Eine Frau, die sich an den Rücken greift und Schmerzen hat.
Dr. med. Munther Sabarini

Dr. med. Munther Sabarini

Facharzt für Neurochirurgie

Dr. med. Munther Sabarini ist Direktor und Gründer der Avicenna Klinik. Als Facharzt für Neurochirurgie ist er spezialisiert auf die Behandlung von Wirbelsäulenerkrankungen.

Eine Frau, die sich an den Rücken greift und Schmerzen hat. | © Kittiphan - stock.adobe.com

Rückenschmerzen? Diese fünf Anzeichen deuten auf mehr hin

Rückenschmerzen sind nicht nur eine Frage des Älterwerdens, einer schlechten Matratze oder einer falschen Bewegung. Insbesondere wenn zusätzliche Symptome auftreten, sollten Sie diesen auf den Grund gehen. Wir haben mit dem ÄRZTE.DE Experten Dr. Munther Sabarini gesprochen, einem renommierten Neurochirurgen und Gründer der Avicenna Klinik in Berlin, der eindringlich vor den Gefahren von unbehandelten Rückenbeschwerden warnt. In diesem Artikel erfahren Sie, warum Rückenschmerzen mehr als nur vorübergehende Beschwerden sein können, und welche fünf Anzeichen darauf hinweisen, dass es Zeit ist, ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Mit Rückenschmerzen hat fast jede(r) in seinem Leben zu kämpfen. Sie sind weltweit der häufigste Grund für Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen. So weit verbreitet sie sind, so leicht nehmen die meisten Menschen jedoch ihre Schmerzen und schieben sie auf das Älterwerden, eine schlechte Matratze oder eine falsche Bewegung. 

Doch bei 15 % der Betroffenen halten die Beschwerden über sechs Monate an – und gelten damit als chronische Rückenschmerzen. Damit ist nicht zu spaßen. Vor allem nicht, wenn Sie zusätzliche Anzeichen bemerken.

Was die meisten Patienten und Patientinnen nicht wissen, ist, dass hinter Rückenschmerzen viel mehr stecken kann als eine harmlose Muskelverspannung oder ein leichter Bandscheibenvorfall. Wenn weitere Beschwerden wie Kribbeln oder Gleichgewichtsstörungen hinzukommen, oder die Schmerzen in andere Körperbereiche ausstrahlen, kann eine Verengung des Spinalkanals vorliegen. Diese braucht einen anderen Behandlungsansatz als bloße Schmerzlinderung“, erklärt Dr. Munther Sabarini, Neurochirurg und Gründer der Avicenna Klinik in Berlin. 

Bei den folgenden fünf Anzeichen, sollten Sie die Beschwerden zügig ärztlich abklären lassen:

Anzeichen 1: Taubheitsgefühle

Haben Sie das Gefühl, Ihre Finger und Zehen nicht richtig zu spüren? Rückenschmerzen sind mehr als harmlose Schmerzen, wenn Ihre Finger, Hände, Füße und/oder Beine häufig taub sind.

Medizinisch sind diese Beschwerden neurologische Auffälligkeiten. Sie lassen darauf schließen, dass nicht nur verspannte Muskeln die Schmerzen verursachen. Die eigentliche Ursache liegt häufig darin, dass Nerven im Rückenmark eingeklemmt werden. Je nachdem, an welcher Stelle genau, entstehen Taubheitsgefühle in den Armen oder den Beinen. Bemerken Sie dies, sollten Sie zügig einen Termin bei Ihrem Hausarzt bzw. Ihrer Hausärztin oder Ihrem bzw. Ihrer Neurochirurg:in vereinbaren und die Beschwerden ärztlich abklären lassen.

Anzeichen 2: Verlust der Feinmotorik

Neben Schmerzen im Rücken haben Sie morgens Probleme, das Hemd zuzuknöpfen und die Schuhe zuzubinden? Das sind typische Tätigkeiten, für die wir unsere Feinmotorik nutzen. Leider wird auch der Verlust dieser Fähigkeit oft auf das Alter oder eine vorübergehende Morgensteifigkeit geschoben. 

Dabei verliert der Körper auch im Alter die feinmotorischen Fähigkeiten nicht über Nacht. Wenn Sie das Gefühl haben, gestern die Schuhe problemlos zugebunden zu haben und heute erhebliche Probleme damit haben, steckt vermutlich mehr dahinter. Vor allem, wenn Sie zusätzlich über Schmerzen im oberen Bereich des Rückens klagen.

Anzeichen 3: Ausstrahlende Schmerzen

Als wären Rückenschmerzen allein nicht schlimm genug – bei einer Verengung des Spinalkanals in der Lendenwirbelsäule beschränken sich die Schmerzen nicht nur auf den Rücken. Sie ziehen über das Gesäß das Bein hinunter. Oft bis zur Wade. Schritt für Schritt wird das Gehen mehr zur Qual. Auch das Treppensteigen oder Fahrradfahren sind schmerzfrei nicht mehr möglich.

Ausstrahlende Schmerzen vom Rücken bis in die Waden geben einen Hinweis auf eine Verengung in der Lendenwirbelsäule. Diese kann ihre Lebensqualität merklich einschränken. Nur durch eine ärztliche Untersuchung erhalten Sie eine Therapie, dank der Sie schon bald Ihren gewohnten Alltag wieder schmerzfrei aufnehmen können.

