Veröffentlicht: 23.03.2020 | Lesezeit: 4 Minuten

Hinter unserem Team stecken viele verschiedene Menschen, da sind Kollegen, da sind Freunde, Mütter, Väter, Töchter und Söhne und sogar Teile der Risikogruppen. Auf dem Herzen haben sie viele verschiedene Dinge: Was ist mit meiner Gesundheit? Ich mache mir Sorgen um meine Liebsten - Kinder, Eltern, Großeltern, kranke Verwandte. Wie soll unser Alltag in der nächsten Zeit aussehen? Werden unsere Bedürfnisse gesichert und das System unserer Gesellschaft erhalten sein? Was passiert, wenn ich erkranke oder einen Unfall habe? Wer hilft?
Solidarität hilft uns
Gesetzlich vorgeschriebene Isolation während der Corona-Krise – das ist ein Novum für die meisten von uns. Meist innerhalb weniger Stunden sind die eigenen Gewohnheiten und das Verhalten komplett zu ändern. Anfangs mag uns das erschlagen, zwischendrin die Puste ausgehen, aber der Gewinn aus dieser Quarantäne ist nicht nur die Gesundheit der meisten. Wir haben nun die Chance in einem gemeinsamen Kraftakt zu lernen, was Resilienz bedeutet und dass die Welt nicht untergeht, wenn Solidarität gelebt wird.
Was Solidarität bedeutet, begreifen wir in diesen Tagen das erste Mal richtig und oft am eigenen Leib. Wir schützen gefährdete Mitmenschen indem wir Einschränkungen in allen Lebensbereichen vornehmen. Wer das nicht tut, nähme sehr hohe Sterberaten von Senioren in Kauf, warnt der Berliner Virologe Christian Drosten.
Drosten wird nicht zuletzt aufgrund seiner informativen und ermunternden Podcasts in den letzten Wochen mehr und mehr zum Helden stilisiert. Das ist gut, denn werden wir in bedrohlichen Krisen mit dem großen Bösen konfrontiert, hilft der Glaube an einen Retter in weiß (em Arztkittel) um nicht der Ohnmacht zu verfallen. Wer eignet sich hierfür besser, als ein Wissenschaftler, der wie kaum ein anderer die Situation einzuschätzen und Ratschläge zu erteilen weiß?
Unsere Solidarität kann verschiedenste Formen annehmen und viele Menschen werden wunderbar kreativ dabei. Soziale Medien werden mit positiven Bildern und mutmachenden Geschichten geflutet und ganz Italien verkündet: andrà tutto bene – alles wird gut!
Je mehr Stunden jedoch vergehen, Menschen sterben und das eigene Leben aus den Fugen gerät, weil der Arbeitsplatz unsicher und die Kinder überfordert sind, verlieren wir hin und wieder die Hoffnung. Kommen dann noch besonders erschwerende Umstände hinzu, etwa sehr beengte Lebensverhältnisse ohne Garten und Balkon, schlechte Stimmung zuhause, Sorge um kranke Familienmitglieder und die eigene Gesundheit, braucht die Resilienz hin und wieder einen Schubs.
Diese Tipps kurbeln die Resilienz an:
Ich ändere meine Perspektive. Ja, für mich ist das gerade sehr schwierig und ich fühle mich ängstlich/überfordert/verloren/einsam. Die Situation ist jedoch für die meisten Menschen nicht leicht und ich sollte auch deren Gefühle annehmen und berücksichtigen.
Ich bemühe mich aktiv um eine positive Einstellung, um die Zuversicht nicht zu verlieren. Ich baue auf die Wissenschaft und alle Menschen in meiner Gesellschaft, die gerade alles dafür geben, dass wir diese Krise so gut wie möglich überstehen. Das ist gut für meine Gesundheit.
Vernunft soll mein Handeln bestimmen, denn auch sie erhält die Zuversicht und schützt mich. Ich halte mich an die Hygienevorschriften, verhalte mich so, wie es Experten empfehlen und konsumiere nur so viele Nachrichten täglich, wie es mir guttut.
Ich frage um Hilfe und teile mich mit. Ja, die Lage in der Welt beschäftigt uns alle und die meisten knabbern hart daran. Ich vergesse jedoch nicht, dass meine Gesundheit nicht nur physischer Natur ist und dass ich, um gesund bleiben zu können, auch für meine Psyche sorgen muss.
Ich frage meine Liebsten: Wie geht es dir? Was brauchst du?
Ich greife zum Hörer. Ich rufe meine Eltern, die Großeltern und alte Bekannte an, die längst weggezogen sind. Jeden Tag, das nehme ich mir vor, erzähle ich von einer guten Sache, die mir passiert ist. An Tagen, mit besonders trüber Laune, reicht der Satz: Ich bin noch da und ich habe dich angerufen.
Empathie ist mein Schlüsselwort. Wir alle sind Teil von etwas Historischem und jeder Mensch, der mir während meines Spaziergangs oder dem Einkauf begegnet, steckt mit drin in dieser Misere. Also schenke ich ihm oder ihr ein Lächeln. Das gibt Mut und Nähe, in einer Zeit, in der allzu viele gänzlich allein oder gar einsam bleiben.

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