Stammzellen- und Knochenmarkspende: Das sollten Sie wissen

„Mund auf, Stäbchen rein, Spender sein“ – diesen Spruch der bekanntesten deutschen Knochenmarkspender-Datei hat beinahe jeder Deutsche schon einmal gehört. Meist ist er verbunden mit Registrierungsaufrufen und Spender-Suchaktionen. Eine Speichelprobe Abgeben ist allerdings nur der erste Schritt bei der Stammzellenspende. Und auch sonst bleiben viele Fragen offen: Von „Was ist Knochenmark-Spende genau?“ über „Warum ist Sie nötig?“ bis hinzu „Warum braucht es überhaupt so viele Spender?“.

Besonders wichtig sind die Antworten für betroffene Patienten, bei denen eine bösartige Blutkrankheit diagnostiziert wird – jährlich sind das etwa 11.000 Menschen in Deutschland. Ein Teil von ihnen kann mit Medikamenten behandelt werden, der Rest benötigt jedoch eine Knochenmark- oder Stammzellenspende, um die Krankheit zu besiegen.

Warum reicht die aktuelle Stammzellen-Spender-Datei nicht aus?

Weltweit sind etwa 32 Millionen Knochenmarkspender registriert – eine ziemlich hohe Zahl. Zudem wird meist auch die Familie der Erkrankten getestet, um einen geeigneten Spender zu finden. Momentan gibt es laut dem Zentralen Knochenmarkspender-Register Deutschland trotzdem nur für 9 von 10 Patienten einen geeigneten Kandidaten. Der Grund: Unsere Stammzellen sind sehr individuell. Die sogenannten HLA-Gewebemerkmale müssen fast vollständig übereinstimmen, damit der Körper des Patienten sie annehmen kann. Allerdings ist das nur bei etwa 33 % der Geschwister der Fall. Bei Eltern oder anderen Verwandten sinkt die Wahrscheinlichkeit rapide.

Gleichzeitig sind Stammzellen die Grundlage unseres Körpers. Durch ihre Teilung entsteht in der Gebärmutter der Embryo und wächst später zu einem erwachsenen Menschen heran. Nach der Wachstumsphase sind sie zur Stelle, um andere Zellen zu ersetzen: wenn beispielsweise Organe verletzt oder unsere Blutzellen angegriffen werden. Sie verwandeln sich durch Teilen in das, was gerade gebraucht wird. Bei bösartigen Bluterkrankungen, wie Leukämie, bilden die neuen Stammzellen im Knochenmark zum Beispiel Blutkörperchen (Leukozyten), um die geschädigten zu ersetzen.

So erleben Betroffene die Stammzellen-Spende

Für Patienten ist die Suche nach einem Stammzellen-Spender mit viel Stress und Hoffnung verbunden. In der Regel koordiniert sie deshalb der behandelnde Arzt. Sofern niemand in der Familie infrage kommt, kontaktiert er dafür die internationale Datenbank und gleicht die HLA-Merkmale ab. Die Liste mit geeigneten Kandidaten wird dann noch einmal genau überprüft. Anschließend spricht der behandelnde Arzt auch mit seinem Patienten. Denn ist die Vorbereitung einmal eingeleitet, gibt es nur ein kurzes Zeitfenster, in dem eine Stammzellenspende empfangen werden kann. Erfolgt sie nicht, könnte das den Patienten in große Gefahr bringen.

Sind alle Voruntersuchungen bei Knochenmarkspender und Empfänger abgeschlossen, wie etwa ein Test auf Infektionskrankheiten,  kann die Vorbereitung beginnen. Mit einem genauen Therapieplan werden die betroffenen Zellen bestrahlt und abgetötet. Die eigentliche Transplantation ist dagegen relativ einfach. Die Stammzellen werden mit einer Blutinfusion übertragen. Nach etwa zwei bis vier Wochen findet der Arzt erste Anhaltspunkte, ob diese vom Körper angenommen wurden und neue Blutzellen bilden.

So erlebt ein registrierter Spender die Stammzellen Entnahme

Als Stammzellenspender hören Sie meist nichts von Ihrer Datei. Erst wenn die HLA-Merkmale eines registrierten Spenders und eines Patienten nahezu identisch sind, wird dieser kontaktiert. Sein Blut wird erneut getestet und er wird umfassend aufgeklärt, was ihn jetzt erwartet. Wichtig: Bis die Vorbereitung begonnen hat, können Sie sich immer noch gegen eine Knochenmark- bzw. Stammzellenspende entscheiden. So haben Sie ausreichend Zeit, sich alles gut zu überlegen.

Es gibt zwei unterschiedliche Wege, Stammzellen zu spenden, die je nach dem betroffenen Patienten ausgewählt werden.

