Liquidität für die Arztpraxis: Welche Finanzierungsmöglichkeiten gibt es?

Die Finanzierungsmöglichkeiten für Ihre Praxis sollten Sie genau durchrechnen.
Die Finanzierungsmöglichkeiten für Ihre Praxis sollten Sie genau durchrechnen. | © © mrmohock – stock.adobe.com

Die Übernahme einer Arztpraxis oder die Eröffnung einer Gemeinschaftspraxis ist mit einem hohen Aufwand verbunden. Bei einem solchen Vorhaben gilt es, rechtzeitig eine solide Finanzierung auf die Beine zu stellen. Neben den Anfangsinvestitionen bildet der laufende Betrieb einer Arztpraxis einen weiteren Kostenfaktor. Neue Investitionen erfordern, dass Sie neben den eigenen Mitteln, die Sie in die Arztpraxis einbringen, nach anderen geeigneten Finanzierungsmöglichkeiten suchen. Außer der Aufnahme eines Bankkredits können Sie sich z. B. für das Factoring oder das Leasing von Investitionsgütern entscheiden. Alternativ bietet sich eine Einkaufsfinanzierung oder die Beantragung von Fördermitteln an. Was sich hinter den einzelnen Finanzierungsoptionen verbirgt und mit welchen Vor- und Nachteilen diese verbunden sind, erfahren Sie in diesem Beitrag.  

Liquidität für die Arztpraxis: Warum ist eine solide Finanzierung wichtig?

Wie bei jeder anderen Existenzgründung spielt eine solide Finanzierung auch für das Bestehen einer eigenen Arztpraxis eine wichtige Rolle. Übernehmen Sie die Praxis eines Berufskollegen oder einer Berufskollegin, wird dieser bzw. diese Ihnen einen Verkaufspreis nennen, der dem aktuellen Praxiswert entspricht. Daneben ergeben sich aber weitere Investitionen, etwa weil die Geräte der Praxis nicht mit dem technischen Fortschritt mithalten können oder nicht zu dem Angebot passen, das Sie Ihren Patienten anbieten wollen. Möchten Sie bestimmte Untersuchungen –z. B. das Röntgen oder eine Sonographie – durchführen, müssen Sie über ein geeignetes Gerät verfügen. Die Anschaffung ist mit Kosten verbunden, die die Liquidität Ihrer Arztpraxis negativ beeinflussen.

Unabhängig davon, ob Sie eine Praxisübernahme finanzieren, die Maßnahmen für ein innovatives Praxismarketing umsetzen oder Kapital für eine zusätzliche Investition benötigen, machen Sie sich auf die Suche nach einer geeigneten Finanzierungsmöglichkeit. Hier gilt es, die Vor- und Nachteile von verschiedenen Optionen gegeneinander abzuwägen. Überdies haben Sie noch einen weiteren Aspekt im Blick: Zwischen der Behandlung der Patienten und dem Honorar, das Sie von den Krankenkassen erhalten, entsteht ein Zeitraum, der ebenfalls finanziell abgesichert werden muss.

Haben Sie alle Aspekte einer soliden Finanzierung bedacht, können Sie die Liquidität Ihrer Arztpraxis für lange Zeit stabilisieren. Dies ist das beste Mittel, um einer Praxisinsolvenz vorzubeugen.       

Finanzierung aus eigenen Mitteln

Die Finanzierung aus eigenen Mitteln setzt sich aus mehreren Faktoren zusammen. Neben dem Barkapital, das Sie auf dem Sparbuch oder Ihrem Konto haben, gehören hierzu z. B. der Rückkaufswert Ihrer Lebensversicherung, Aktien oder das Geld aus einem Bausparguthaben.

Sind Sie nach einer Erbschaft Eigentümer einer Immobilie geworden, können Sie mit dem Verkauf des Hauses zusätzliche Mittel freisetzen. Beachten Sie, dass Sie eine zuvor vermietete (fremdgenutzte) Immobilie nur steuerfrei veräußern können, wenn Sie die zehnjährige Spekulationsfrist eingehalten haben. Eine rein selbstgenutzte Wohnung (z. B. von den Eltern) können Sie immer steuerfrei verkaufen.  

