Burnout bei Ärzten: Diagnose und Behandlung

Ein erschöpfter Arzt liegt mit einem Stethoskop in der Hand auf einem Tisch. Der Arzt trägt eine blaue Krankenhausschürze und scheint nach einem langen Arbeitstag eingeschlafen zu sein. Die Szene vermittelt Müdigkeit und Überarbeitung.

Auch wenn es sich nicht so anfühlt: Den größten Schritt haben Betroffene bereits vor der Diagnose Burnout getan. Denn Sie haben die Anzeichen und Symptome erkannt und das Problem angenommen. Viele medizinische Experten und Expertinnen gehen zunächst davon aus, dass sie den Burnout selbst wieder in den Griff bekommen. Je nach Ausprägung kann das auch tatsächlich der Fall sein. Dennoch ist es wichtig, sich Hilfe von außen zu holen. „Sie sollten zumindest Leute, die Ihnen nahestehen, fragen, ob sie eine Veränderung in der letzten Zeit bemerkt haben“, erläutert Dr. med. Thomas Bergner. Der ehemalige Dermatologe beschäftigt sich seit über 35 Jahren mit mentaler Gesundheit und hat Menschen aller Berufsgruppen überwiegend zum Thema Burnout beraten. Neben Ratgebern und Sachbüchern hat er auch vier Fachbücher rund um den Alltag von Mediziner:innen veröffentlicht, darunter Burnout bei Ärzten: Zwischen Lebensaufgabe und Lebens-Aufgabe und Mentale Gesundheit für Ärzte und Psychotherapeuten.

„Selbstmedikation, von der auch ich nicht gefeit bin, verplempert nur Zeit. Die Situation wird dadurch eher schlechter als besser“, stellt Dr. med. Thomas Bergner klar. „Deshalb ist es wichtig, sich einen Spiegel für die Situation zu suchen.“

Was hilft bei einem Burnout?

Die Ursache für den Burnout sind laut WHO belastende Lebensumstände. Bei medizinischem Fachpersonal treten diese oft im Beruf auf. Das private Umfeld kann sie aber ebenfalls auslösen oder unterstützen. Betroffene müssen deshalb Strategien finden, mit großer Belastung umzugehen.

Dafür ist es zunächst wichtig, entsprechende Situationen zu kennen und die Gefühle zu benennen. Frust, Trauer, Wut oder Erschöpfung werden während eines Burnouts oft nicht mehr wahrgenommen oder zu spät beantwortet. Betroffene müssen sie als Warnsignale erkennen und eine Pause einlegen. Dabei ist es entscheidend, die Grundbedürfnisse des Körpers zu stillen. Neben Essen und ausreichend Schlaf kann das auch der Wunsch nach sozialer Nähe oder Spaß sein.

In den meisten Fällen ist für die Behandlung des Burnouts aber eine radikale Änderung nötig. Die Lebensumstände müssen nachhaltig angepasst werden, damit es nicht mehr so häufig zu belastenden Situationen kommt.

Dr. med. Thomas Bergner empfiehlt zudem, die eigene Vergangenheit zu beleuchten: „Burnout wird immer im Kontext mit äußeren Anforderungen gesehen. Wenn Sie sich intensiver mit Betroffenen befassen, sehen Sie aber oft auch ein ungelöstes Thema aus der Kindheit, etwa ein Bindungsverlust oder ein Nahtoderlebnis. Natürlich sind 60 Stunden Arbeit in der Woche belastend. Sie sollten sich aber auch fragen, warum jemand eigentlich so viel arbeitet.“

Burnout-Test: Sind Sie wirklich betroffen?

Selbsttests aus dem Internet können einen ersten Anhaltspunkt geben, sollten Sie den Verdacht auf einen Burnout haben. Für eine sichere Diagnose sollten Sie einen der offiziellen Fragebögen, etwa Maslach Burnout Inventory (kurz MBI) oder Tedium Measure, auch  Burnout Measure, beantworten und von einer entsprechend geschulten Person auswerten lassen. Diese Burnout-Tests decken einen Großteil der Symptome ab. Zudem können sie wichtige Hinweise für eine eventuelle psychiatrische Behandlung geben.

