Steril angeordnete chirurgische Instrumente wie Scheren, Pinzetten und Klemmen auf einem blauen OP-Tuch, mit unscharfen Chirurgen im Hintergrund, die an einem Eingriff arbeiten. Darstellung einer professionellen OP-Umgebung.
Dr. med. Henning Quitmann

Dr. med. Henning Quitmann

Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie

Dr. Henning Quitmann ist Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie und Leitender Arzt der Sana Fabricius-Klinik in Remscheid. Sein seit über 40 Jahren fest etabliertes Team von Spezialisten und Spezialistinnen arbeitet stets auf dem aktuellsten Stand der Medizin.

Minimalinvasive Operationen bieten schonende Methoden, bei denen meist nur kleine Hautschnitte nötig sind. | © Tobilander - stock.adobe.com

Minimalinvasive Operationen – Eine Revolution für die Orthopädie und Unfallchirurgie

Ob bei Gelenkerkrankungen, Frakturen oder Wirbelsäulenproblemen – minimalinvasive Operationstechniken setzen neue Maßstäbe in der Orthopädie und Unfallchirurgie. Doch was genau versteht man unter minimalinvasiven Verfahren? Wann sind sie sinnvoll, und welche Vorteile bieten sie für Patienten?

ÄRZTE.DE-Experte Dr. Quitmann klärt als Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie über die Bedeutung, die Einsatzmöglichkeiten und die Grenzen dieser Technik auf.

Was ist minimalinvasive Operationstechnik?

Bei einer minimalinvasiven Operation wird so schonend wie möglich operiert. Dank moderner Instrumente wie Endoskopen sind nur kleine Hautschnitte nötig. Die Operationsöffnung bleibt sehr klein. So wird nur wenig Gewebe beschädigt, wodurch die Belastung für den Körper geringer und die Heilung beschleunigt ist.

In der Orthopädie und der Unfallchirurgie hat sich die minimalinvasive Chirurgie stark etabliert. Sie ermöglicht beispielsweise das präzise Einsetzen von Hüftprothesen und andere komplexe Eingriffe, ohne dabei die umliegende Muskulatur oder empfindliches Gewebe unnötig zu beeinträchtigen. Die Entwicklung dieser Verfahren spiegelt den Fortschritt in der Medizintechnik wider und zeigt, wie Innovationen die chirurgische Praxis nachhaltig verändern können.

Anwendungsgebiete in der Orthopädie

Die minimalinvasive Operationstechnik hat in der Orthopädie und Unfallchirurgie einen bedeutenden Stellenwert erlangt. Besonders bei der Versorgung von Gelenkerkrankungen und Frakturen bietet diese Methode erhebliche Vorteile. Auch in der arthroskopischen Chirurgie, bei der Gelenke minimalinvasiv behandelt werden, und in der Wirbelsäulenchirurgie, wo präzise Eingriffe erforderlich sind, wird diese Technik zunehmend eingesetzt.

Durch kleinere Hautschnitte und die gezielte Schonung von Muskulatur, Bändern und Nerven können operative Eingriffe deutlich schonender durchgeführt werden. Für die Patienten und Patientinnen bedeutet dies nicht nur eine kürzere Aufenthaltsdauer im Krankenhaus, sondern auch eine geringere körperliche und psychische Belastung.

Vorteile minimalinvasiver Verfahren

Minimalinvasive Verfahren bieten zahlreiche Vorteile, die sowohl den Heilungsprozess der Patienten und Patientinnen als auch die Behandlungsqualität erheblich verbessern können. Diese sind:

  • geringere Gewebeschädigung und Blutverlust
  • weniger postoperative Schmerzen
  • kürzere Heilungs- und Rehabilitationszeiten
  • kleinere Narben und ästhetische Vorteile
  • reduziertes Infektionsrisiko durch kleinere Wundflächen
  • schnellere Mobilisation der Patienten und Patientinnen
  • geringere Belastung des Immunsystems
  • weniger Bedarf an Schmerzmitteln nach der Operation

Welche Operation ist für minimalinvasive Verfahren geeignet?

Nicht jede Operation kann minimalinvasiv durchgeführt werden. Ob es in einem Fall möglich ist, hängt von der individuellen Anatomie des Patienten oder der Patientin, dem Krankheitsbild und der Art des Eingriffs ab. Bei bestimmten Erkrankungen oder fortgeschrittenen Stadien, wie stark deformierten Gelenken, ausgedehnten Gewebeschäden oder komplexen Verletzungsmustern, stoßen minimalinvasive Techniken an ihre Grenzen. Hier kann es notwendig sein, auf traditionelle, offene Operationsmethoden zurückzugreifen.

Um den bestmöglichsten Behandlungserfolg sicherzustellen, ist daher eine sorgfältige Indikationsstellung nötig. Diese basiert auf einer umfassenden Diagnostik des behandelnden Chirurgen oder der behandelnden Chirurgin inklusive Röntgen, MRT und CT sowie auf einer individuellen Beurteilung des Patienten bzw. der Patientin. Faktoren wie das Alter, der allgemeine Gesundheitszustand, Begleiterkrankungen und die Erwartungen des Patienten bzw. der Patientin fließen ebenfalls in die Entscheidung ein.

Der oder die Operateur:in muss zudem auf minimalinvasive Techniken spezialisiert sein und über moderne technische Ausstattung verfügen. Chirurgen und Chirurginnen müssen speziell geschult sein, um die Eingriffe sicher und effektiv durchführen zu können. Eine sorgfältige Abwägung der Vor- und Nachteile gewährleistet, dass minimalinvasive Verfahren nur dann angewendet werden, wenn sie wirklich von Vorteil für den Patienten oder die Patientin sind.

