Naturheilkunde Ayurveda- Ernährungslehre als Therapie

Ständige Vernetzung und Erreichbarkeit, laute Städte und immer mehr Stress. Besonders Stadtbewohner fühlen sich oft erschöpft, rastlos oder krank. Viele Menschen wünschen sich deshalb eine natürlichere Lebensweise und mehr Kontakt zu sich selbst, besonders wenn die Gesundheit darunter leidet. Alte medizinische Systeme wie Ayurveda versprechen Abhilfe und gewinnen damit auch in Europa Sympathisanten. 

Die indigene Heilkunst Indiens, die schon seit über 3000 Jahren und bis heute viele Anwender findet, ist überwiegend in südasiatischen Ländern wie Indien, Nepal und Sri Lanka verbreitet. Der Name Ayurveda ( आयुर्वेद ) leitet sich ab von den Sanskrit-Wörtern „veda“ für Wissen und „ayus“ für Leben. Die ursprünglichen Schriften des Ayurveda sind ebenfalls in Sanskrit verfasst, der Ursprache Südasiens. Für Interessierte gibt es sie heute in vielen Sprachen der Welt übersetzt.

Die Diagnose im Ayurveda

Wer sich krank fühlt, geht auch beim Ayurveda erst einmal zu einem Arzt oder Therapeuten. Per Blickdiagnose, Pulsmessung und einem Gespräch wird zu Beginn das „Dosha“ des Gegenübers ermittelt. Dosha steht für Lebensenergie. Jeder Mensch, so das Verständnis des Ayurveda, vereint diese Lebensenergien in einem ausgewogenen Gleichgewicht in sich, wobei meist ein bis zwei Typen überwiegen.

Die Doshas werden folgendermaßen kategorisiert:

  1. "Vata" : Wind, Luft, Äther (Bewegungsprinzip)
  2. "Pitta": Feuer, Wasser (Feuer-/Stoffwechselprinzip)
  3. "Kapha": Erde, Wasser (Strukturprinzip)

Auf die Ermittlung des Dosha folgt das Diagnosegespräch. Dabei handelt es sich um eine ganzheitliche Untersuchung von Puls, Urin, Zunge und den Augen. Diese ergibt nicht nur die Diagnose, sie verrät dem Behandelnden auch viel über die persönliche Konstitution des Patienten.

Die Therapie im Ayurveda

Die Diagnose ist der erste Schritt auf dem Weg zur Heilung. Krankheit definiert sich im Ayurveda als Ungleichgewicht der Doshas im Körper. Hat der Therapeut also ermittelt, welche Doshas vorherrschend sind, kann er entscheiden, welche Medikamente oder Behandlungen geeignet sind. Als Ursache des Ungleichgewichts nennen die Ärzte oft falsche Diäten, ungewünschte Angewohnheiten, Nichtbeachtung der Regeln für ein gesundes Leben (auch sie sind Teil des Ayurveda) und einiges mehr. Behandlungsweisen des Ayurveda zielen immer auf einen Ausgleich innerer Energien ab. Dabei helfen Ernährungstherapie, Ordnungstherapie, Pflanzenheilkunde und bestimmte Reinigungsverfahren. Neben Massagen, Yoga, Farb- und Musiktherapien hat vor allem „Panchakarma“ in den letzten Jahren auch außerhalb Asiens an Beliebtheit gewonnen. Dazu zählen:

  1. Fasten
  2. Bäder
  3. Einläufe
  4. Therapeutisches Erbrechen
  5. Aderlass

(Panchakarma ist Hindi und bedeutet panch = fünf und karma= Handlung.)

Die Ernährung im Ayurveda

Grundpfeiler aller Behandlungen ist und bleibt aber die Ernährungslehre da, so die ayurvedische Philosophie. Sie besagt, dass nur wirklich hochwertige Nahrung in exakter Menge zu wirklich hochwertigem Gewebe verstoffwechselt werden kann. Zudem beeinflusst jede zugeführte Nahrung oder Arznei, bestehend aus ihren verschiedenen Elementen, den Organismus.

Kurz gesagt: Iss gut, dann geht es dir gut.