Anzeichen 4: Gleichgewichtsstörungen

Wenn jeder Schritt schmerzt und es Ihnen schwerfällt, das Gleichgewicht zu halten, können nicht nur Rückenschmerzen daran Schuld sein. Im Spinalkanal befinden sich nicht nur Nerven, die Signale vom Gehirn zu den Muskeln übertragen, sondern auch von den Muskeln zum Gehirn. Die Verengung in diesem Kanal beeinflusst alle Nerven. So kommen nicht mehr alle Informationen von den Muskeln im Gehirn an. Bei vielen Betroffenen führt das zu Gleichgewichtsstörungen. Selbst das kleinste Stolpern kann zum Sturz führen und der gerade Boden fühlt sich wackelig an. Außerdem besteht neben dem hohen Sturzrisiko ein hohes Verletzungsrisiko. 

Anzeichen 5: Kontrollverlust über Harn und Stuhl

Die meisten Menschen, die von einer Spinalkanalstenose betroffen sind, sprechen nur ungerne über dieses Thema. Stuhl und Harn kontrollieren zu können, heißt im Fachjargon “kontinent sein”.
Ein entscheidender Faktor von Kontinenz ist, dass Nerven im Spinalkanal Signale zwischen Gehirn und Schließmuskeln übermitteln. Sind die Nerven beispielsweise durch eine Spinalkanalstenose in ihrer Funktion eingeschränkt, kann sich das nicht nur in Rückenschmerzen äußern – sondern auch in einer Inkontinenz. Im weiteren Verlauf, ohne Behandlung, kann sogar die Sexualfunktion gestört werden.

Was ist eine Spinalkanalstenose?

Generell gilt: Rückenschmerzen, die über 2 Wochen anhalten, sollten ärztlich abgeklärt werden. Bemerken Sie bereits zuvor weitere Symptome, wie in diesem Artikel beschrieben, gilt sofortiger Handlungsbedarf.

Eine sogenannte Spinalkanalstenose tritt häufiger im unteren Rücken auf, kann aber auch die Halswirbelsäule betreffen. Dies verursacht Anzeichen wie Taubheitsgefühle in den Extremitäten, Verlust der Feinmotorik, Inkontinenz, Gleichgewichtsstörungen und ausstrahlende Schmerzen. Bei diesem Krankheitsbild ist der Spinalkanal (auch Rückenmarkskanal genannt) verengt. Der Druck auf die Nerven und Blutgefäße steigt, sodass es im Verlauf zu nicht reversiblen Nervenschädigungen kommen kann.

Zu Beginn äußert sich eine solche Verengung durch Schmerzen, vor allem beim Sitzen, Treppensteigen und Gehen. Unbehandelt kommen weitere Symptome hinzu, da die Nerven weiter Schaden nehmen.

Die Ursache einer Spinalkanalstenose ist meist das Älterwerden. Die Bandscheiben verlieren an Flüssigkeit, was eine höhere Belastung der Wirbelkörper nach sich zieht. Diese drücken dann schmerzhaft auf den Spinalkanal. Weitere Ursachen können beispielsweise angeborene Fehlbildungen wie Skoliose oder andere Knochenerkrankungen sein. Nur ein bildgebendes Verfahren wie ein CT oder MRT schafft Klarheit, ob eine Stenose des Spinalkanals vorliegt oder ob es eine andere Ursache für Ihre Rückenschmerzen und weiteren Beschwerden gibt.

Spinalkanalstenose: Ohne OP nur Schmerzlinderung möglich

Zur Behandlung der Verengung des Rückenmarkkanals gibt es nicht-operative und operative Behandlungsansätze. Jedoch können konservative Ansätze die Stenose nicht rückgängig machen. Das kann nur ein operativer Eingriff.

Die konservative Behandlung ist dann geeignet, wenn Betroffene abseits von Rückenschmerzen keine anderen Symptome haben. Vor allem der Muskelaufbau steht hier im Vordergrund. Eine starke Rückenmuskulatur verleiht der Wirbelsäule Stabilität, sodass die Wirbelkörper weniger stark auf die Nerven drücken. 

Bei fortgeschrittener Spinalkanalstenose hat sich die Mikrochirurgie bewährt. Mittels feinster Instrumente entfernt Dr. Sabarini in der Avicenna Klinik Verkalkungen und verdickte Gewebestrukturen, sodass der Spinalkanal auf eine normale Größe erweitert wird. Durch diese sanfte OP-Methode bleiben nur winzige Narben zurück. Außerdem bleibt so die Wirbelsäulenstabilität in besonderem Maße erhalten, was spätere erneute Eingriffe verhindern soll. 

Eine Operation zeigt in der Regel sofortige Wirkung, und bei etwa acht von zehn Patienten und Patientinnen beobachten wir langfristig eine deutliche Besserung. Aufgrund der geringen Komplikationsrate ist die Operation auch für Betroffene im höheren Alter zwischen 70 und 90 Jahren eine sinnvolle Therapieoption”, berichtet Dr. Sabarini. 

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