Hallux valgus: Ursachen, Symptome und Behandlung

Zwei Füße mit deutlich geröteter und geschwollener Fehlstellung am Ballen vom großen Zeh.
Zwei Füße mit deutlich geröteter und geschwollener Fehlstellung am Ballen vom großen Zeh. | © luaeva- stock.adobe.com

Von morgens beim Schuhe-Binden bis abends beim Sockenausziehen, wer einen Hallux valgus hat, hat ihn den ganzen Tag im Blick. Der „schiefe große Zeh mit der Beule am Außenrist“ ist nicht angeboren, sondern bildet sich im Laufe des Lebens. Betroffene kann das schwer belasten. Sie wünschen sich nicht nur schöne Füße, sondern haben auch oft Beschwerden durch die Fehlstellung. Doch woher kommt ein Hallux valgus überhaupt? Und wie sieht die Behandlung aus?

Was ist Hallux valgus?

Hallux valgus (von lateinisch Hallux = Großzehe; valgus = schief), auch bekannt unter dem Namen Ballenzeh, bezeichnet eine Fehlstellung des großen Zehs. Sie zählt zu den am häufigsten diagnostizierten Fußfehlstellungen überhaupt und kommt vor allem bei Frauen vor, da diese von Natur aus ein schwächeres und instabileres Bindegewebe besitzen.

Hallux entsteht, weil sich der erste Mittelfußknochen allmählich nach innen verschiebt. Dadurch kommt der große Zeh den Nachbarzehen immer näher. Außerdem wölbt sich der Vorfuß und wird breiter. Als Folge der Druckbelastung verformt sich der große Zeh, manchmal sind auch noch weitere Zehen betroffen. Da sich dabei der Ballen vorwölbt, wird der Hallux valgus auch Ballenzeh genannt. Die Fehlstellung kann sehr schmerzhaft sein oder auch überhaupt keine Beschwerden verursachen. Im Laufe der Zeit kann sich ein Hallux valgus zudem verschlimmern. Kommt es zu Symptomen, sollte er deshalb unbedingt behandelt werden.

Hallux valgus: Ursachen und vorbeugen

Bei der Entstehung eines Ballenzehs sind besonders die Sehnen und Bänder beteiligt. Ihr Bewegungsradius wird enger, umgangssprachlich sprechen wir auch von „verkürzen“. So baut sich eine hohe Spannung im Fuß auf. Gleichzeitig lässt das Bindegewebe, das den Fuß in Form hält, nach. Der Mittelfußknochen wird nach innen gezogen.

Dabei können unterschiedliche Faktoren eine Rolle spielen und den Ballenzeh begünstigen.

  • Bewegung
    Um Sehnen, Muskeln und Faszien geschmeidig zu halten, sollte der Fuß regelmäßig und vielfältig bewegt werden. Spezielle Übungen, Barfußlaufen oder auch wechselnde Belastungen beim Stehen und Gehen im Alltag können dem Hallux valgus vorbeugen.
  • Genetische Veranlagung
    Gibt es innerhalb der Familie bereits einen oder mehrere Fälle von Hallux valgus, ist das Risiko höher selbst daran zu erkranken. Es ist dabei nicht die Veranlagung für krumme Zehen, sondern eine Tendenz zu schwachem Bindegewebe, die vererbt wird.
  • Enge und/oder hochhackige Schuhe
    Das jahrelange Tragen von zu engen Schuhen mit hohen Absätzen begünstigt die Entstehung eines Hallux valgus. Da ein Großteil des Körpergewichts nicht mehr auf der Ferse und dem Längsgewölbe lastet, sondern auf dem empfindlichen Vorfuß, verliert das vordere Quergewölbe seine Stabilität: Es entsteht ein Spreizfuß. Die Großzehe wird ständig in Richtung der anderen Zehen gedrückt. Dies hat zur Folge, dass die ansetzenden Muskeln ihre Zugrichtung ändern und die Großzehe weiter nach innen ziehen.
  • Bereits vorhandene Fußfehlstellungen
    Andere Fehlstellungen wie ein Spreizfuß oder ein Knick-Senk-Fuß können die Entstehung ebenfalls begünstigen. Auch die Überlastung des Großzehengrundgelenks durch einen Hohlfuß trägt zu der Bildung eines Hallux valgus bei.
  • Körperliche Beschwerden
    Gelenkerkrankungen wie rheumatoide Arthritis, verkürzte Achillessehnen oder Wadenmuskulatur können alleine oder in Kombination mit anderen gesundheitlichen Problemen für einen Hallux valgus verantwortlich sein. Schwaches Bindegewebe fördert die Entwicklung eines Ballenzehs zusätzlich.
  • Übergewicht
    Eine ständige Mehrbelastung, durch überschüssiges Gewicht kann zu einer Abflachung des Quergewölbes des Fußes führen und sich negativ auf die Stellung des großen Zehs auswirken.

