Hand hält Vitamin D Kapsel in den Himmel, die leuchtet wie die Sonne.
Dr. med. Klaus-Dieter Koloczek

Dr. med. Klaus-Dieter Koloczek

Facharzt für Allgemeinmedizin

Dr. med. Klaus-Dieter Koloczek ist Experte für Praventivmedizin, Schmerztherapie und Ernährungsmedizin.

Hand hält Vitamin D Kapsel in den Himmel, die leuchtet wie die Sonne. | © ExQuisine Fotolia

Ist Vitamin D wirklich so gesund?

Zu wenig Sonnenlicht ist nicht gut für unseren Körper, das wussten schon unsere Urgroßeltern. Besonders im Winter verordneten sie ihren Kindern einen Löffel Lebertran zur Stärkung. Auch heute achten wir darauf, weniger Sonnenlicht durch die Zufuhr von Vitamin D auszugleichen. Viele behaupten gar, wir können gar nicht genug von dem Sonnenvitamin bekommen. ÄRZTE.DE EXPERTE Dr. Klaus-Dieter Koloczek rät allerdings zur Vorsicht.

Vitamin D in unserem Körper

Eigentlich gehört Vitamin D gar nicht zu den Vitaminen, sondern zu den Hormonen. Denn das Sunshine-Vitamin wird von unserem Körper hergestellt. Bei ausreichender Sonneneinstrahlung wandelt er 7-Dehydrocholesterin in Cholecalziferol (Vitamin D) um. Anders als die wasserlöslichen Vitamine beeinflusst es dann unsere proteinbildenden Zellen. So hilft es beim Wachstum und der Mineralisierung unserer Knochen, hat aber auch generell einen Einfluss auf unsere Gesundheit und das Immunsystem.

In den letzten zehn Jahren hat die Bedeutung von Vitamin D eine regelrechte Renaissance erlebt. In zahlreichen Studien und Berichten, sogar auf Kongressen wurde seine Wirkung gelobt. Es soll nicht nur gut bei Osteoporose und Osteomalazie, den Hauptanwendungsgebieten, sein, sondern auch bei Koordinationsstörungen, Unruhe, Körperschmerzen, Sonnenallergie und vielem mehr helfen. Zu wenig Vitamin D könnte also unserem Körper schaden.

Sobald wir weniger Sonne abbekommen, produzieren wir aber auch weniger Vitamin D. Diesen Mangel können wir ausgleichen, indem wir es über die Nahrung oder Ergänzungsmittel aufnehmen. Dabei gilt: Je weniger Sonnenlicht desto mehr sollte zugeführt werden. Inzwischen werden die vorgeschlagenen Vitamin-D-Konzentrationen immer größer. Denn die meisten glauben, dass zu viel keine negativen Auswirkungen auf unseren Körper hat. Doch stimmt das wirklich?

Vitamin D bei Osteoporose und Osteomalazie

Wissenschaftlich erwiesen ist, dass Vitamin D die Konzentration von Calcium und Phosphat im Blut durch die Aufnahme über die Darmschleimhaut und die Rückgewinnung über die Niere erhöht. Das Calcium kann dann in den Knochen besser aufgenommen werden. Gerade bei Osteoporose und Osteomalazie ist das eine gewünschte Wirkung. Oft wird deshalb noch zusätzlich Calcium eingenommen, um den Effekt zu verstärken.

Ein hoher Calciumspiegel bedeutet aber gleichzeitig auch eine Beschleunigung der Arterienverkalkung. Denn zwischen der Mineralisierung der Knochen und der Verkalkung der Gefäße können wir einen Zusammenhang feststellen. Im Winter, wenn bei einem Osteoperose-Patienten die Knochendichte meist abnimmt, steigt gleichzeitig auch die Arterienverkalkung. Im Sommer dagegen bleibt die Knochendichte normalerweise konstant und die Arteriosklerose nimmt leicht ab. Mehr Calcium im Blut kann also auch negative Auswirkungen haben.

Schon einige Studien beschäftigen sich mit diesem Problem und kommen zu unterschiedlichen Ergebnissen. Manche Untersuchungen deuten darauf hin, dass die Arterienverkalkung mit mehr Vitamin D zunimmt, andere zeigen, dass sie abnimmt. Woran sollen wir uns also halten?

Der Widerspruch zwischen den Ergebnissen hängt vermutlich mit einem anderen Stoff in unserem Körper zusammen, Vitamin K2. Eine Rotterdamer Studie von 2004 widmete sich deshalb dem Zusammenhang zwischen Vitamin D, Calcium und Vitamin K2.

