Die Krankheit mit den zwei Gesichtern – Bipolare Störungen

Was hatten Robert Schumann, Vincent van Gogh, Ernest Hemingway und Hermann Hesse gemeinsam? Sie alle waren an Bipolaren Störungen erkrankt. Diese Krankheit steht für ein Auf und Ab an Gefühlen, einen immensen Leidensdruck und ein erhöhtes Suizidrisiko. Was es genau bedeutet, von einer Bipolaren Störung betroffen zu sein, soll dieser Beitrag zeigen:

Was sind Bipolare Störungen?

Bipolare Störungen zählen in Deutschland zu den häufigsten psychiatrischen Erkrankungen. Stimmungsschwankungen als Reaktion auf bestimmte Situationen gehören zum Leben dazu. Besteht allerdings eine Bipolare Störung, oder auch „manisch-depressive Erkrankung“, können diese Schwankungen zu Extremen geraten. In einigen Fällen treten die Veränderungen auch ohne Anlass auf oder bleiben ungewöhnlich lange bestehen. Sie entwickeln gewissermaßen eine Eigendynamik.

Die Krankheit verläuft in sehr unterschiedlichen Ausprägungen. Gemein haben jedoch alle Patienten dieser psychischen Erkrankung, dass sich Phasen des gesamten menschlichen Stimmungsspektrums abwechseln. Trotzdem ist meistens eine Tendenz zu erkennen, also entweder Manie oder Depression. Es treten außerdem Mischzustände auf, in denen beide Phasen zu erkennen sind; Patienten spüren dann etwa starke Unruhe und zugleich eine gedrückte Stimmung. In diesem Zustand ist das Suizidrisiko besonders hoch. Die Phasen, oder auch Episoden, kommen und gehen in unregelmäßigen Abständen. Dazwischen liegen Zeiträume, in welchen die Erkrankten keine Beschwerden haben.

Diese psychische Krankheit beeinflusst neben der Stimmung auch viele andere Bereiche wie die körperliche Gesundheit und die Voraussetzungen zur Bewältigung des Lebens. Weder haben diese Patienten eine schwache Persönlichkeit, noch ist ihnen die Schuld an ihrer Erkrankung zuzuweisen. Bipolare Störungen können jeden Menschen treffen und sind mit einer geeigneten Therapie behandelbar.

Was sind typische Symptome von Bipolaren Störungen?

Diese Symptome können in den beiden Phasen einer Bipolaren Störung auftreten:

Grafik Bipolare Störungen

Welche Auswirkungen können Bipolare Störungen haben?

Im sozialen Umfeld des Patienten gibt es nicht immer Verständnis für die Erkrankung und die Auswirkungen, die damit einhergehen. Manche Freunde ziehen sich zurück, es können Konflikte mit dem Partner oder Familie auftreten bis hin zur Trennung. Probleme im Beruf können zu dem Verlust des Arbeitsplatzes führen.

Die Lebensqualität der Betroffenen ist sehr stark beeinträchtigt. Es besteht eine erhöhte Selbstmord-(15 -30 %) sowie Suchtgefährdung.

Wie wird eine Bipolare Störung diagnostiziert?

Der Diagnose einer Bipolaren Störung geht eine umfangreiche Befragung des Betroffenen und idealerweise auch der Menschen seines sozialen Umfelds voraus. Damit soll zugleich die Möglichkeit einer familiären Belastung oder Phasen in der Vergangenheit geklärt werden. Eine körperliche Untersuchung schließt Krankheiten mit übereinstimmenden Symptomen aus. Das könnten etwa Schizophrenie, Epilepsie, Hirntumore oder Schilddrüsenerkrankungen sein. Die Diagnose ist immens wichtig für eine erfolgreiche Behandlung von Bipolaren Störungen. Es gilt das Prinzip: je früher, desto besser. Dies kann der Manifestation zur chronischen Störung und schweren Folgen vorbeugen.

Eine Bipolare Störung gilt als besonders schwerwiegend, wenn psychotische Symptome auftreten. Ist das der Fall, nimmt der Erkrankte seine Umwelt kaum oder nur noch verzerrt wahr.

Verlaufsformen einer Bipolaren Störung:

BIPOLAR-I-STÖRUNG

Es treten manische und depressive Episoden auf und halten für mindestens sieben beziehungsweise 14 Tage an. Männer und Frauen sind von dieser Verlaufsart gleich betroffen, insgesamt etwa 1 – 2 % der Bevölkerung.