Die Finanzierung aus eigenen Mitteln sollte nicht planlos erfolgen. Haben Sie im Fokus, dass Sie einen bestimmten Betrag benötigen, um sich für die Zeit nach Ihrer Praxistätigkeit finanziell abzusichern. Deshalb bietet es sich an, schon in jüngeren Jahren, den Vermögensaufbau strukturiert zu planen. Wissen Sie, wie Sie Ihren Lebensstandard im Alter halten können, ermitteln Sie, welchen Betrag Sie aus eigenen Mitteln zur Verfügung stellen können, um den Kauf und den Betrieb einer Arztpraxis zu finanzieren.

Finanzierung durch Aufnahme eines Bankkredits

Können Sie einen bestimmten Betrag aus eigenen Mitteln zusteuern, lässt sich der Restbetrag z. B. über die Aufnahme eines Bankkredits finanzieren. Um diesen zu erhalten, müssen Sie die folgenden Voraussetzungen erfüllen:

  • Sie sind mindestens 18 Jahre alt.
  • Ihr Wohnsitz befindet sich in Deutschland.
  • Sie verfügen über eine ausreichende Bonität, um den Kredit zu den Fälligkeitsterminen zurückzuzahlen.

Die Aufnahme eines Bankkredits ist für Sie mit der Rückzahlung der gesamten Kreditsumme und der zusätzlich anfallenden Zinsen verbunden. Um sich diese Form der Fremdfinanzierung leisten können, sollten Sie die folgenden Punkte im Blick haben:

  • Sie ermitteln Ihr aktuelles Finanzbudget und stellen fest, ob Sie die gesamte Summe für die Kreditrückzahlung regelmäßig aufbringen können.
  • Sie prüfen, wie vertrauenswürdig der Kreditgeber oder die Kreditgeberin ist. In der Regel kommt hierfür die eigene Hausbank in Betracht.
  • Sie machen sich über die Konditionen des Kreditvertrages kundig. Achten Sie darauf, dass die Laufzeit und die Höhe der Zinsen zu Ihrem Finanzbudget passen.
  • Sie loten weitere Möglichkeiten – z. B. eine Bürgschaft – aus, um den Kredit abzusichern.

Optimal stellt es sich für Sie dar, wenn Sie vor dem Abschluss eines Kreditvertrages mehrere potenzielle Kreditgeber:innen kontaktieren und sich für die günstigste Alternative entscheiden.  

Finanzierung durch Factoring

Alternativ oder zusätzlich zu der Aufnahme eines Bankkredits können Sie eine solide Finanzierung Ihrer Arztpraxis mit dem Factoring in die Wege leiten. Hierbei entscheiden Sie sich dazu, eine oder mehrere offene Forderungen an ein Factoring-Institut abzutreten.

An das Factoring werden unterschiedliche Voraussetzungen geknüpft. So sollte Ihre Arztpraxis länger als sechs Monate am Markt sein und über einen Mindestumsatz von 5.000 Euro verfügen. Das Factoring ist für Ihre Praxis nicht geeignet, wenn Sie überwiegend Privatpatienten und Privatpatientinnen behandeln und bei der Rechnungsstellung die Leistung noch nicht komplett erbracht wurde.  

Der Vorteil des Factorings besteht für Sie darin, dass das Risiko eines Forderungsausfalls auf das Factoring-Unternehmen übergeht. Sie bekommen umgehend das Geld, mit dem Sie die Liquidität Ihrer Arztpraxis stabilisieren können.

Der Nachteil des Factorings ist, dass Ihnen die Dienstleistungen nicht kostenlos zur Verfügung gestellt werden. Hinsichtlich der Kosten gilt es, unterschiedliche Angebote im Blick zu haben. Die Gebühren eines Factoring-Unternehmens liegen zwischen 0,2 % und 2,5 % der Forderung, die eingetrieben werden soll. Daneben müssen Sie mit zusätzlichen Kosten für die Überprüfung der Bonität rechnen.   

