Glücksforschung – auf der Suche nach dem Glück

Wer auf der Suche nach dem Glück ist, wird früher oder später feststellen, dass er auf der Suche nach sich selbst ist. Genauer gesagt, nach dem glücklichen Selbst. Denn auf dem Weg zum Glück braucht es eine Menge Selbstreflexion und ein bisschen Mut zur Veränderung.

Diesen Weg beschritten schon die Philosophen der Antike, Platon etwa, der die Eudaimonie („Gelingen der Lebensführung“) zu einem Schwerpunkt seiner Schriften machte. Gefolgt von seinem Schüler Aristoteles und vielen anderen, die sich mit dem Glück auseinandersetzten. Da ist es umso erstaunlicher, dass die Standardwerke der Psychologie keinen Eintrag zum Thema Glück enthalten. Tatsächlich legt die psychologische Forschung ihren Schwerpunkt in den Bereich dessen, was den Menschen unglücklich macht. Weshalb vielleicht auch statt „Glück“ eher Stichworte wie „Zufriedenheit“, „Wohlbefinden“ oder „Freude“ Gebrauch finden.

Was verursacht Glück?

Es brauchte also mehr Erkenntnisse und Forschung zum Thema Glück. Die Glücksforschung entstand und hat sich zum Ziel gesetzt herauszufinden, was Glück verursacht. Viele Studien später stechen einige Punkte hervor, die offenbar besondere Auswirkungen auf das Erleben von Glück haben können.

Hierbei muss unterschieden werden zwischen jenen Faktoren die angeboren, und damit unbeeinflussbar sind, und solchen, die wir lenken können:

Angeboren:

Gene und Persönlichkeitseigenschaften

  • Die Glücksbotenstoffe Dopamin, Serotonin, Oxytocin, die bei jedem Menschen in unterschiedlicher Menge vorhanden sind.
  • Je neurotischer, desto unglücklicher

Das heißt: Jeder Mensch startet mit unterschiedlichen Bedingungen ins Leben und hat demnach ein Glücksniveau, welches sich bezüglich dieser Faktoren nicht verändern lässt.

Nicht angeboren:

Welche Beziehungen zu anderen Menschen habe ich?

Übe ich in meiner Freizeit Aktivitäten aus, die mich zugleich fördern und fordern?

Bin ich spirituell oder gläubig?

Überraschend wenig Einfluss haben demnach soziodemographische Faktoren wie etwa das Einkommen, das Geschlecht oder ob wir ledig oder verheiratet sind. Ähnlich sieht es bei den Punkten Gesundheit, Geld, Intelligenz und Attraktivität aus; ein Zusammenhang konnte nicht nachgewiesen werden.

Negative Einflüsse auf das Glücksempfinden gibt es natürlich auch, wobei vor allem diese zwei relevant sind:

  1. Scheidung
  2. Arbeitslosigkeit

Studien zeigten sogar, dass eine starke und akute Belastung das Glücksniveau nachhaltig negativ beeinflussen kann. Das heißt: Als das Ereignis beendet oder verarbeitet war, konnte das ursprüngliche Niveau nicht mehr erreicht werden.

Welche Eigenschaften haben glückliche Menschen?

Auf dem Weg zum eigenen Glück hilft oft auch die Antwort auf die Frage, wie andere Menschen glücklich geworden sind. Menschen, die von sich aus angeben, Glück zu empfinden, vereinen unter anderem Eigenschaften wie diese:

Definition Flow: Ein Gefühl das entsteht, wenn Menschen im Beruf oder Hobby weder über- noch unterfordert sind. Oft spürbar bei Geselligkeit, Reden, Sex, Sport, Lernen oder Autofahren. Nicht jedoch bei Fernsehen oder Ausruhen.

Wie viele dieser Eigenschaften entdecken Sie bei sich?

