Veröffentlicht: 17.04.2019 | Lesezeit: 3 Minuten

„Du bist ein echter Hypochonder“ – den Satz benutzen wir häufig im Alltag; Meist, wenn das Gegenüber hinter einem leichten Halskratzen die nächste Grippe vermutet oder bei Schmerzen im Knie sofort von Arthrose ausgeht. Diese flüchtigen Ängste sind aber eigentlich ganz normal und haben nichts mit der anerkannten psychischen Erkrankung zu tun.
Für Mediziner sind sie erst dann ein Problem, wenn Betroffene das Gefühl für ihren Körper verlieren und sich von einer Diagnose beim Arzt höchstens kurzfristig beruhigen lassen. Ohne professionelle Hilfe sind sie schnell in ihrer Angst gefangen. Ein Ausweg scheint immer unmöglicher.
Hypochondrie und Somatisierung: zwei unterschiedliche Erkrankungen
Für Freunde und Verwandte sind Hypochonder und Somatisierer kaum zu unterscheiden. Beide sprechen ständig über ihre Beschwerden. Zudem vermuten sie oft schwere Erkrankungen dahinter. Gibt ein Arzt Entwarnung, kommen bald schon neue Symptome und mögliche schlimme Ursachen dazu. Psychologisch gesehen laufen die beiden Erkrankungen allerdings vollkommen unterschiedlich ab.
Hinter Hypochondrie steckt die Angst vor einer schweren Krankheit oder gar dem Tod. Die Patienten sind deshalb sehr vorsichtig und beobachten alle Veränderungen ihres Körpers übergenau. Ein für andere unbemerkter Schmerz oder ein kurzes Unwohlsein gewinnt so immer mehr an Bedeutung. Findet ein Arzt eine harmlose Ursache oder ordnet die beschriebenen Beschwerden richtig ein, sind Hypochonder zunächst erleichtert. Bald darauf kehren die Angst und damit auch die eigentlich harmlosen Beschwerden zurück.
Bei der Somatisierung klagen die Betroffenen über ganz bestimmte Beschwerden. Sie wandern von Arzt zu Arzt, können aber keine medizinische Ursache dafür finden. Nach einer neuen Diagnose sind sie allerdings nicht erleichtert, sondern enttäuscht. Da schon wieder keine Behandlung für ihre Symptome gefunden wurde, suchen sie nach neuen Gründen dafür und gehen möglichst bald zum nächsten Facharzt.
Die Behandlung von Hypochondrie
Als Angststörung ist Hypochondrie in jedem Fall behandelbar. Klinik und Psychotherapeuten setzen meist auf eine Verhaltenstherapie mit Konfrontation. Dazu gehört, sich mit der Situation einer schweren Krankheit auseinanderzusetzen. Was würde passieren, wenn es mich betrifft? Wie würde mein Leben dann aussehen? Am Ende der Therapie soll der Patient lernen, mit seinen Ängsten umzugehen und wieder in einen normalen Alltag finden.
Bei Somatisierung ist eine psychologische Behandlung weitaus schwieriger. In der Regel ist Angst keine treibende Kraft. Eine Verhaltenstherapie ist deshalb nicht immer der richtige Weg. Der erste Schritt ist aber auch hier die Einsicht, dass es keine körperliche Ursache gibt. Betroffene beider Krankheitsbilder brauchen oft sehr lange, um zu einer psychologischen Behandlung zu finden. Das liegt auch daran, dass Ärzte das eigentliche Problem häufig nicht erkennen.
Entgegen der allgemeinen Meinung leben Hypochonder oder Somatisier nicht gesünder. Sie gehen öfter zum Arzt und die Wahrscheinlichkeit, ernste Erkrankungen zu entdecken ist größer. Studien zeigen aber, dass Menschen mit Angst vor Krankheit kürzer leben. Der Stress scheint sich auf ihre Lebenserwartung auszuwirken.

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