Burnout bei Ärzten vorbeugen

Spätestens seit der Corona-Pandemie ist die Belastung von Ärzten, Ärztinnen und medizinischem Personal in aller Munde. Personalmangel, herausfordernde Aufgaben und ungünstige Arbeitsbedingungen werden in der breiten Bevölkerung diskutiert. Für die Betroffenen ist das eine positive Entwicklung, die vielleicht schon lange nötige Veränderungen herbeiführt. Doch die hohen Burnout-Zahlen in der Ärzteschaft und unter medizinischem Personal haben noch viele weitere Ursachen, die Sie auch persönlich beeinflussen können.

Risikofaktor medizinischer Beruf

Selten ist ein Burnout auf eine einzige Ursache zurückzuführen. Vielmehr ist es eine Ansammlung vieler Faktoren, die am Ende zur Überlastung führen. Dr. med. Thomas Bergner, der sich schon seit über 35 Jahren mit den Themen mentale Gesundheit und Burnout beschäftigt, sieht vor allem drei Aspekte, die medizinisches Personal gefährdeter machen:

„Zunächst müssen Sie sich anschauen, wer dazu neigt, sich beruflich im Gesundheitswesen zu engagieren. Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass es sich tendenziell um Menschen handelt, die eher eine narzisstische Persönlichkeitsstruktur haben. Sie haben hohe Ansprüche an sich selbst und leiden unter Umständen am sogenannten Helfersyndrom. Das bedeutet, sie helfen, um ihre Machtposition auszubauen. Allerdings sind Erkrankungen selbst oft mächtiger als der Mensch. Im Laufe der Jahre werden Menschen im Gesundheitswesen also immer wieder mit ihrer eigenen Ohnmacht konfrontiert.

Daneben ist der Inhalt der Tätigkeiten, Leiden, Krankheit und Tod, nicht wirklich aufbauend. Dabei kann man auch die andere Seite sehen: Wir tun das, um leiden zu verhindern. Diese Sichtweise beizubehalten, wenn man im Alltag schlechte Botschaften überbringen oder sich verabschieden muss, ist aber sehr schwierig.

Zuletzt sind es die Strukturen im Gesundheitswesen. Zumindest im Ärztebereich sind sie stark hierarchisch orientiert. Am Ende muss immer jemand die Verantwortung übernehmen. Dazu kommen die in den Medien diskutierten Themen wie Personalmangel und Überforderung.“

Burnout bei Ärzten – die Statistik

Je nach Studie gibt es ganz unterschiedliche Zahlen zu Burnout-Erkrankungen bei Ärzten, Ärztinnen und medizinischem Personal. Die „Healthcare Information and Management Systems Society“ befragte zwischen 19. November 2020 und 26. Februar 2021 weltweit ihre Mitglieder:innen. Etwa 98 Prozent gaben an, dass Gefühl des Ausgebrannt-Seins durch den Job zu kennen.

In der regelmäßigen Mitgliederbefragung „MB-Monitor“ des Marburger Bundes 2019 gaben 59 Prozent der Befragten an, häufig überlastet zu sein oder ständig über die eigenen Grenzen zu gehen. 15 Prozent befinden oder befanden sich schon einmal wegen eines Burnouts in Behandlung.

Gute Strukturen, die Burnout vorbeugen

Praxisinhaber:innen und Vorgesetzte tragen in der Burnout-Prävention eine große Verantwortung. Denn auch wenn Sie Ursachen wie Personalmangel oder Überforderung nur bedingt beeinflussen können, können Sie doch für ein gutes Umfeld sorgen. Dafür sollten Sie sich diese Fragen stellen und regelmäßig überprüfen, ob die getroffenen Maßnahmen noch ausreichen:

  • Haben wir Strukturen geschaffen (Arbeitsabläufe, Arbeitszeitplanung, etc.) um alle größtmöglich zu entlasten?
  • Gibt es Möglichkeiten, um Grundbedürfnisse wie Essen, Trinken und Toilettengang während der Arbeits- oder Pausenzeiten unkompliziert zu erfüllen?
  • Haben alle Mitarbeiter:innen ein Mitspracherecht und das Gefühl, Ihre Arbeitsstelle mitzugestalten?
  • Bekommen alle regelmäßig Anerkennung für Ihre Leistungen?
  • Gibt es bei Ihnen möglichst wenig Konkurrenzdruck und ein gutes Teamgefühl?