Hallux valgus: Symptome

Anfangs zeigt sich die Fehlstellung oft nur äußerlich. Der Fuß verliert seine typische Form. Betroffene haben zunächst keine oder nur leichte Schmerzen. Das liegt daran, dass unser Bewegungsapparat eine Zeit lang die Fehlstellung ausgleicht. Im weiteren Verlauf kann ein Ballenzeh zu einer Reihe von Symptomen führen. Die Beschwerden im Zusammenhang mit dem Hallux valgus treten meist oberhalb des Großzehengrundgelenks auf. Oft steht das Gelenk stark hervor und reibt am Innenrand des Schuhs. Dies führt zu einer leichten Entzündung. Auch Rötung und Schwellung der Zehenballen sind Anzeichen für einen Hallux valgus.

Folgende Symptome sind möglich:

  • Druckstellen und Rötungen
  • leichte bis sehr starke Schmerzen
  • Nervenschädigungen mit Taubheitsgefühl
  • Bewegungseinschränkungen
  • Mittelfußschmerzen
  • Bänderüberdehnung
  • großer Zeh schiebt sich unter oder über benachbarte Zehen (bis zu einem 90°-Winkel)

Darüber hinaus kann ein Hallux valgus die Entwicklung einer Arthrose im Gelenk der Großzehe begünstigen, zu einer Unsicherheit beim Gehen führen und das Risiko eines Sturzes erhöhen.

Wichtig zu wissen: Das Ausmaß der Fehlstellung lässt nicht auf die Schmerzintensität schließen. Trotz einer massiven Fehlstellung können nur wenig Schmerzen oder sogar gar keine einschränkenden Beschwerden auftreten. Dagegen kann bereits ein gering ausgeprägter Hallux valgus zu sehr starken Schmerzen führen.

Hallux valgus: konservative Behandlungsmethoden

Je nach Ausprägung der Fehlstellung der Großzehe kommen verschiedene Formen der Hallux valgus Therapie infrage.  Ziel ist es, die bestehenden Schmerzen zu lindern, die Fehlstellung zu korrigieren oder ein weiteres Fortschreiten zu verhindern. Außerdem soll die normale Funktion des Fußes, insbesondere des großen Zehs erhalten bzw. wiederhergestellt werden.

Die konservativen (nicht-operativen) Behandlungsmöglichkeiten können durch aktive (wie Zehengymnastik) oder passive (wie durch den Einsatz von Schienen oder Einlagen) Therapieverfahren Schmerzen lindern und teils das Fortschreiten der Fehlstellung verhindern.

Folgende Behandlungsformen kommen infrage:

Übericht über die konservativen Behandlungsmethoden bei Hallux valgus. 
Übericht der konservativen Behandlungsmethoden bei Hallux valgus.

 

Schienen und Bandagen

Mit einer Hallux-valgus-Schiene wird der große Zeh durch mechanischen Druck nach innen in seine ursprüngliche Normalstellung gedrückt. Anfangs wird das oft als sehr schmerzhaft empfunden. Dennoch vermindert die Hallux valgus-Schiene den Druck des großen Zehs auf die benachbarten Zehen und entlastet diese damit. Die Fehlstellung vollständig korrigieren können Schienen nicht. Trotzdem können sie Beschwerden lindern und das Fortschreiten des Hallux valgus verlangsamen. Getragen werden die Schienen in der Regel nachts.

Bandagen sind in ihrer Wirkungsweise weniger schmerzhaft für Hallux valgus Patienten und Patientinnen. Denn der Druck auf die Großzehe wird durch diese gleichmäßiger verteilt. Um das richtige „Druckmaß“ zu erreichen, ist die Größe der Bandage entscheidend.

Geeignete Schuhe und Einlagen

Empfehlenswert sind flache Schuhe, die allen Zehen ausreichend Platz bieten. Bei Beschwerden kann eine Polsterung der Zehen oder der Ballen sinnvoll sein. Auch das tägliche Tragen von Zehentrennern zwischen dem großen und angrenzenden Zeh kann die Beschwerden bei Hallux valgus lindern. Außerdem gibt es spezielle Einlagen für den Hallux valgus. Sie stützen den Mittelfuß durch ein kugelförmiges Polster (Pelotte) und entlasten den Vorfußbereich. Daneben ist häufiges Barfußlaufen empfehlenswert.

