:innen und Ärzte sowei Ärztinnen. Gehen Sie Verzögerungen bewusst an.
Dabei hilft es …
- … in einem großen Teammeeting mit allen Praxismitarbeitern und Praxismitarbeiterinnen nach Lösungen zu suchen
- … Feedback- und Verbesserungsvorschläge einzusammeln
- … Patienten und Patientinnen sofort mitzuteilen, wenn sich etwas verschiebt und ihnen Alternativen anzubieten, etwa ein neuer Termin oder später wiederzukommen.

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