Toxische Beziehungen: wenn Liebe krank macht

Himmelhochjauchzend, zu Tode betrübt: Toxische Beziehungen schwanken permanent zwischen zwei Extremen: Sie sind geprägt von immer seltener werdenden Hochphasen, auf die verheerende Tiefs folgen. Dabei stehen die Bedürfnisse einer Person im Vordergrund und werden ohne Rücksicht auf Verluste eingefordert. Die oder der andere hat dann die Aufgabe, diese Bedürfnisse zu jedem Preis zu erfüllen. Solche Partnerschaften, Freundschaften oder Familienstrukturen leben von einer ungesunden, dysfunktionalen Dynamik und kosten uns auf Dauer mehr Kraft, als sie spenden.

Stecken Sie womöglich in einer toxischen Beziehung fest? Welche möglichen Folgen hat das für Ihre Psyche? Und warum fällt es Betroffenen so schwer zu gehen?

Das Prinzip von toxischen Beziehungen

Toxische Beziehungen beginnen meist schleichend. Anfangs ist alles schön und harmonisch, über kleinere Fehltritte wird hinweggesehen – So genannte Red Flags werden gekonnt ignoriert. Obwohl Betroffene regelmäßig von ihrem Gegenüber heruntergemacht werden, sich in der Partnerschaft ständig unglücklich und verletzt fühlen, bleiben sie. Eine Trennung kommt für sie nicht in Frage, die Liebe ist zu groß, zu viel hat man schon in die Partnerschaft investiert. Doch warum tut man sich so etwas an?

In ungesunden Beziehungen haben wir es mit einer Täter-Opfer-Bindung zu tun. Dabei gibt der eine Part dem anderen ständig das Gefühl, selbst Schuld an den Streitereien und Respektlosigkeiten zu sein. Betroffene fühlen sich nicht gut genug und wertlos, deshalb dulden sie unfaires Verhalten, was den Täterinnen und Tätern wiederum in die Hände spielt.

Wenn es Liebesbekundungen und Komplimente regnet, dann richtig. Eine gesunde Mitte gibt es nicht. Bei jedem angeblichem Fehlverhalten wird den Opfern die Zuneigung entzogen. Diese sind irgendwann so emotional ausgehungert, dass sie nach jedem noch so kleinen Strohhalm greifen und in der Beziehung bleiben. Sie würden alles tun, um die Liebe der toxischen Partnerin bzw. des toxischen Partners zurückzugewinnen, koste es, was es wolle. Und der Preis, den sie dafür zahlen, ist hoch.

Toxische Beziehungen erkennen

Betroffene toxischer Beziehungen erfahren neben physischen und emotionalen Missbrauch auch häufig Beleidigungen, Kränkungen und Ignoranz. Diese Form der psychischen Gewalt wird auch Gaslighting genannt. Dabei handelt es sich um eine Manipulationstechnik, die darauf abzielt, Betroffene dazu zu bringen, ihrer eigenen Wahrnehmung zu misstrauen und ihre mentale Gesundheit zu hinterfragen. Gaslighter gehen dabei sehr geschickt vor. Sie drehen die Situation so um, dass das Opfer zur Täterin bzw. zum Täter wird:

  • „Stell dich nicht so an.“
  • „Du bist zu sensibel!“
  • „War klar, dass du uns wieder den Tag versauen musst.“
  • „Das habe ich so nie gesagt, das bildest du dir ein.“
  • „Musst du immer so übertreiben?“
  • „Würdest du dich normal verhalten, würde ich dich nicht so behandeln.“

Die Täterinnen und Täter versuchen, ihre Opfer durch solche Worte gezielt zu manipulieren. Das Problem: Je vehementer Betroffene ihre Grenzen zu kommunizieren, desto stärker geht ihr Gegenüber vor. Sie werden klein gehalten, belogen und machen prinzipiell alles falsch. Irgendwann glauben sie das auch. Einen rationalen Grund für die Wut und das abweisende Verhalten gibt es nicht, die Opfer sind den Gefühlsschwankungen der Täterinnen und Täter schutzlos ausgeliefert. Offene und ehrliche Kommunikation? Fehlanzeige. Diskussionen enden immer im Streit. Man weiß nie, woran man gerade ist. Auf Dauer können Betroffene nicht mehr selbst einschätzen, ob sie etwas richtig machen oder nicht. Dabei ist alles, was sie wollen, dass alles wieder so wird wie früher.

Die psychischen Folgen von emotionalen Missbrauch sind fatal und können auch lange nach einer Trennung noch anhalten. Depressionen, Angststörungen, Panikattacken und Schlafprobleme sind keine Seltenheit.

Toxische Beziehungen durchbrechen

Es kostet viel Kraft, sich aus einer toxischen Beziehung zu lösen. Erkenntnis ist der erste Schritt in die richtige Richtung, um sich aus der komplexen Abhängigkeitsspirale zu befreien. Folgende Tipps können Ihnen dabei helfen, eine ungesunde Partnerschaft zu beenden:

1. Stärken Sie Ihren Selbstwert und Ihr Selbstvertrauen

Legen Sie den Fokus wieder auf sich selbst statt auf Ihr Gegenüber. Treffen Sie sich mit Familie, Freundinnen und Freunden. Gehen Sie alten und neuen Hobbys nach, die Ihnen Freude bereiten. Arbeiten Sie Ihre Probleme auf und schmieden Sie Zukunftspläne: Was möchten Sie für sich im Leben noch erreichen?

2. Reden Sie darüber

Brechen Sie das Schweigen. Sie sind nicht alleine. Wenden Sie sich an Kolleginnen und Kollegen, Therapeutinnen und Therapeuten, Freundinnen und Freunde oder Familie. Selbsthilfegruppen oder der Austausch in den Sozialen Medien können ebenfalls helfen, einen Blick von außen zu bekommen.

3. Machen Sie sich bewusst, dass es nicht an Ihnen liegt

Toxische Partnerinnen und Partner haben innerlich starke Defizite, die sie immer wieder an ihrem Gegenüber auslassen. Sie haben es nie gelernt, richtig mit Emotionen umzugehen. Deshalb suchen sie sich ihren Gegenpart ganz bewusst aus, häufig werden emphatische und sensible Menschen Opfer ihrer Manipulation. Sie tragen keine Schuld.

4. Vertrauen Sie Ihrem Verstand

Notieren Sie alles Negative, was sie in der Beziehung erlebt haben. Lassen Sie sich von der Maske der anderen Person nicht blenden. Wenn Sie insgeheim spüren, dass es besser wäre zu gehen, als zu bleiben, sollten Sie Ihrer inneren Stimme vertrauen.

Sie müssen so etwas nicht aushalten. Machen Sie sich nichts vor: Es wird nicht wieder so wie früher werden. Sie sind gut so, wie Sie sind und haben es verdient, respektvoll behandelt zu werden und glücklich zu sein. Sie dürfen sich trennen und den Kontakt abbrechen. Egal wie schwer es auch fällt: Der Absprung in ein glücklicheres und sorgenfreies Leben ist es wert.

Dieser Text wurde von unserer Redakteurin Tamara Todorovic verfasst.

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