Physiotherapie: Behandlung, Übungen und Tapen

Durch Zehen- und Fußgymnastik kann die Fußmuskulatur und das Bindegewebe gestärkt werden, um Fehlstellungen entgegen zu wirken. In der Physiotherapie lernt der Patient oder die Patientin, wie sie bzw. er die Muskulatur der Zehen und des Fußes trainieren kann. Spezielle Übungen für Kraft und Beweglichkeit, um den gesamten Körper und die Füße zu stärken sind wichtig, um das weitere Fortschreiten der Deformation zu verhindern. Regelmäßiges Üben, Aufbau der Muskulatur und aktive Bewegung helfen, den Gesundheitszustand zu verbessern. Unterstützend dazu kann ein Physiotherapeut, eine Physiotherapeutin, ein Arzt oder eine Ärztin den Hallux valgus tapen. Dabei werden elastische Klebebänder auf spezielle Weise am Fuß angebracht. Ziel ist die Durchblutung und die Lymphzirkulation zu steigern, die Stimulation der sensiblen Hautrezeptoren anzuregen und damit die Schmerzen zu lindern.

Achtung:

Konservative Therapien lindern nur die Symptome eines bereits entstandenen Hallux valgus. Eine komplette Rückbildung ist nicht mehr möglich.

Hallux valgus: OP

Wann sollte operiert werden?

Eine Hallux valgus Operation sollte erst in Betracht gezogen werden, wenn starke Beschwerden bestehen und andere Behandlungen erfolglos waren. Eine Operation allein aus ästhetischen Gründen ist nicht zu empfehlen, da für eine Hallux valgus Op vor allem der Leidensdruck entscheidend ist. Das heißt: Je größer die Schmerzen und Beschwerden, desto eher sollte operiert werden. Zudem ist die Hallux valgus Operation wie jeder Eingriff mit Risiken verbunden.  

Um Festzustellen, ob eine Operation wirklich notwendig ist, messen die Ärzte und Ärztinnen mithilfe von Röntgenaufnahmen zwei Winkel zwischen den Fußknochen. Damit lässt sich feststellen, ob es sich um einen eher leichten oder schweren Hallux valgus handelt.

An der Vorderseite der Großzehe wird der Hallux valgus-Winkel (HV) gemessen. Dabei handelt es sich um den Winkel zwischen dem ersten Zehenknochen und dem Mittelfußknochen. Bei gesunden Füßen beträgt dieser weniger als 21°.

Der Intermetatarsale-Winkel (IM) ist in der Regel kleiner als 10°. Dieser Winkel wird zwischen den beiden Mittelfußknochen, der Großzehe und der nachfolgenden Kleinzehe gemessen.

 

Knochenaufbau von einem gesunden Fuß und einem Fuß mit Hallux valgus.
Knochenaufbau von einem gesunden Fuß und einem Fuß mit Hallux valgus. | alexonline- stock.adobe.com

 

Kriterien für die Auswahl der Methode:

  • Ausprägung der Fehlstellung
  • Alter und Aktivität der Patienten und Patientinnen
  • Beweglichkeit und Stabilität des betroffenen Fußes

Die OP ist aktuell die einzige Möglichkeit, den Ballenzeh dauerhaft zu korrigieren und die Ursache der Beschwerden zu beseitigen. Sie wird in der Regel unter örtlicher Betäubung durchgeführt, kann aber auch unter Vollnarkose sattfinden. Je nach Ausprägung der Fehlstellung kann eine Korrektur der mitbetroffenen Gelenke und weiterer Fehlstellungen nötig sein.

Es gibt keine Garantie, dass die Operation erfolgreich verläuft und die Schmerzen im Anschluss verschwinden. Dennoch besteht durchaus eine gute Chance nach der OP wieder schmerzfrei und uneingeschränkt den Alltag bestreiten zu können. Dabei greifen Ärzte und Ärztinnen gerne auf minimalinvasive Methoden zurück, die durch besonders kleine Schnitte Verletzungen der Weichteile (Muskeln, Sehnen, Bänder, Schleimbeutel, Fettgewebe, Bindegewebe, Nerven und Gefäße) minimieren und so einen schnelleren Heilungsprozess ermöglichen.

Ablauf einer Hallux Valgus Operation:

Es gibt verschiedene Operationsverfahren bei Hallux valgus. Sie alle wollen die Stellung der Zehen korrigieren und Schmerzen sowie Mobilitätseinschränkungen beseitigen. Oft werden die Methoden kombiniert, um je nach individueller Ausprägung die beste Gesundheitsversorgung zu ermöglichen.