Das klingt erst einmal einfach, die Regeln der ayurvedischen Diäten sind aber tatsächlich sehr streng:

  • Iss nur bei Hunger.
  • Iss erst wieder, nachdem du die letzte Mahlzeit verdaut hast.
  • Nimm die Hauptmahlzeit mittags zu dir, wenn deine Verdauung am stärksten ist.
  • Iss nie in unruhiger Gemütsverfassung. Iss nicht im Stehen und nie in Eile.
  • Iss dich nicht satt. „Nur zwei Hände voll“.
  • Koche dein Wasser ab und trinke es niemals kalt. Neben Wasser trinke Kräutertee, jedoch beides nur, wenn du Durst hast.
  • Unterdrücke niemals ein körperliches Bedürfnis, wie etwa Stuhlgang, Blasenentleerung, Luft in Magen/Darm, Gähnen oder Weinen.
  • Passe deine Lebensmittel an: Sie sollen frisch, regional und der Jahreszeit entsprechend sein, sowie zu deiner individuellen Konstitution passen.
  • In jeder Mahlzeit, die du zu dir nimmst, sollten alle sechs ayurvedischen Geschmacksrichtungen enthalten sein: süß, sauer, salzig, scharf, bitter, herb.

Neben diesen umfangreichen Regeln zum Essen an sich, gibt es außerdem eine Einteilung der Lebensmittel in drei Klassen, sprich „Guna“s:

  1. sattva: Milchprodukte, Getreide, Früchte, Gemüse (Süß, salzig, ölig; Verlängern die Lebensdauer, optimieren Lebensgefühl)
  2. rajo: Chilli, Zwiebel, Knoblauch (Bitter, sauer, salzig, scharf, heiß, trocken; Erhitzen Körper und Geist, verursachen Aggressionen)
  3. tamo: Fleisch, Fisch, Geflügel (Entziehen viel Energie, können Ursache von Schmerzen und Krankheiten sein)

Entgegen vieler Gerüchte ist die ayurvedische Ernährung keinesfalls vegetarisch, auch legt sie keinen allzu großen Wert auf den Verzicht von Alkohol. Passend muss sie eben sein.

Liebe das Essen

Hat man also einmal herausgefunden, was gut zu den eigenen Bedürfnissen passt, fängt der spaßige Teil des Essens an. Und das ist wörtlich gemeint. Denn die sattvische Ernährung, also eine ausgewogene Ernährung nach Ayurveda, sollte immer im Kreise anderer Menschen erfolgen. Die Speise sollte mit Freude und Liebe gekocht und verzehrt werden.

Essen als Erlebnis also und der Ayurveda geht sogar noch einen Schritt weiter. So ist nämlich, die Esstechnik ebenfalls erklärt. Sie sollte bestenfalls alle fünf verschiedenen Funktionen enthalten: beißen, saugen, kauen, lecken und schlucken. Das klingt nun doch wieder alles sehr theoretisch und soll aber den Essenden einfach nur wieder an den Beginn seines Lebens erinnern. Als er nämlich noch bewusst essen gelernt und genossen hat. In Ruhe essen, ohne Fernseher, ohne Smartphone, ohne Hektik. Oder anders formuliert: ganzheitliches Essen als Therapie.

Kritik

Ernährung im Sinne des Ayurveda ist in weiten Teilen Europas noch nicht etabliert, das Interesse daran wächst aber stetig. Erste ayurvedische Restaurants haben in den Metropolen geöffnet. Aber anders als in Asien, wo Ayurveda wissenschaftlich gelehrt wird und von der Bevölkerung als ärztliches System akzeptiert ist, findet diese Heilkunst in Europa eben vor allem im gastronomischen oder Wellnessbereich Anwendung. Die medizinische Wirkung ist nach wie vor sehr umstritten, da sie mit dem Prinzip der evidenzbasierten Medizin und westlichen naturwissenschaftlichen Erkenntnissen im Allgemeinen kaum vereinbar ist.

Kritik kommt auch vonseiten hochrangiger Ärzte in Deutschland, wie etwa dem Chefarzt einer Hamburger Klinik. Zahlreiche medizinische Berichte belegen lebensgefährliche Vergiftungen durch Schwermetalle in ayurvedischen Medikamenten oder Produkten und teils eklatante neurologische Schäden. Unzureichende Kontrollen der Arzneien im Herstellungsland Indien bezüglich des Gehalts von Metallen wie unter anderem Blei oder Quecksilber sind eine Ursache dafür. Trotz jüngster Verweise auf „strenge Richtlinien“ auf den Websites der Firmen, darunter vielen amerikanischen, finden sich immer noch erschreckend hohe Anteile von Schwermetallen in den Produkten, wie ein Test amerikanischer Forscher ergab. Diese Waren gibt es in Deutschland nicht zu kaufen.                                                                                                

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