Links, rechts oder beide – Welche Rolle spielt die Händigkeit?

Max ist Rechtshänder. Der Zweitklässler malt, schreibt, schneidet und macht auch ansonsten fast alles mit seiner rechten Hand. Die Eigenschaft, Rechtshänder zu sein wird ihn im Laufe seines Lebens nicht wirklich prägen, schließlich wächst er in einer Rechtshänder-Welt auf. Seine Klassenkameradin Luisa muss als Linkshänderin allerdings immer etwas flexibler sein. Während Luisa den Buchstaben schreibt, arbeitet ihr Gehirn anders als das von Max. Der Grund dafür ist Asymmetrie.

Was passiert im Gehirn von Rechts- und Linkshändern?

Unser Hirn besteht aus zwei Hälften, auch Hemisphären genannt, die durch das „Corpus callosum“, einen Balken, miteinander verbunden werden. Jeder Hemisphäre werden unterschiedliche Funktionen zugeschrieben. Wenn Max schreibt, übernimmt die linke Hirnhälfte die Steuerung seiner rechten Hand, der Prozess verläuft demnach asymmetrisch. Diese Lateralisierung, also Bevorzugung einer Seite, ist ein biologischer Kniff, der für uns von großem Vorteil ist. Unser Gehirn spart sich damit sozusagen „Wege“ und kann schneller und effizienter arbeiten. Ähnlich wie bei Gewohnheiten, über die wir auch nicht mehr groß nachdenken müssen. Bereits drei Monate alte Embryos bevorzugen beim Daumenlutschen eine Seite.

Neben Händig- und Füßigkeit werden weitere motorische Bereiche lateralisiert. Das Küssen zum Beispiel. Der Biopsychologe der Ruhr-Universität Bochum Prof. Dr. Dr. h.c. Onur Güntürkün stellte in einer Studie fest, dass sich mehr als 64 % aller Menschen beim Küssen nach rechts drehen.

Fakten über Händigkeit

Wie entscheidet sich, wer Links- oder Rechtshänder wird?

Max und Luisa entwickeln sich also mit unterschiedlichen Voraussetzungen. Weshalb es zwei Händigkeiten gibt und wie sie entstehen, beschäftigt Wissenschaftler aus aller Welt schon seit Jahrzehnten. Trotz umfangreicher Forschung bleiben viele Fragen unbeantwortet. Ein Grund, weshalb es mehr Rechtshändigkeit gibt, ist der evolutionäre Vorteil. Die dominantere linke Gehirnhälfte ist für Sprache und analytisches Denken zuständig, was wiederum höhere Präzision ermöglicht.

Vor allem die Entstehung von Linkshändigkeit, die sozusagen eine Spielart der Natur darstellt, ist Thema vieler Forschungsarbeiten. Während Prof. Dr. Dr. h.c. Onur Güntürkün und seine Kollegen in einer viel beachteten Studie das Rückenmark als entscheidend beschrieben, vermuten andere Wissenschaftler ein bestimmtes Chromosom, Testosteron oder Umwelteinflüsse wie vermindertes Vitamin D als mögliche Ursache von Linkshändigkeit. Hinweise darauf, dass das oben genannte „Corpus callosum“ bei Linkshändern größer ist, könnte ein Zeichen für die bessere Verknüpfung der beiden Hirnhälften sein.

Wie viele Linkshänder es in Deutschland gibt ist unklar, da die Definitionen sehr unterschiedlich sind. Die offizielle Annahme beträgt zehn bis 15 Prozent, wobei mehr Männer als Frauen eine dominante linke Hand haben. Im Lager der Linkshänder finden sich zudem sogenannte „Beidhänder“, die aber maximal ein Prozent der Bevölkerung ausmachen.

„Mit zwei linken Händen“ – Linkshändigkeit als Stigma

Ein weiterer Grund, weshalb sich über die Zahl der Linkshänder in Deutschland nur ungenaue Angaben machen lassen, könnten tief verwurzelte Vorurteile ihnen gegenüber sein. Sie suggerieren Linkshändigkeit als etwas Minderwertiges und führen dazu, dass viele Menschen ihre Händigkeit verschweigen. Viele von ihnen erlebten noch bei sich mit oder erfuhren von ihren Eltern, wie linkshändige Schüler mit brachialen Methoden zur Umschulung gezwungen wurden. Diese Stigmatisierung ist fest in unserer Sprache verankert und prägt unsere Kultur bis jetzt. So ist etwa die Rede von linkisch, jemanden links liegen lassen, zwei linken Füßen oder Händen – oder entgegengesetzt „Rechts“ als etwas Gutes wie dem „Herz am rechten Fleck“. Nicht nur sprachlich bestehen Benachteiligungen. Schulen, Instrumente, Autos und Konsumgüter: Die Welt ist nach „rechts“ ausgerichtet.

Kinder und Händigkeit – richtig fördern

Kinder zeigen schon in den ersten drei Lebensjahren deutlich, welche ihre dominante Hand ist. Eltern sollten dieses Zeichen auffangen und Förderung anbieten. Keinesfalls sollte versucht werden noch auf die andere Hand umzulenken. Eine Umerziehung ist bewiesenermaßen schädlich und kann weitreichende Folgen haben. Manche Kinder, die etwa ihren Löffel oder Stift immer auf der rechten Seite finden, schulen sich in jungen Jahren noch selbst um. Haben Sie Fragen zur Händigkeit Ihres Vorschulkindes, können Sie sich jederzeit an Beratungsstellen oder einen Ergotherapeuten wenden.

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