Mehr Digitalisierung in der Arztpraxis, bei den Apotheken und für die Krankenkassen: Das diese Entwicklung in Deutschland schon lange überfällig ist, darin sind sich die Akteure einig. Zum 30.06.2021 liefen deshalb einige Fristen ab, die die Digitalisierung voranbringen sollen. Ganz so schnell wie gedacht, geht es dann aber doch nicht.
E-Rezept
Seit 1. Juli läuft ein Pilotprojekt mit Arztpraxen und Apotheken in Berlin sowie Brandenburg. Sie sollen das E-Rezept umfassend prüfen, bevor es ab 2022 für alle Patient*innen verfügbar ist. Dennoch wurde bisher noch kein einziges echtes E-Rezept ausgestellt. Denn zunächst sollen alle möglichen Szenarien ohne Patientenbeteiligung getestet werden. Bis das erste E-Rezept tatsächlich für ein Medikament eingelöst wird, dauert es also noch eine Weile.
Elektronischer Heilberufler-Ausweis
Wer sich an die Fristen gehalten hat, hält den elektronischen Heilberufler-Ausweis (eHBA) schon in den Händen. Die Scheckkarte gilt nicht nur als neuer Arztausweis, sondern kann auch zur digitalen Identifizierung genutzt werden, etwa bei der elektronischen Patientenakte oder für die Signatur beim E-Rezept. Die Beantragung war an vielen Stellen allerdings aufwendig. So mussten sich einige Heilberufler*innen etwa erst bei einer Postfiliale ausweisen, um eine Nummer von der Kassenärztlichen Vereinigung zu erhalten, die sie auf dem Onlineantrag eintragen konnten.
Nutzen können sie den eHBA bisher aber kaum. Denn die meisten Digitalisierungskonzepte dafür, wie die elektronische Patientenakte, sind noch nicht im Einsatz.
Elektronische Patientenakte
Spätestens bis zum 30.06.2021 sollten Arztpraxen die elektronische Patientenakte (ePa) für alle Patient*innen bereitstellen. Sonst drohte eine Strafe. Den ersten Schritt dafür haben viele bereits getan. Sie sind an die Telematikinfrastruktur angeschlossen, auf der die Daten sicher gespeichert werden sollen. Allerdings fehlt beinahe allen Praxen noch das Komponenten-Update, das für die ePa nötig ist. Bisher kann es nur von einem der drei Hersteller geliefert werden. Strafzahlungen sollen deshalb ausgesetzt werden, sofern das Update fristgerecht bestellt wurde.
Ein weiteres Problem scheint der Datenschutz zu sein. Die DSGVO schreibt klar vor, dass Patient*innen für sensible Daten nur freiwillig, zweckgebunden und für den Einzelfall eine Einwilligung erteilen können. Bei der ePa können bisher aber nur alle gespeicherten Informationen oder gar keine freigegeben werden. Expert*innen empfehlen deshalb, die Datenschutzerklärung entsprechend anzupassen.
Digitalisierung im Gesundheitswesen weiter (zu) langsam
Digitale Lösungen könnten im Gesundheitswesen vieles vereinfachen. In Deutschland liegen wir im Vergleich zu anderen Ländern schon weit damit zurück; und der Start verläuft weiter holprig. Fristen zu setzen, die technisch nicht eingehalten werden können, ist dabei wenig hilfreich. Viele Verbände kritisieren zudem die Strafzahlungen. Sie würden dem Ruf der neuen Technologien weiter schaden. Durch die Pandemie ist das Thema Digitalisierung außerdem in den Hintergrund gerückt oder wird wie beim digitalen Impfpass über den Kopf der Beteiligten hinweg entschieden.
Die Suche nach sinnvollen digitalen Wegen für die Gesundheitsbranche bleibt also auch 2021 eine Großbaustelle. Ob die Ideen dann wirklich bald umgesetzt und von den Patient*innen angenommen werden, kann wohl nur die Zukunft zeigen.