BIPOLAR-II-STÖRUNG

Es treten depressive Episoden und mindestens eine hypomanische Phase für minimal vier Tage auf. Etwa 2 – 4 % der Bevölkerung sind betroffen.

RAPID CYCLING

Es treten innerhalb von einem Jahr mindestens vier oder mehr Phasen von Manie, Depression, Hypomanie oder Mischzuständen auf. Dies ist die komplizierteste Form der Krankheit. Etwa 15 – 20 % der bipolaren Patienten sind davon betroffen, insgesamt mehr Frauen als Männer.

Wie werden Bipolare Störungen therapiert?

Mit einer geeigneten und konsequenten Therapie, der bestenfalls eine frühzeitig gestellte Diagnose vorausgeht, können die Phasen verzögert oder vermieden werden. Die Ursache der Erkrankung lässt sich allerdings nicht beilegen. Das bedeutet, dass es sich bei Bipolaren Störungen um eine chronische Krankheit handelt, welche eine lebenslange Therapie notwendig macht. Diese Erkenntnis ist für den Verlauf der Behandlung und die Verbesserung der Lebensqualität von entscheidender Wichtigkeit. 

  1. Akuttherapie
    Tritt die akute Phase ein, beginnt die Akuttherapie. Sie läuft bis zum Ende der Episode. Sie besteht, je nach Intensität der Symptome aus verschiedenen Medikamenten und Behandlungsverfahren.
  1. Erhaltungstherapie
    Der Akuttherapie folgt die Erhaltungstherapie. Sie soll den Zustand des Patienten aufrechterhalten, um einen sofortigen Rückfall zu vermeiden.
  1. Rückfallprophylaxe
    Hat sich die Stimmungslage des Patienten normalisiert, soll die Rückfallprophylaxe die nächste akute Phase verhindern.

Die Psychotherapie wird bei der Behandlung von Bipolaren Störungen erfolgreich angewendet. Die Erkrankten lernen so, mit der Krankheit umzugehen, ihren Alltag gut zu bewältigen und ihre sozialen Beziehungen wieder zu verbessern. Dies kann Rückfällen vorbeugen und Sicherheit im Umgang mit der Diagnose und Therapie geben. Mögliche und besonders wirksame Therapieformen sind die kognitive Verhaltenstherapie, die Familientherapie oder die soziale Rhythmustherapie. Eine Psychoedukation und regelmäßiger Austausch mit den Angehörigen ist ebenfalls ein Teil davon.

Welche Ursachen haben Bipolare Störungen?

Die Ursachen von Bipolaren Störungen sind nicht gesichert belegt. Es weist allerdings viel darauf hin, dass es sich dabei um Erkrankungen des Gehirns handelt. Einerseits ist der Hirnmetabolismus beeinträchtigt und andererseits auch die Funktion der Hirnbotenstoffe, wie Dopamin, Noradrenalin oder Serotonin. Während einer akuten Phase konnten Ärzte eine veränderte Aktivität des limbischen Systems im Hirn feststellen. Dieses ist für die Art und Weise wie Gefühle empfunden und verarbeitet werden mitverantwortlich. Die Medizin geht bislang davon aus, dass die Bipolare Störung nicht vererbbar ist. Eine gewisse Prädisposition hingegen schon. Einschneidende Lebensereignisse können so zum Ausbruch dieser Erkrankung führen.

Welche Rolle spielen die Angehörigen?

Die Rolle der Angehörigen als Vertrauenspersonen ist sehr wichtig. Sie können den Verlauf der Krankheit überwachen, den Betroffenen zur Behandlung ermutigen und begünstigen das Durchhalten der Therapie. Es ist daher von äußerster Wichtigkeit, dass sich Angehörige umfassend informieren und beraten lassen.

Tipps für Angehörige:

  • „Nimm dich mal zusammen!“ – diese Forderung sollten Sie nicht an den Betroffenen richten, denn Menschen mit dieser Krankheit können sie nicht erfüllen. Stattdessen verstärken sich unter Umständen die Schuldgefühle.

  • Versuchen Sie, behutsam und geduldig zu sein. Eine positive Atmosphäre bildet das optimale Umfeld für den Patienten.

  • Stellen Sie Kontakt zu einem Psychiater her. So erhalten Sie fachkundige Unterstützung und haben außerdem die Möglichkeit Ihre eigenen Kräfte und Grenzen zu besprechen.

  • Schließen Sie sich einer Selbsthilfegruppe an und profitieren Sie von den Erfahrungen anderer.

  • Sie können etwas bewirken und den Verlauf der Krankheit positiv beeinflussen!
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