Optimisten und Pessimisten

Eine ganz grundlegende Eigenschaft ist Optimismus, respektive Pessimismus. Entstanden aus dem lateinischen Wort „optimum“ = „das Beste“, bezeichnet er einen Menschen, der „an ein gutes Ende“ glaubt. Das Gute ist: „Optimismus kann man lernen“. Zumindest wenn man Martin Seligman glaubt, einem US-amerikanischen Psychologen, der als Pionier im Bereich der Positiven Psychologie und Glücksforschung gilt. Jahrzehntelange Forschung zum Thema und einige Veröffentlichungen brachten ihn zu dieser Erkenntnis: Optimisten und Pessimisten unterscheiden sich vor allem darin, dass sie in grundlegenden Situationen gegensätzliche Erklärungen finden. Einfach erklärt in einer Tabelle - links der Optimist, rechts der Pessimist:

Optimisten

Pessimisten

„Die Ursache für negative Ereignisse ist nur zeitweilig und geht wieder vorüber.“

„Die Ursache für negative Ereignisse ist dauerhaft.“

„Dieses positive Ereignis wird dauerhafter Natur sein.“

„Dieses positive Ereignis wird nur von kurzer Dauer sein.“

„Dieser Fehlschlag wird sich nicht auf andere Bereiche meines Lebens auswirken.“

„Dieser Fehlschlag wird sich negativ auf mein Leben auswirken.“ (Es wird generalisiert.)

„Dieses positive Ereignis wird sich auch auf alles andere positiv auswirken.“

„Dieses positive Ereignis wird meine anderen Lebensbereiche nicht verbessern.“

„Die Umstände waren nicht gut.“ Die Schuld für einen Fehlschlag wird bei anderen gesucht.

„Ich habe kein Talent für…“ Die Schuld für einen Fehlschlag wird sich selbst zugeschrieben.

„Meine Fähigkeiten haben mir geholfen…“ => Ich kann Gutes selbst herbeiführen.

„Das war nur ein Glückstreffer.“

 

Positive Psychologie – was ist das?

Man weiß nun also eine ganze Menge darüber, was glückliche Menschen ausmacht und auch, welchen Stellenwert Optimismus für Glück hat. Und wenn es, wie oben beschrieben, Ereignisse gibt, die unser Glück schmälern, kann es ebenso Wege geben, die unser Glücksempfinden steigern?

„Ja“, sagt die „Positive Psychologie“, denn sie erforscht genau das. Ihre Bereiche umfassen neben anderen diese Themen:

  • Dankbarkeit
  • Vergebung
  • Gute Taten
  • Positives Denken
  • Optimismus
  • Lachen
  • Gelassenheit
  • Geborgenheit
  • Achtsamkeit
  • Meditation
  • Religiosität
  • Spiritualität
  • Ziele
  • Vertrauen
  • Solidarität
  • Sinn

Positive Psychologie – Glückstherapien

Wie kann etwas so subjektives wie das eigene Glücksempfinden durch wissenschaftliche Erkenntnisse verändert, also gesteigert werden? Verschiedene Therapien wurden entwickelt und vor allem zwei haben sich durchgesetzt, welche im Folgenden kurz vorgestellt werden.

Glückstherapie nach Michael W. Fordyce

Fordyce berücksichtigt in seiner Therapie neben emotionalen, situativen und physiologischen auch kognitive und biographische Faktoren. Zu Beginn bildet er eine Basis aus Grundsätzen:

  • Sei aktiv und bleibe aktiv
  • Verbringe viel Zeit mit anderen Menschen
  • Erhöhe deine Produktivität durch sinnvolles Tun
  • Organisiere dich besser
  • Mach dir keine Sorgen
  • Suche dir adäquate Ansprüche und Erwartungen
  • Denke positiv und optimistisch
  • Orientiere dich im Jetzt
  • Akzeptiere dich selbst
  • Entwickle eine starke Persönlichkeit nach außen
  • Sei du selbst
  • Vergiss negative Gefühle und Probleme
  • Investiere in deine engsten Beziehungen

Wer diese Grundsätze verstanden und auf das eigene Leben bezogen hat, kann sich anschließend mit konkreteren Übungen befassen:

