Beschwerdemanagement in der Arztpraxis

Ein Mann im blauen Hemd schreit und gestikuliert aufgeregt, während er mit einer Krankenschwester in hellblauer Uniform spricht, die auf ein Klemmbrett blickt. Die Stimmung ist angespannt und der Mann wirkt verärgert.

PatientInnen, die sich beschweren, nehmen wir im ersten Moment als störend wahr. Tatsächlich können Sie und Ihre Praxis aber von Ihnen profitieren. Denn wer sich beschwert, wechselt nicht einfach den Arzt oder macht dem Ärger im Freundes- und Bekanntenkreis Luft. Vielmehr gibt es Ihnen die Möglichkeit, die Abläufe in der Praxis für alle PatienInnen zu verbessern.

Wenn also das nächste Mal jemand wutschnaubend vor Ihnen steht, gilt es, souverän zu reagieren. Eine schwierige Aufgabe, die vorbereitet werden sollte. Nehmen Sie sich deshalb ruhig etwas Zeit, Ihr Beschwerdemanagement vorzubereiten. Nur so kann es Ihnen und den KollegInnen dabei helfen, ruhig zu bleiben.

Beschwerdemanagement – Das sind die wichtigsten Regeln

Das Beschwerdemanagement in Ihrer Praxis kann aufwendig und umfassend sein oder nur einen kleinen Regelkatalog enthalten. Wichtig ist vor allem, dass sie eines haben und alle MitarbeiterInnen es kennen. Grundlage dabei sind einige wichtige Regeln:

  1. Beschwerde als Chance

    Die Beschwerde als Chance sehen – das ist ein geflügelter Satz im Beschwerdemanagement. In der Praxis ist das allerdings gar nicht so einfach. Denn wenn jemand wütend vor Ihnen steht, ist das für die meisten von uns schwer zu ertragen. Schulungen, bei denen Sie lernen, mit emotionalen Situationen und aufgeregten PatientInnen umzugehen, helfen enorm, diese zu meistern.
    Entscheidend ist außerdem, sich klarzumachen: Eine Beschwerde in der Praxis richtet sich nicht an Sie persönlich. Eventuell haben Sie und Ihr Team die Abläufe noch nicht perfektioniert, manchmal sorgen auch die äußeren Umstände für Reibungspunkte, Sie und Ihre Persönlichkeit stehen aber gerade nicht auf dem Prüfstand.

 

  1. Möglichkeiten zum Beschweren schaffen

    Bis sich PatientInnen lautstark bei Ihnen beschweren, muss tatsächlich eine ganze Menge passieren. In der Regel schlucken wir unseren Ärger nämlich einfach herunter oder lassen ihn erst zu Hause raus. Im schlimmsten Fall erzählen PatientInnen dann all ihren Bekannten davon oder hinterlassen wütende Kommentare im Internet.
    Es kann deshalb sehr nützlich sein, die Kommunikation auch für Kritik offenzulassen. Manche Praxen stellen dafür etwa eine Art Kummerkasten unter dem Motto „Was können wir verbessern?“ auf. Andere nutzen Bewertungsbögen im Wartezimmer oder fragen persönlich nach Feedback. Auch eine spezielle E-Mail-Adresse oder einfach der Satz „Wir freuen uns über Ihre Verbesserungsvorschläge" auf der Praxis-Website öffnen den Weg zu (konstruktivem) Austausch.

  2. Ansprechpartner festlegen

    Wütende PatientInnen machen Ihrem Ärger bei der nächstbesten Person Luft. Oft kann die aber besonders wenig ausrichten. Deshalb ist es ratsam, feste AnsprechpartnerInnen festzulegen. Sie sollten speziell darauf vorbereitet sein. Im Idealfall steht Ihnen ein separater Raum zur Verfügung, in dem sie sich der Aufgabe widmen können. Der Praxisalltag kann so wie gewohnt weiterlaufen.
    Nimmt sich eine Person zudem extra ihrer Beschwerde an, fühlen sich PatientInnen gleich ernst genommen. Damit haben Sie auch den nächsten Punkt abgehakt.

  3. Beschwerden ernst nehmen

    Beschwert sich jemand lautstark und greift dabei unter Umständen noch auf Beleidigungen zurück, reagieren wir oft automatisch abwehrend. Doch Abwehrhaltungen verschlimmern die Situation nur. Stattdessen sollten Sie PatientInnen zunächst die Gelegenheit geben, ihrem Ärger Luft zu machen. Anschließend geht es darum, durch gezieltes Nachfragen herauszufinden, was ihn verursacht hat: „Wenn ich Sie richtig verstehe, sind Sie verärgert, weil…“
  1. Zeigen, das nach der Beschwerde etwas passiert

    Am Ende des Gesprächs sollten Sie unbedingt die wichtigsten Punkte notieren. Erklären Sie den PatientInnen, was jetzt weiter passiert. Nicht alle Situationen können gelöst werden. Dennoch ist es wichtig zu zeigen, dass die Beschwerde etwas gebracht hat. Geben Sie dabei einen ehrlichen Ausblick, was die PatientInnen erwarten können. Manchmal kann ein Problem schon in zwei Wochen beim nächsten Teammeeting gelöst werden. Andere Situationen brauchen vielleicht länger oder müssen einfach im Blick behalten werden.
    Lässt sich eine Person gar nicht beruhigen, beziehen Sie diese direkt in die Problemlösung mit ein: „Was brauchen Sie jetzt von mir, um die Situation zu verbessern?“

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Die Vorteile von Beschwerdemanagement

Beschwerdemanagement ist aufwendig und bindet Ressourcen, die Sie eventuell an andere Stelle gebrauchen könnten. Dennoch profitieren Sie davon. Studien haben gezeigt, dass Personen, deren Beschwerden ernst genommen werden, besonders treu sind. Sie tragen ihr Lob nach außen und empfehlen die Praxis häufig weiter.

Zudem gibt Ihnen jede Beschwerde Einblicke in die Patientenperspektive. Das ist sehr wertvoll, denn die Abläufe in der Praxis werden ja von Ihnen und Ihren Kollegen aus der anderen Sicht heraus geplant. Dabei ist es nur natürlich, dass Sie nicht alle Eventualitäten bedenken können. In manchen Fällen führt eine Beschwerde sogar dazu, dass die Situation für alle Beteiligten verbessert werden kann.

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