Folgende Methoden werden dabei angewandt:

Weichteileingriff:

Weichteileingriffe beabsichtigen die Korrektur der Sehnen und der Gelenkkapsel mit dem Ziel der Gradestellung der Großzehe. Beim Hallux valgus ist die Gelenkkapsel verändert. Auf der Seite des Knicks im Großzehengrundgelenk ist die Kapsel überdehnt, auf der gegenüberliegenden Seite verkürzt. Ist die Kapsel um das Großzehengelenk durch die Fehlstellung bereits soweit eingeengt, dass der Patient oder die Patientin die Fehlstellung nicht mehr aktiv zurückführen kann, kommt diese Methode infrage. Bei der Operation löst der Arzt oder die Ärztin das Zehengrundgelenk des großen Zehs aus der verengten Gelenkkapsel durch Raffung oder Dehnung und passt die Länge der Sehnen an, um den Hallux valgus zu begradigen und die Zehe wieder richtig bewegen zu können.  

Osteotomie:

Eine Operation am Großzehengrundgelenk, meist in Form einer Knochenumstellung (Osteotomie), zur Begradigung des großen Zehs. Hierbei werden Mittelfuß- und Zehenknochen durchtrennt und begradigt wieder zusammengefügt. Schrauben, Drähte oder kleine Metallschienen stabilisieren die Knochen, bis sie in der neuen Stellung verheilt sind. Diese Operationsmethode wird bei leichten bis mittelschweren Fehlstellungen angewandt.

Cheilektomie oder Arthrodese:

Bei Schäden am Großzehengrundgelenk ist eine gelenkerhaltende Operation (Cheilektomie) oder eine Gelenkversteifung (Arthrodese) möglich. Die erste Methode ist nur durchführbar, wenn der Gelenkknorpel noch zu mehr als 50% erhalten ist. Bei der Operation werden beschädigte Knorpel und Knochenvorsprünge entfernt. Im fortgeschrittenen Stadium hilft dies allerdings nicht mehr und das Gelenk muss versteift werden. Diese Versteifung erfolgt, indem die beiden Gelenkpartner, die im Gelenk aufeinandertreffen, zusammengefügt und mit Schrauben, Klammern oder kleinen Metallplatten fixiert werden (Fusion). Danach bleibt das Gelenk jedoch dauerhaft unbeweglich. Diese Operationsmethode wird bei schweren Fehlstellungen angewandt.

Die Operation ist sowohl ambulant, als auch stationär möglich. Manchmal ist im Anschluss ein Aufenthalt im Krankenhaus nötig.

Was ist nach einer Hallux valgus Operation zu beachten?

Nach der Hallux valgus OP muss der Fuß für mindestens sechs Wochen entlastet werden, um das korrekte Zusammenwachsen der Knochen und den Heilungsprozess zu gewährleisten. Hierfür gibt es spezielle Vorfußentlastungsschuhe. Außerdem müssen für ca. zehn Tage nach der OP Thrombosespritzen als Prävention von Blutgerinnsel angewandt werden. Insgesamt kann es zwei bis drei Monate dauern, bis die Patientinnen und Patienten wieder richtig laufen können. Oft bleibt der Fuß noch längere Zeit geschwollen. Deshalb sollte die Operation nach Möglichkeit in den kälteren Monaten des Jahres stattfinden, da die warmen Temperaturen im Sommer ein verstärktest Anschwellen des Fußes begünstigen.

Nach der Hallux valgus Operation hat der betroffene Fuß sein altes Aussehen wieder zurück. Beschwerden wie Schmerzen lassen in der Regel nach oder verschwinden ganz.  Manchmal kommt es allerdings zu einem Rückfall (Rezidiv): Die Fehlstellung des großen Zehs wird erneut ausgebildet.

Während der OP werden dem Patienten oder der Patientin meist Schrauben eingesetzt, um die neu zusammengesetzten Knochen zu stabilisieren. Diese können nach ungefähr sechs Monaten bis hin zu einem Jahr nach der Hallux valgus Operation auf Patientenwunsch oder auf Grund von Beschwerden in einem erneuten operativen Verfahren entfernt werden. In sehr seltenen Fällen vertragen Patientinnen und Patienten die eingesetzten Fixierschrauben nicht (Unverträglichkeitsreaktionen). Insgesamt gilt die Operation als risikoarm.

 

Quellen: 

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