Vitamin K2 und Vitamin D

Wie wir bereits wissen, sorgt dafür, dass sich der Calciumgehalt in unserem Blut erhöht. In diesem Moment kommt das Vitamin K2 ins Spiel. Denn es aktiviert zwei weitere Substanzen in unserem Körper Osteocalcin und MGP (Matrix-Glutamat-Protein).

Das Osteocalcin befindet sich in unserer Knochenmatrix und ist für die Calciumbindung zuständig. Erst wenn es von Vitamin K2 aktiviert wurde, kann der Knochen mineralisiert werden. Ansonsten wandert das Calcium weiter durch unseren Körper und sucht sich eine andere Stelle, zum Beispiel das weiche Gewebe unserer Arterien, um sich anzulagern.

Die Matrix-Glutamat-Proteine werden in unserem Knorpelgewebe, in unseren Blutgefäßen, in der Niere, in der Milz und in der Lunge gebildet. Ist nicht genug Vitamin K2 in unserem Körper fördern sie die Verkalkung der Gefäße. Treffen sie jedoch auf das besondere Vitamin, werden sie aktiviert. Jetzt entziehen sie weichem Gewebe und damit auch unseren Gefäßen Calcium.

Nehmen wir also zusätzliches Vitamin D ein, sollten wir gleichzeitig auch Vitamin K2 zuführen. Denn die Rotterdamer Studie bestätigt, was wir aus der Theorie wissen. Ist sowohl der Vitamin D – Anteil als auch der Vitamin K2– Anteil in unserem Körper hoch, so reduziert sich die Arterienverkalkung. Der negative Einfluss von mehr Calcium im Blut wird ausgeglichen.

Auch andere Stoffe spielen eine Rolle

Um die Wirkung von Vitamin D voll auszunutzen, nehmen wir also meist zusätzlich Calcium und Vitamin K2. Insbesondere bei Osteoporose-Patienten fördern wir damit die Mineralisierung der Knochen und eine Verbesserung der Beschwerden. Doch dabei dürfen wir auch andere Stoffe nicht außer Acht lassen: 

Vitamin A:
Kurz gesagt sorgt Vitamin A dafür, dass weniger Matrix-Glutamat-Proteine produziert werden. Sinkt also der Vitamin K2-Anteil in unserem Körper, könnte das zum Teil durch Vitamin A ausgeglichen werden. Zudem ist es Vitamin D sehr ähnlich, hat ähnlichen Einfluss auf unseren Organismus und ist in den meisten Lebensmitteln zusammen mit ihm enthalten. Zwischen Vitamin A und Vitamin D besteht also ein komplexes Zusammenspiel.

Vitamin E und Vitamin C:
Zum Schutz von Vitamin A eignen sich fettlösliche Antioxidantien, wie Vitamin E. Es sorgt dafür, dass Vitamin A nicht aktiviert wird und so der gewünschten Funktion nachkommen kann. Da es sehr träge ist, kann es gut mit Vitamin C verbunden werden. Zusammen entfalten die beiden ihre volle Wirkung.

Magnesium:
Calcium und Magnesium hängen eng zusammen. Nur in gegenseitiger Wechselwirkung können sie ihren Aufgaben in unserem Körper optimal nachkommen.

Die richtige Kombination macht den Unterschied

Entscheidend ist vor allem das Verhältnis der Vitamine und Mikronährstoffe. Ein Mangel, wie er heute vielerorts in der Bevölkerung besteht, sollte natürlich ausgeglichen werden. Schließlich könnte damit auch Erkrankungen wie Osteoporose, Arteriosklerose, Herzinfarkt und Schlaganfall vorgebeugt werden.

Durch die Ernährung ist das aber nur schwer umsetzbar. Das Angebot ist dafür oft zu eingeschränkt. Die Wahl fällt also häufig auf Ergänzungsmittel, die leicht zu bekommen sind. Trotzdem sollten sie nicht einfach planlos eingenommen werden. Möchten Sie einen Vitamin D Mangel ausgleichen, so sollte gleichzeitig auch Vitamin A, Vitamin E, Vitamin C und Vitamin K2 zugeführt werden. So können Sie auf die Wechselwirkung der einzelnen Stoffe eingehen und vermeiden negative Auswirkungen an anderer Stelle.

Die richtige Menge ist dabei für jeden Menschen individuell und kann nicht pauschal festgelegt werden. Von Vitamin C wissen wir zum Beispiel, dass einige Menschen 100-mal mehr benötigen als andere, um optimal damit versorgt zu werden. Auch für die Vitamine D und K2 gibt es starke interindividuelle Unterschiede. Sollten Sie wegen der Einnahme von Vitaminen oder Mikronährstoffen unsicher sein, sprechen Sie am besten mit Ihrem Arzt darüber. Denn der Rat: „Zu viel Gutes kann nicht schaden“, sollte in diesem Fall nicht angewandt werden.

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