  1. Stammzellen aus dem peripheren Blut
    In den meisten Fällen können die Stammzellen aus dem Venenblut des Spenders gewonnen werden. Dafür nimmt er vier Tage vor der Spende Medikamente (Botenstoff G-CSF) ein, sodass mehr Zellen aus dem Knochenmark in das Blut geschwemmt werden. Das ist ein natürlicher Vorgang, der zum Beispiel auch passiert, wenn das Immunsystem angeregt wird.

    Während der eigentlichen Spende (auch Stammzellapherese) wird das Blut des Spenders durch einen speziellen Apparat geleitet, der die Stammzellen separiert und anschließend wieder zurückgeleitet. Nach ein paar Stunden kann er die Praxis oder Klinik wieder verlassen. Eine Operation oder Narkose ist nicht nötig.   
  1. Stammzellen direkt aus dem Knochenmark
    Nur noch sehr selten werden die Stammzellen aus dem Knochenmark des Beckens entnommen. Mithilfe einer Punktionsnadel werden dabei je nach Gewicht des Spenders etwa 0,5 – 1,5 Liter Knochenmarkblut abgesaugt. Dieses bildet sich nach ein paar Wochen wieder neu. Für den Eingriff sind eine Vollnarkose und ein Klinikaufenthalt nötig.

Wer ist Stammzellspender?

Um Stammzellenspender zu werden, müssen Sie sich freiwillig registrieren. Es wird also niemand bei Ihnen anfragen, wenn Sie das nicht möchten und Sie können Ihr Einverständnis jederzeit widerrufen – auch wenn Sie als Spender für jemanden infrage kommen. Bei einer Typisierung werden Sie aber immer in die Datei aufgenommen. Nur für einen bestimmten Patienten, etwa einen Freund oder einen Verwandten, können Sie sich also nicht anmelden. Möchten Sie sich in der Stammzellendatei registrieren lassen, haben Sie verschiedene Möglichkeiten: Sie können an einer Typisierungs-Aktion in Ihrer Nähe teilnehmen, bei Kliniken nachfragen, die Spender aufnehmen, oder sich ein Registrierungskit von einer der Dateien in Deutschland schicken lassen.

Nur etwa 1 % der registrierten Spender kann anschließend tatsächlich einem Betroffenen helfen. Die meisten geben also eine Speichel- oder Blutprobe ab, werden in die Datei aufgenommen und bekommen ab und zu Informationen – etwa per Newsletter oder Post. Erst wenn Sie ein potenzieller Kandidat für einen Patienten sind, werden Sie kontaktiert und können entscheiden, ob Sie Stammzellen spenden möchten.

Welche Risiken gibt es bei einer Stammzellen- oder Knochenmarkspende?

Die Risiken bei einer Stammzellen- bzw. Knochenmarkspende sind für einen gesunden Spender in der Regel gering – hängen aber vor allem von der Methode ab:

Bei der Entnahme der Stammzellen aus peripherem Blut kommen etwa sehr selten allergische Reaktion vor, die aber sofort behandelt werden können. Zudem hat die Einnahme des Botenstoffs G-CSF Nebenwirkungen wie Kopf-, Muskel- oder Knochenschmerzen. Hier können wie bei einer Grippe leichte Schmerzmittel helfen.

Bei einer Entnahme des Knochenmarkbluts sind die Risiken etwas höher. Eine Vollnarkose und der Eingriff können immer zu unerwarteten Komplikationen führen. Bei gesunden Spendern ist die Gefahr dennoch gering. Zudem kann es nach der Entnahme zu Schmerzen oder einem Bluterguss an der Einstichstelle kommen, die von alleine wieder zurückgehen.

Das sollten Sie sonst noch über die Stammzellen-Spende wissen:

  1. Als Spender werden nur Personen zwischen 18 und 60 Jahren mit mindestens 50 kg registriert. Zudem sollten Sie gesund sein, etwa keine (geheilte) Krebserkrankung, HIV Erkrankung oder Herzerkrankung haben.

  2. Es ist völlig ausreichend, sich bei einer Datei zu registrieren. Damit landen Sie automatisch in den nationalen und internationalen Datenbanken und können Patienten auf der ganzen Welt Stammzellen spenden.

  3. Ihre Spenderdaten werden anonymisiert gespeichert und auch die Spende selbst bleibt anonym, wenn Sie oder der Patient es wünschen.

  4. Alle Behandlungs-, Fahrt- und Hotelkosten werden für die Spender übernommen. Zudem ist Ihr Arbeitgeber verpflichtet, Ihnen den Tag freizugeben.

  5. Neue Kontaktdaten, wie etwa Ihre Adresse nach einem Umzug, sollten Sie der Datei so schnell wie möglich mitteilen, damit Sie kontaktiert werden können.
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