  • Tue jeden Tag etwas, das dir Freude bringt
  • Lade alte Freunde ein
  • Reflektiere deine Wahl des Berufes
  • Mache Pläne
  • Wenn dich doch einmal Sorgen überkommen, schreibe sie in ein Tagebuch.
  • Notiere deine persönlichen Ziele und kürze sie.
  • Konzentriere dich regelmäßig auf positive Ereignisse deines Lebens
  • Bemühe dich, dass die nächste Woche zur besten deines Lebens wird
  • Konzentriere dich auf deine guten Seiten und akzeptiere die negativen
  • Sei selbstständig
  • Habe Vertrauen in dich selbst
  • Werde Mitglied in einem Verein deiner Wahl
  • Lächle heute Menschen an und grüße sie
  • Lerne neue Leute kennen
  • Sei spontan
  • Sprich über deine Gefühle
  • Stehst du vor einem Problem, welches du nicht alleine bewältigen kannst, hole dir professionelle Hilfe
  • Verbringe mehr Zeit mit deinen engsten Bezugspersonen
  • Löse eventuelle Beziehungsprobleme
  • Denke öfter über Glück nach

Diese Therapie wurde in mehreren Studien mit insgesamt 500 Versuchspersonen getestet. Es zeigte sich, dass Probanden auch eineinhalb Jahre nach Beendigung des Programms erkennbar höhere Glückswerte zeigten.

Glückstherapie nach Lichter, Hay und Kammann

Die Neuseeländer begründeten ein Glückstraining, welches kognitiv wirken soll. Es ersetzt „glücksbehindernde“ durch „glücksfördernde“ Überzeugungen.

Als glücksbehindernd gelten zum Beispiel diese Überzeugungen:

  • „Ich kann nichts an meiner Persönlichkeit ändern.“
  • „Ich fühle mich schuldig für …“
  • „Ich mache mir Sorgen um die Zukunft. „
  • „Ich ärgere mich über etwas.“
  • „Ich beklage mich über andere Menschen.“
  • „Ich verlange Gerechtigkeit.“

Förderlich für das Glück sollen hingegen diese Überzeugungen sein:

  • „Ich stehe zu meinen Gefühlen.“
  • „Ich fühle mich wohl in meiner Haut.“
  • „Ich bin offen für Neues.“
  • „Ich kann Fehlschläge verkraften.“
  • „Ich habe den Mut, unkonventionell zu sein.“
  • „Ich bin ein freier Mensch.“
  • „Ich stehe einem Menschen nah.“
  • „Ich freue mich über mein Leben.“

Auch die Wirksamkeit dieser Therapie wurde durch Kontrollstudien belegt.

Positive Psychologie – Kritik

Es gibt allerdings auch Kritik von wissenschaftlicher Seite. Vor allem in der Allgemeingültigkeit sehen Kritiker ein Problem und nennen das „bloße Schrauben am Glücksrad“ gefährlich. Demnach berücksichtige es keinerlei individuelle Lebenszusammenhänge. Anstatt wirklich das biographische Lebensglück zu steigern, konzentriere es sich eher auf das aktuelle Erleben von Glück.

Empfehlungen für’s Glück – ganz allgemein

Letztlich hat eben jeder Mensch eine eigene Formel für das Glück. Wenn man jedoch die Erkenntnisse der Glücksforschung bündelt, ergeben sich daraus einige Empfehlungen, die allgemein gelten können:

  • Konzentriere dich voll auf das, was gerade in deinem Leben und deinem Tag passiert. Denn wenn du ganz bei der Sache bleibst, erzeugt das Flow (siehe Grafik oben) und somit auch Glück.
  • Nimm Liebe und Geselligkeit als den ultimativen Glücksbringer und setze die Beziehungen zu anderen Menschen als oberste Priorität.
  • Entziehe dich der uneingeschränkten Möglichkeiten unserer Zeit. Nicht grenzenloser Konsum, sondern vielmehr die Konzentration auf das Wesentliche führt zum Glück.
  • Du kannst noch viel mehr! Steigere deine Leistung im Beruf oder privat und reize deine Talente aus.
  • Egal ob echt oder nicht – Lächeln hebt die Stimmung.
  • Frei nach der buddhistischen Weltanschauung: Übe dich in Gelassenheit!
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