Die minimalinvasive OP Technik „SuperPath“ zur Implantation von Hüftendoprothesen

Ziele der minimalinvasiven Techniken zur Implantation von Hüftendoprothesen sind die optimale Implantatpositionierung unter Vermeidung von Komplikationen. Zudem wird eine möglichst schmerzfreie Frühmobilisation angesetrebt, die eine schnelle Vollbelastung und eine lange Standzeit ermöglicht. 2011 veröffentlichte Chow zusammen mit Kollegen eine Arbeit über eine neue Operationstechnik für den Hüftgelenkszugang, die „SuperPath“ genannt wird. Diese Technik basiert auf zwei früheren Methoden: dem „Supercap“-Zugang aus dem Jahr 2004 und dem „Path“-Zugang aus dem Jahr 2008.

Bei dem SuperPath-Zugang wird der oder die Patient:in in Seitenlagerung operiert. Nach dem Spreizen der Fasern des M. gluteus maximus wird das Muskelintervall zwischen M. gluteus medius/minimus ventral und der Piriformis-Sehne sowie den angrenzenden Außenrotatoren dorsal genutzt.

Anmerkung der Redaktion

Der M. gluteus maximus ist der große Gesäßmuskel und einer der stärksten Muskeln des Körpers, der vor allem für die Streckung und Stabilisierung der Hüfte zuständig ist. Der M. gluteus medius/minimus ventral sind kleinere Gesäßmuskeln, die an der Außenseite der Hüfte liegen und für die Abduktion (Seitwärtsbewegung) sowie Stabilität des Beckens verantwortlich sind. Die Piriformis-Sehne gehört zum M. piriformis, einem kleinen Muskel im Beckenbereich, der den Oberschenkel nach außen dreht und stabilisiert. Die Außenrotatoren dorsal sind Muskeln, die hinter der Hüfte liegen und für die Drehung des Beines nach außen verantwortlich sind, darunter der M. piriformis und weitere tiefliegende Muskeln.

Das zu operierende Bein liegt dabei in einer entspannten Lagerung. Nicht physiologische Rotationen werden vermieden. Die Hüftgelenkkapsel wird inzidiert und später wieder vernäht.

Zur Implantatpräparation werden keine abgewinkelten Instrumente verwendet. Die Schaftpräparation erfolgt ohne Luxation oder vorherige Entfernung des Hüftkopfes. Die Ausrichtung des Prothesenstieles wird dabei intramedullär (im Inneren des Markraums) durchgeführt und so eingestellt, dass er in einem optimalen Winkels (Anteversion) sitzt. Da der Hüftkopf noch nicht entfernt wurde, nutzt man dafür dessen Position und die Drehung des Beins im Verhältnis zum Unterschenkel. Sobald die Schaftpräperation abgeschlossen ist, wird der Hüftkopf entfernt, während ein spezielles Werkzeug, die sogenannte Schaftraspel, noch im Schaft liegt.

Die Hüftpfanne wird mithilfe eines Retraktor sichtbar gemacht, um sie besser bearbeiten zu können.

Anmerkung der Redaktion

Die Hüftpfanne ist der halbrunde, schalenförmige Teil des Beckenknochens, der zusammen mit dem Hüftkopf das Hüftgelenk bildet. Sie dient als Gelenkpfanne, in der der kugelförmige Hüftkopf liegt und sich bewegen kann, sodass Bewegungen wie Gehen, Beugen und Drehen des Beins möglich sind.

Ein Retraktor ist ein chirurgisches Instrument, das verwendet wird, um Gewebe wie Muskeln, Haut oder Organe während einer Operation beiseitezuhalten.

Die Pfannenfräsung erfolgt nach einer Stichinzision dorsal des Femurs (ein kleiner, gezielter Schnitt auf der Rückseite des Oberschenkelknochens) durch ein Zielgerät und das Einbringen einer Arbeitskanüle. Die Pfannenfräsen, die durch den Hauptschnitt eingebracht werden, werden mit der Bohrwelle in situ (in der richtigen anatomischen Lage) gekoppelt. Die Ausrichtung der Pfannenposition erfolgt wie üblich am vorderen, hinteren und lateralen Pfannenrand sowie am ligamentum transversum (kleines, bandförmiges Gewebe im Hüftgelenk).

Nach Einbringen von Hüftpfanne und -inlay wird eine Probereposition mit einem modularen Hals und Kopf durchgeführt.

Anmerkung der Redaktion

Eine Probereposition ist ein Schritt während einer Operation, bei dem die Position und Funktion eines Gelenks vor dem endgültigen Einsetzen einer Prothese überprüft werden.

Dabei erfolgt neben der funktionellen Prüfung auch eine Durchleuchtung. Anschließend wird der Originalschaft entweder modular oder nonmodular pressfit eingesetzt. Die Kopplung des Hüftkopfes erfolgt entweder intra- oder extraartikulär bevor die endgültige Reposition durchgeführt wird. Die Kapsel wird wieder verschlossen. Falls eine Durchtrennung der Piriformis-Sehne nötig war, kann diese refixiert werden. Zum Schluss erfolgt der übliche Wundverschluss, und der oder die Patient:in kann eine schmerzadaptierte Vollbelastung aufnehmen.

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