Daneben sieht Burnout-Experte Dr. med. Thomas Bergner alle in der Pflicht, etwas für die Prävention zu tun: „Psychische Erkrankungen sind heute noch immer mit einem „Ich-schäme-mich“ verbunden. Deshalb ist das auch eine gesellschaftliche Aufgabe. Da wird nicht darüber geredet wie über andere somatische Erkrankungen auch.“ Darum ist es entscheidend, dass Sie als Praxis, Einrichtung oder Abteilung offen über Themen wie Überlastung und Burnout sprechen. Regelmäßige Schulungen und Coachings können allen helfen, soziale oder mentale Herausforderungen zu meistern. Am Ende ist aber der Austausch zwischen Vorgesetzten und Mitarbeiter:innen oder einfach von Kollege zu Kollegin ein entcheidender Faktor.

Wie können Sie persönlich Burnout vorbeugen?

Belastende Situationen zu erkennen, noch bevor es zu den ersten Anzeichen und Symptomen eines Burnouts kommt, ist im hektischen Alltag selten möglich. Dennoch können Sie einige Vorsorgemaßnahmen treffen, um eine Überlastung zu vermeiden. Dazu gehören etwa

  • Grundbedürfnisse wie Schlaf, Essen und Trinken regelmäßig und zuverlässig erfüllen.
  • Erholungspausen einplanen und zum Abschalten nutzen.
  • Ein soziales Netz aufbauen und bewusst pflegen.
  • Aktivitäten finden und durchführen, um die eigenen Gedanken zu sortieren (Sport, Spaziergänge, Tagebuch).
  • Hobbys und Freizeitaktivitäten bewusst einplanen.
  • Gefühle wahrnehmen und reflektieren.
  • Coachings und Weiterbildungen zur sozialen und emotionalen Begleitung von Patienten und Patientinnen annehmen.
  • Regelmäßige Selbstreflexion: Wo stehen Sie im Leben, wie sehen Ihre Ziele aus und sind Sie damit glücklich?

 Wie können Sie Kolleginnen und Kollegen unterstützen?

Auch wenn Sie auf die Strukturen in der Praxis oder Klinik nur wenig Einfluss haben, können Sie zur Burnout-Prävention beitragen. Grundlage dafür ist ein gutes Verhältnis unter den Kollegen und Kolleginnen. Haben Sie nach Möglichkeit ein offenes Ohr für ihre Sorgen und tauschen Sie sich untereinander aus. Dann fallen Ihnen unter Umständen folgende Anzeichen auf:

  • Jemand begegnet Patienten und Patientinnen sowie Kollegen und Kolleginnen empathielos.
  • Es kommt zu einem Leistungsabfall.
  • Die Sicht auf die Arbeit ist negativ und zynisch.
  • Ein Teammitglied zieht sich zurück und meidet soziale Kontakte.

„Wenn man sieht, dass Kollegen oder Kolleginnen ins Unglück laufen, muss man das thematisieren. Das ist meiner Auffassung nach kollegiale ärztliche Pflicht“, erzählt Dr. med. Thomas Bergner, „Die Hemmschwelle für so ein Gespräch ist aber sehr hoch. Besteht eine innerliche Distanz oder Konkurrenzdruck, ist es sehr schwer, einen Verdacht anzusprechen. Zudem hemmt die Angst vor Zurückweisung oder eine Grenze zu überschreiten, andere mit einem Verdacht zu konfrontieren.“ Dennoch sollten Sie Anzeichen eines Burnouts nicht ignorieren und zumindest Gesprächsbereitschaft signalisieren.

Ein Beitrag von unserer Redakteurin Elisabeth Maußner. 

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