Stottern – wenn der Redefluss abbricht

Etwa 800.000 Menschen, rund Prozent der Bevölkerung in Deutschland stottern. Wenn die Angehörigen, Freunde oder Arbeitskollegen mit eingerechnet werden, beschäftigen sich Millionen Personen regelmäßig mit der Sprachstörung.
Trotz der nicht unerheblichen Anzahl an betroffenen Personen gibt es auch heute noch viele Vorurteile gegenüber stotternden Menschen. Zum Beispiel, dass sie keine große Karriere hinlegen können. Gegenbeispiel gefällig? Der neugewählte US-Präsident Joe Biden ist Stotterer. Haben Sie es gewusst?
Der ÄRZTE.DE – Gesundheitsratgeber gibt Ihnen einen Überblick über die bekannte Sprachstörung.

Was ist Stottern?

Balbuties, so der medizinische Fachbegriff des Stotterns, bezeichnet eine Störung des Redeflusses. Betroffene stolpern beim Sprechen wiederholt über einzelne Worte, Laute oder eine bestimmte Silbe. Auch eine komplette Blockade der Aussprache ist möglich, aber verhältnismäßig selten.

Im Gegensatz zu einem großen Vorurteil, das stotternden Menschen regelmäßig entgegenschlägt, haben sie keinen gedanklichen Blackout, der dafür sorgt, dass sie plötzlich vergessen, was sie sagen wollten. Stattdessen ist der Satz in Gedanken oftmals bereits vorformuliert, bei der Aussprache bestimmter Begriffe und Laute kommt es jedoch zu Problemen.

Nicht jedes Stottern ist gleich

Stottern:innen kämpfen bei der Aussprache oftmals mit diesen bekannten Kernsymptomen:

  • Einzelne Laute werden bei der Aussprache in die Länge gezogen, z.B. „Waaaaaas ist hiiiiiier denn los?“
  • Einzelne Laute oder Silbe, teilweise auch ganze Wörter werden wiederholt, z.B. „K-k-k-k-kannst du mir helfen?
  • Die Anfangsbuchstaben einzelner Worte werden durch die Lippen gepresst, etwa „Mein Name ist M----arkus.“

Auch wenn Stotter:innen auf den ersten Blick auf die gleiche Art und Weise Stottern, handelt es sich dabei um ein weiteres Vorurteil. Die Sprachstörung ist vielmehr ein individuelles Problem, das von Person zu Person unterschiedlich ist.

Neben den Kernsymptomen können sich Begleitsymptome entwickeln, die in manchen Fällen sogar auffälliger sind als das Stottern selbst. Die Begleiterscheinungen betreffen dabei unterschiedliche Aspekte des Menschen.

Körperlich

Um die Kontrolle zu behalten und eine aufkommende Sprachstörung bestmöglich zu unterdrücken, kann es vorkommen, dass zum Beispiel die Arme und Beine deutlich wahrnehmbar zu den gesprochenen Worten bewegt werden. Auch das Anspannen der Gesichtsmuskulatur, das Schneiden von Grimassen oder eine veränderte Atmung können auftreten.

Sprachlich

Damit das Stottern bestmöglich vermieden wird, können sprachliche Veränderungen zum Einsatz kommen. Anstatt Worte zu nutzen, das bisher eine Störung ausgelöst haben, werden sie bewusst durch Füllwörter ersetzt oder ein wenig umformuliert.
Flüstern, lauter Sprechen sowie das Einschieben von bewussten Pausen in Form von Stille oder dem Laut „ähm“ sind ebenso bekannte Phänomene.

Sozial

Balbuties kann bei den Betroffenen eine starke psychische Belastung hervorrufen. Um sich selbst vor unangenehmen Gesprächssituationen und der damit einhergehenden Belastung zu schützen, ziehen sich einige Betroffene immer mehr aus ihrem sozialen Umfeld zurück.
Das kann sich etwa durch einen kompletten Rückzug aus der Gesellschaft äußern, aber auch durch das aktive Vermeiden von sprachlichen Interaktionen. Falls eine stotternde Person aufgrund der Sprachstörung bereits mit psychischen Problemen konfrontiert ist, kann die soziale Isolation die Allgemeinsituation zusätzlich verschlechtern.

Stottern entsteht in der Kindheit

Stottern zeigt sich bereits in der Kindheit, meisten in einem Alter zwischen zwei und fünf Jahren. In dieser Entwicklungsphase sind Denken und Sprechen noch nicht komplett synchronisiert, wodurch ein Kind manchmal etwas länger braucht, um das gesuchte Wort zu finden und fehlerfrei auszusprechen. Während es sich bei diesem Prozess grundsätzlich um ein normales Entwicklungsproblem handelt, entwickeln etwa 25 Prozent der Kinder daraus eine echte Sprachstörung.

Selbst wenn Betroffene bereits seit ihrer Kindheit entsprechende Therapiemaßnahmen wahrnehmen, verschwindet die Sprachstörung in den wenigsten Fällen komplett. Das heißt im Umkehrschluss jedoch nicht, dass das Stottern nicht kontrolliert werden kann. Stotter:innen können lernen, flüssig zu sprechen und Stolpersteine dabei bewusst zu vermeiden. Das kann zu einer deutlichen Steigerung der Lebensqualität führen.

Ursache ist bis heute nicht eindeutig geklärt

Auch wenn sich das Stottern bereits im Kindesalter bemerkbar macht, ist bis heute keine eindeutige Ursache bekannt. Denn Sprechen ist ein komplexes Zusammenspiel verschiedener aufeinanderfolgender Aktionen. Innerhalb von Sekundenbruchteilen werden die Atmung, die Artikulation, die gesprochene Sprache sowie die Stimmgebung vom Gehirn gesteuert.

Warum dieses fein abgestimmte Miteinander gestört ist, kann verschiedene Gründe haben, die sich teilweise gegenseitig negativ beeinflussen.

Gestörte Übertragungssignale

Bei der Theorie der Übertragungsstörung gibt es zwei weitverbreitete Annahmen. Die Erste ist, dass die Nervensignale, die für das Sprechen verantwortlich sind, gestört sind. Die zweite Vermutung beschäftigt sich mit der Untersuchung von körperlichen Faktoren. Es wird vermutet, dass eine motorische Fehlfunktion der beteiligten Organe zum Stottern führt.

Erblich bedingt

Auch wenn es aktuell keine endgültigen Belege für diese Annahme gibt, gehen Forscher weltweit davon aus, dass eine genetische Veranlagung für das Stottern verantwortlich sein könnte.
Wenn innerhalb der direkten Familie Fälle des Stotterns bekannt sind oder sogar eines der beiden Elternteile stottert, ist die Chance hoch, dass die Veranlagung dafür weitergegeben wurde. Das bedeutet nicht, dass jedes Kind von Stotterern automatisch selbst damit zu kämpfen hat. Erst wenn die entsprechende Veranlagung mit einem potenziellen Auslöser, etwa einer großen Stresssituation zusammenkommt, kann das zum Ausbruch der Erkrankung führen.

Psychische Belastung

Zusammen mit einer möglichen genetischen Veranlagung können Traumata nach schwerwiegenden negativen Lebensereignissen als Einfallstor der Erkrankung dienen. Sie sorgen dafür, dass Furcht und Angst auftreten und zusammen mit einer Veranlagung zum Stottern führen können.

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