Antikörper gegen Covid-19 – was ist die Plasmatherapie?

Deutschland hat bisher, auch bedingt durch die strikten Auflagen von Bundesregierung und Ländern, einen vergleichsweise milden Verlauf der Corona-Pandemie erlebt. Die Zahl der täglichen Neuinfektionen hat sich in den letzten Wochen immer weiter verringert und damit auch zur Lockerung der Ausgangsbeschränkungen beigetragen. Doch neben den häufig leichten Krankheitsverläufen gibt es Menschen, bei denen die Erkrankung einen lebensgefährlichen Weg einschlägt. Um diesen Betroffenen zu helfen, bis eine wirksame Impfung vorhanden ist, wird intensiv an verschiedenen Behandlungsmöglichkeiten geforscht. Eine davon, die Plasmatherapie mit Antikörpern, wird aktuell immer häufiger bei schwer erkrankten Covid-19 Patienten eingesetzt.

So bilden sich Antikörper im Blut

Um die Plasmatherapie durchführen zu können, wird eine hohe Zahl spezifischer Antikörper benötigt. Wie bei sehr vielen Viruserkrankungen werden sie auch bei einer SARS-CoV-2 Infektion gebildet, sobald die Viren in den Körper eindringen und vom Immunsystem abgewehrt werden. In der Folge entstehen spezialisierte Abwehrstoffe, die sich an bestimmten Eiweißstoffen, zu finden auf der Außenhülle des Virus, festsetzen und dadurch eine weitere Vermehrung verhindern können.
Auch nachdem die Krankheit erfolgreich überwunden ist, können bleiben die Antikörper erhalten bleiben und dadurch auch in Zukunft für Schutz sorgen.

Ablauf der Plasmatherapie

Diese körpereigenen Abwehrstoffe nutzen aktuell immer mehr Mediziner, um schwer kranke Covid-19 Patienten zu behandeln. Um die Antikörper für eine Therapie zu nutzen, müssen sie zunächst aus dem Blut genesener Personen extrahiert werden.
Mithilfe einer speziellen Maschine, der Plasmapherese-Maschine, ist es möglich, das Blutplasma von den anderen Bestandteilen des Blutes zu trennen, es in separaten Behältern aufzufangen und das restliche Blut wieder in den Körper zurückzuleiten. Jeder Spender gibt, je nach Körpergröße und Statur, zwischen 600 und 850 ml Blutplasma ab. Damit können bis zu drei Menschen versorgt werden.

Bevor das herausgefilterte Plasma jedoch einem Intensivpatienten verabreicht werden kann, sind mehrere Labortests nötig. Hier wird besonders auf übertragbare Krankheiten, wie etwa HIV oder Hepatitis, geprüft. Sobald es freigegeben ist, kann es einem Patienten mithilfe einer Venentransfusion verabreicht werden. Mediziner weltweit haben die Hoffnung, dass die SARS-CoV-2 Antikörper sich bei schwerkranken Personen ebenfalls als an das Virus binden und so die Heilung vorantreiben.

Wer kommt als Plasmaspender infrage?

Aktuell ist die Zahl der möglichen Spender für eine Covid-19 Plasmatherapie noch stark begrenzt. Um überhaupt dafür infrage zu kommen, müssen einige Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Ein nachgewiesener, positiver, Test auf Covid-19.
  • Eine mindestens zweiwöchige Gesundung von Covid-19, die durch zwei zeitversetzte Tests belegt wird.
  • Eine optimale Konzentration von Antikörpern im Blut. Diese wird im Labor überprüft.

Eine leichte Nebenwirkung der Plasmaspende ist, dass Spender dadurch, zeitweise, einen Teil ihrer Immunabwehr verlieren. Die während der Spende abgegebenen Antikörper werden vom Körper jedoch nachproduziert, wodurch die Schwächung des Immunsystems kein dauerhafter Zustand ist.

Risiken einer Plasmatherapie

Bei der Plasmatherapie handelt es sich um eine junge Therapieform bei Viruserkrankungen. Dementsprechend fehlen aktuell noch umfassende klinische Studien, die Wirkungen und Nebenwirkungen genau dokumentieren.
Aufgrund dieser fehlenden Erkenntnisse können Risiken bei der Behandlung nicht endgültig ausgeschlossen werden, weshalb sie zurzeit nur bei extrem schweren Krankheitsverläufen eingesetzt werden darf.

Das generelle Verfahren der Blutsplasmaspende und der Einsatz der Plasmabestandteile in der Medizin dagegen ist in Deutschland nichts Neues. Seit vielen Jahren existieren Plasmacenter, in denen Freiwillige ihre Spende abgeben können. Für den Einsatz als Therapie bei Covid-19 fehlt aktuell noch die offizielle Zulassung und deshalb darf sie nur in einer Katastrophensituation wie der gerade eben vorherrschenden, eingesetzt werden. Es laufen jedoch immer mehr klinische Studien an, um der Behandlung wissenschaftlich zu überprüfen.

Studienergebnisse aus dem Ausland machen Hoffnung

Um flächendeckend als Behandlungsmöglichkeit anerkannt zu werden, sind die Ergebnisse dieser Studien unabdingbar. Dabei erfolgt der Einsatz von Blutplasma und den darin enthaltenen Antikörpern bereits seit über 100 Jahren. Zu Zeiten der Spanischen Grippe wurde ein Vorgänger der Therapie genutzt und während der Ebola-Epidemie in Westafrika konnten mithilfe der Behandlung mehrere Menschenleben gerettet werden. Auch bei anderen Coronaviren wie SARS-1 und MERS kam sie erfolgreich zum Einsatz.

Diese positiven Erfahrungswerte der Vergangenheit und die Ergebnisse einer ersten Pilotstudie im chinesischen Shenzhen machen Forschern weltweit Mut, dass die Plasmatherapie helfen kann.
Die Ergebnisse der Fallstudie zeigen, dass drei der fünf Patienten nach der Therapie aus dem Krankenhaus entlassen werden konnten. Auch in Deutschland laufen dazu immer mehr Studien an, zum Beispiel an der Medizinischen Hochschule Hannover und dem Universitätsklinikum Erlangen. Weltweit haben Mediziner die Hoffnung, dass, positive klinische Tests vorausgesetzt, die Plasmatherapie die Zeit bis zu einem Impfstoff erfolgreich überbrücken kann.

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