Das Endocannabinoid-System (ECS) ist Teil des Zentralen Nervensystems. Es ist über den gesamten Organismus verteilt und reguliert bei Wirbeltieren, also auch dem Menschen, eine Vielzahl von Prozessen.
Dabei ist das ECS mittels des Zusammenspiels von Endocannabinoiden, Rezeptoren und Enzymen für die Reizweiterleitung zwischen den Nervenzellen mitverantwortlich. Hiermit werden letztendlich Körperfunktionen und Emotionen wie die Verdauung, die Blutzirkulation, die Körpertemperatur und die Stimmung im Gleichgewicht gehalten (Homöostase).
Endocannabinoid-System in der Forschung
Schon zu Beginn der 1960er-Jahre konnte Dr. Raphael Mechoulam von der Hebräischen Universität Jerusalem als erster die beiden bekannten Cannabinoide THC (Tetrahydrocannabinol) und CBD (Cannabidiol) isolieren. Knapp 30 Jahre später dann suchte das Team des inzwischen berühmt gewordenen israelischen Professors für Pharmazeutische Medizin und Naturstoffe nach den Wirkungsweisen dieser Cannabinoide im menschlichen Organismus.
Per Zufall fanden die Forscher:innen dabei die beiden Endocannabinoide Anandamid und 2-Arachidonoylglycerol (2-AG), die vom Körper selbst produziert werden. Zudem konnten die Wissenschaftler:innen 2 relevante Rezeptoren identifizieren, welche damit interagieren und die Reizweiterleitung innerhalb des Nervensystems regulieren. Das Endocannabinoid-System war entdeckt.
Aufbau des Endocannabinoid-Systems
Das ECS ist eine Ansammlung von Rezeptoren, die sich auf den gesamten Organismus verteilen. Dabei kommen sie geballt im Gehirn, dem Immunsystem, dem Magen-Darmtrakt, auf der Haut und in den Knochen vor.
Rezeptoren sind die Schaltstellen des Nervensystems und dienen zur Reizweiterleitung, indem sich bestimmte Endocannabinoide andocken und Empfindungen wie Schmerz oder Freude entweder blockieren oder aktivieren.
Was sind Endocannabinoide?
Körpereigene Endocannabinoide sind Substanzen, die den Cannabinoiden der Hanfpflanze in Struktur und Funktion ähneln. Sie werden aus bestimmten Fettsäuren gebildet und sind ein wichtiger Bestandteil des ECS.
Rezeptoren CB1 und CB2
Bisher konnten zwei Arten von Cannabinoid-Rezeptoren entdeckt werden. Während sich CB1 in der Regel auf den Nervenzellen, vor allem im Gehirn und im Darm, ansiedelt, lokalisiert sich CB2 eher im Immunsystem und an den Zellen, die für den Knochenaufbau verantwortlich sind.
Die Rolle der Enzyme
Enzyme veranlassen, dass Endocannabinoide dann gebildet werden, wenn sie gebraucht werden. Haben diese ihre Funktion erfüllt, kümmern sich andere Enzyme um deren Abbau.
Wie funktioniert das Endocannabinoid System?
Das ECS ist ein sehr komplexes System, das über eine Vielzahl von biochemischen Reaktionen zahlreiche Körperfunktionen in der Balance hält. Es tritt immer dann in den Vordergrund, wenn das Gehirn merkt, dass im Organismus etwas nicht stimmt und Prozesse angepasst werden müssen. Ist das der Fall, bilden Enzyme die benötigten Endocannabinoide, die in Form von Neurotransmittern als Informationsträger dienen.
Die Substanzen treten in Kontakt mit den Rezeptoren, die aufgrund der erhaltenen Informationen bestimmte Reaktionen auslösen oder blockieren. Der Vorgang wird wiederholt, sobald die Botschaft übermittelt wurde. Sie lösen die nun nicht mehr gebrauchten Endocannabinoide in ihre Bestandteile auf.
Therapeutische Anwendung von Cannabinoiden
Die Phytocannabinoide der Hanfpflanze haben Ähnlichkeit mit Endocannabinoiden. Dadurch geht man inzwischen davon aus, dass THC und CBD mit den Rezeptoren des ECS in Verbindung treten können, um mit diesen zu kommunizieren. Dieser Kontakt könnte die Reaktionen, welche von den Rezeptoren ausgelöst werden, in positiver Weise beeinflussen, indem z. B. Schmerzempfindungen blockiert und euphorische Momente gefördert werden.
Wirkungen von Cannabis, THC und CBD
Cannabis kann schmerzlindern wirken. Da cannabishaltige Medikamente seit 2017 offiziell auf Rezept verordnet werden dürfen, profiziert man davon in der Medizin, vor allem im Bereich Schmerztherapie.
Der Wirkstoff THC hat psychoaktive Wirkungen und löst einen Rausch aus. Das Cannabinoid dockt vorzugsweise an den CB1-Rezeptoren an. Die Bandbreite der positiven Reaktionen kann sich von großer Entspannt- und Ausgeglichenheit über ausgeprägte Hochgefühle und einer Verbesserung der Kontaktfähigkeit bis hin zu einer intensiveren Wahrnehmung von Farben und Geräuschen belaufen. Je nach Anwender:in wird auch von negativen Wirkungen berichtet. So kann es beispielsweise zu Ruhelosigkeit, Sinnestäuschungen, Orientierungslosigkeit und Angstgefühlen kommen.
CBD dagegen werden entzündungshemmende, beruhigende, krampflösende und schmerzlindernde Eigenschaften nachgesagt. Das Cannabinoid kann keinen Rausch auslösen, weshalb CBD-haltige Produkte wie CBD Öl im Gegensatz zu THC legal erhältlich sind. Anwender:innen sprechen davon, dass CBD stressmindernd wirken kann. Zudem könnte der Wirkstoff dabei unterstützen, zu einem gesunden Schlafrhythmus zu finden.