Zu welchen Arzt sollte ich bei einem Burnout gehen?

Die erste Anlaufstelle kann auch bei einem Burnout Ihr Hausarzt oder Ihre Hausärztin sein. Neben den mentalen Auswirkungen berichten Betroffene von teilweise schwerwiegenden körperlichen Symptomen. Diese sollten unbedingt ärztlich abgeklärt werden, denn dahinter kann auch eine andere, weitere Ursache stecken, die behandelt werden sollte.

Zudem sind Allgemeinmediziner:innen bei mentalen Beschwerden oft ein guter Startpunkt. Denn diese gehören – auch wenn sie für viele noch ein Tabuthema sind – zu ihrer täglichen Arbeit. In der Regel sind Sie nicht der erste Patient oder die erste Patientin, die mit einem Burnout auf dem Behandlungsstuhl sitzt. Hausärzte und Hausärztinnen können Ihnen deshalb weitere Anlaufstellen und die nächsten Schritte nennen. Langfristig ist für eine Burnout-Behandlung in aller Regel dennoch ein Besuch beim Psychologen oder Psychiater nötig. Wer möchte, kann sich deshalb auch direkt dort beraten lassen.

Was passiert, wenn mein Hausarzt mir nicht weiterhelfen kann?

Viele Betroffene haben Angst, dass Ihnen der Arzt nicht glaubt, wenn sie von Ihrem Burnout berichten. Diese ist allerdings oft unbegründet. Hausärzte und -ärztinnen in Deutschland sind in den meisten Fällen die erste Anlaufstelle für psychosomatische Symptome. Sie kennen sich damit aus und können in der Regel sehr gut einschätzen, was den Patienten und Patientinnen helfen kann. Eine erste Krankschreibung, um Ruhe im Alltag zu finden, ist in den meisten Praxen ohne herablassende Kommentare oder ausufernde Erklärungen zu bekommen.

Können Sie dennoch mit Ihren Symptomen nicht zum eigenen Hausarzt gehen, etwa weil Sie beruflich mit ihm zusammenarbeiten, haben Sie auch für diese Diagnose und Behandlung freie Arztwahl. So kann vielleicht ein anderer Hausarzt in der Nähe weiterhelfen. Zusätzlich gibt es Allgemeinarztpraxen, die selbst psychotherapeutisch Arbeiten oder eigene Therapeuten und Therapeutinnen in der Praxis beschäftigen. Daneben können Sie sich direkt bei einem Psychologen oder Psychotherapeuten melden.

Wie sieht die Therapie bei einem Burnout aus?

Ein Burnout äußert sich bei jedem Patienten und jeder Patientin individuell. Die Therapie kann also ganz unterschiedlich aussehen. In der Regel brauchen Betroffene nach der Diagnose allerdings zunächst eine Auszeit. Diese kann wenige Tage oder auch mehrere Wochen andauern. Danach folgt oft eine Verhaltenstherapie. Auch Gruppensitzungen oder Gesprächstherapien sowie der Einsatz von Medikamenten sind möglich.

Wie lange Sie bei einem Burnout ausfallen, ist nicht vorhersehbar. Manche Betroffene kehren schnell an den Arbeitsplatz zurück und kommen mit einer ambulanten Therapie gut zurecht. Andere fühlen sich in einer Tagesklinik oder stationär besser aufgehoben. Manche entscheiden sich auch nach der Therapie neue (berufliche) Wege zu gehen. Ziel der Behandlung ist es, den Alltag umzugestalten und mit belastenden Situationen anders umzugehen. Deshalb stehen am Ende eines Burnouts meist signifikante Veränderungen für die Betroffenen.

Ein Beitrag von unserer Redakteurin Elisabeth Maußner.

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