Baby Led Weaning – vielversprechende Alternative oder riskanter Trend?

Das aufregende erste Jahr im Leben eines Babys hält viele Meilensteine bereit. Das erste Wort und der erste Schritt werden ebenso mit Hochspannung erwartet wie der erste Löffel Brei. Nachdem das Kind die ersten Monate durch das Stillen der Mutter alle wichtigen Nährstoffe erhalten hat, ebnet sich nach und nach der Weg hin zur Beikost. Erste Anzeichen hierfür zeigen sich meist mit etwa fünf Monaten. Der Säugling sollte in der Lage sein, seinen Kopf alleine zu halten und mit leichter Unterstützung aufrecht sitzen. Interessiert sich das Kind für das Essen am Familientisch und ahmt Kaubewegungen nach, steht der Heranführung an Brei als Beikost nichts mehr im Wege.

Die Vorgehensweise ist so erprobt wie simpel: Ein bis zwei Gemüsesorten, meist Karotte und Kartoffel, machen den Anfang, bald gefolgt von Fleisch. Natürlich ist aller Anfang schwer, vom sprichwörtlichen ersten Löffel landet tatsächlich nur wenig im Mund. Denn das Schlucken und Kauen muss erst einmal geübt werden. Hier sind vor allem Geduld und eine positive Herangehensweise gefragt, um eine gestresste Atmosphäre zu verhindern. Doch wie so oft beim Lernen, stellen sich Erfolge erst nach und nach ein, manchmal endet ein Mittagessen gar in Geschrei und Frustration. Ist beispielsweise der Hunger zu groß, schwindet die Geduld des Babys schnell und es verlangt nach einfacher Sättigung durch die gewohnte Milch. 

(K)ein Löffelchen für Mama, …

Viele Eltern begeben sich nach häufiger Essensverweigerung ihres Schützlings auf die Suche nach einer Alternative zum altbewährten Karotte-Kartoffel-Fleisch-Brei. Dabei stoßen sie schnell auf einen Trend aus Großbritannien: „Baby Led Weaning“, abgekürzt BLW, beschreibt ein kindgeführtes Abstillen. Die Idee dahinter ist, dass das Kind sobald es reif ist, selbst entscheidet, was es sich in den Mund steckt. Und zwar nicht als Brei, sondern in Form gekochter Stücke. Bei den meisten Eltern läuten hier die ersten Alarmglocken auf. Zu groß ist die Angst vor dem Verschlucken. Laut Dr. Gill Rapley, Autorin und „Mutter des Baby Led Weaning“ ohne Grund. In ihren Richtlinien beschreibt sie die Vorgehensweise des BLW ebenso wie die physiologischen Hintergründe. Das Baby sei erst dann in der Lage, Nahrung im Mund zum Rachen zu befördern, wenn es auch fähig ist, sie zu kauen. Damit das Essen nicht sofort wieder aus dem Mund hinausbefördert wird, ist es unabdinglich, dass der sogenannte „Zungenstreckreflex“ verschwunden ist. Jeder Säugling ist von Geburt an mit diesem wichtigen Reflex ausgestattet. Er sorgt dafür, dass Fremdkörper nicht in den Mund gelangen können. Anders als bei der Beikost aus Brei muss das Kind zudem in der Lage sein, Essen selbst mit der Hand aufzunehmen und zum Mund zu führen. Diese Fähigkeiten führen dazu, so die Meinung der überzeugten Eltern, dass das Kind am Tisch weder gefüttert noch überwacht werden muss. Es wird so ein eigenständiger Bestandteil des Familienessens. Wichtigstes Element der „Baby Led Weaning“ Theorie ist, dass das Baby selbst entscheidet, ob es isst, was und wie viel davon.

Kinder und Jugendärzte zeigen sich besorgt

Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte e. V. (BVKJ) warnt deshalb vor Gefahren des „Baby Led Weanings“. Vor allem die fehlende Sicherstellung einer ausgewogenen Nahrungsaufnahme sieht der BVKJ kritisch. Bereits kurze Zeit nach dem Abstillen ist der körpereigene Eisenspeicher leer, das lebenswichtige Spurenelement muss also von außen zugeführt werden. Am einfachsten geht dies über tierische Produkte wie Fleisch. Das darin gebundene Eisen kann der Körper besonders gut aufnehmen denn es enthält den roten Blutfarbstoff Hämoglobin. Anders als Eisen aus pflanzlichen Lebensmitteln.  Durch eine ungünstige Kombination wie zum Beispiel mit Milch-, Soja- und Getreideprodukten kann sogar die Hemmung der Eisenaufnahme die Folge sein.  Wenn das Kind also wie beim BLW üblich, nur an einem Stück Fleisch saugt oder es gar links liegen lässt, nimmt es so gut wie kein Eisen auf.

„Die Mischung machts“

Der BKJV empfiehlt daher, sich an den Ernährungsplan des Forschungsinstituts für Kinderernährung (FKE) zu halten oder zumindest daran zu orientieren. Schrittweise werden Gemüse und Fleisch zugeführt, später auch Getreide und Obst. Die kontrollierte Abgabe kann zudem das Risiko einer Allergie oder Zöliakie verringern, einer Entzündung des Darms, welche durch das im Getreide enthaltene Gluten ausgelöst wird. Natürlich kann begleitend zur Beikosteinführung mit Brei „Fingerfood“ angeboten werden. Sobald der Säugling in der Lage ist, kleine Stücke Brot, Obst oder Gemüse zu kauen, darf er sich spielerisch daran versuchen. Das Baby kann so seine „Geschmackspalette“ erweitern. Mit etwa zehn Monaten ist es alt genug um mit etwas Hilfe an Familienmahlzeiten teilnehmen zu können.

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