Finanzierung durch Leasing

Der laufende Betrieb einer Arztpraxis erfordert, dass Sie sich mit der Anschaffung von medizinischen Geräten immer auf dem neusten Stand halten. Das Problem stellt hierbei die Finanzierung dar. Die Kosten müssen außerplanmäßig aufgewendet werden und sprengen nicht selten das kalkulierte Finanzbudget.

Gehen Sie einen anderen Weg, entscheiden Sie sich dazu, ein benötigtes Gerät zu leasen. Hierbei wird Ihnen das Gerät für einen bestimmten Zeitraum zur freien Nutzung überlassen. Dies ist für Sie mit den folgenden Vorteilen verbunden:

  • Es findet keine Kapitalbindung statt. Die gezahlten Leasingraten können in voller Höhe als gewinnmindernde Betriebsausgabe geltend gemacht werden.
  • Sie erhalten die stabile Liquidität Ihrer Praxis, weil Sie keine hohen Investitionskosten tätigen müssen.
  • Die Leasingraten zahlen Sie monatlich im gleichen Umfang. Dies bietet Ihnen für den Ablauf Ihres Praxisalltags eine höhere Planungssicherheit.

Die Nachteile des Leasings lassen sich mit den folgenden Punkten zusammenfassen:

  • Sie erlangen nicht das rechtliche Eigentum an dem Leasinggegenstand. Dies bedeutet, dass Sie es z. B. nicht weiterverkaufen können.
  • Vor Ablauf der vereinbarten Leasinglaufzeit ist die Kündigung des Vertrages in der Regel nicht möglich.
  • Bei der Rückgabe des Leasinggegenstandes kann es zu Problemen kommen, wenn sich das Gerät nicht mehr in einem ordnungsgemäßen Zustand befindet. In diesem Fall kann der Leasinggeber einen Schadenersatz geltend machen, der dem aktuellen Zeitwert des überlassenen Gegenstandes entspricht.   

Finanzierung durch Einkaufsfinanzierung

Bei der Einkaufsfinanzierung schließen Sie mit einem bankenunabhängigen Zwischenhändler ein Handelsgeschäft ab. Der oder die Anbieter:in begleicht Ihre ausstehenden Rechnungen innerhalb des festgelegten Fälligkeitsrahmens. Als Ausgleich erhält er oder sie eine Finanzierungsgebühr, die ebenfalls zu einem bestimmten Zahltag fällig wird.

Mit der Einkaufsfinanzierung lassen sich für Sie die folgenden Vorteile verbinden:

  • Unabhängig von den Geldeingängen sichern Sie sich die Liquidität Ihrer Praxis.
  • Abhängig von dem oder der jeweiligen Anbieter:in kann das Zahlungsziel für mehrere Monate verlängert werden.
  • Sie nutzen die Vorteile von Skonti und anderen Preisnachlässen.
  • Bei einer vorzeitigen Tilgung wird keine Vorfälligkeitsentschädigung fällig.

Als Nachteil der Einkaufsfinanzierung lässt sich festhalten, dass diese nicht für die Zahlung von Gehältern oder Mieten geeignet ist. Außerdem müssen Sie höhere Kosten einkalkulieren, wenn Sie die Zahlung der Finanzgebühr verspätet leisten.

Finanzierung durch Fördermittel

Die Beantragung von Fördermitteln stellt eine weitere Möglichkeit zur Praxisfinanzierung dar. Für ein optimales Vorgehen ermitteln Sie zunächst, welchen Kapitalbedarf Sie für die Übernahme einer Praxis oder eine Anschaffung benötigen. In Zusammenarbeit mit Ihrem oder ihrer Finanzberater:in – z. B. dem oder der Sachbearbeiter:in Ihrer Hausbank – erarbeiten Sie einen Finanzplan und stellen die Förderungsmöglichkeiten zusammen, die in Betracht kommen. Anschließend wählen Sie die für Sie günstigste Alternative aus. Sobald die Bank in Ihrem Namen den Antrag gestellt hat und dieser bewilligt wurde, wird Ihnen von der Förderstelle – dies kann z. B. die KfW-Bank sein – ein Vertragsabschluss angeboten.

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