Hitze in der Arztpraxis: Arbeitsschutzgesetz, hilfreichen Maßnahmen und Tipps

Über 30 °C, strahlender Sonnenschein und keine Wolke am Himmel, was für viele nach einem Traumurlaub klingt, ist während der Arbeitszeit weniger beliebt. Gerade an heißen Sommertagen fällt der Weg in die Praxis schwer. Patienten und Patientinnen sowie Mitarbeiter:innen haben deutlich schlechtere Laune, die Konzentration sinkt und sie schwitzen sich durch den Alltag. Wäre es da nicht schön, wenn Sie einfach hitzefrei in der Praxis machen könnten?

Arbeitsschutzgesetz bei Hitze: Ab welcher Temperatur wird Arbeit in der Praxis unzumutbar?

Viele Praxen haben keine Klimaanlage. Ist es draußen sommerlich heiß, wird es drinnen ebenfalls schnell unangenehm warm. Das ist aber noch lange kein Grund, die Arbeit niederzulegen. Nach der Arbeitsstättenverordnung, unter die auch Arztpraxen fallen, liegt die ideale Raumtemperatur zwischen 21 °C und 26 °C. Wird diese überschritten, sollten Praxisbetreiber:innen Maßnahmen ergreifen. Das können etwa Jalousien oder ein anderer Sonnenschutz sein.

Ab 30 °C in den Praxisräumen sind sie sogar verpflichtet, etwas zu unternehmen. Fest vorgeschriebene Maßnahmen gegen Hitze am Arbeitsplatz gibt es nicht. Die Technischen Regeln für Arbeitsstätten schlagen dafür etwa Lüften in den frühen Morgenstunden, eine Lockerung der Bekleidungsvorschriften oder kostenlose Getränke vor. Es reicht, wenn einige Punkte gegen die Hitze in der Praxis umgesetzt wurden. Bestimmte Maßnahmen wie kostenloses Mineralwasser können die Praxismitarbeiter:innen nicht einfordern.

Bei chronisch kranken Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen, Schwangeren oder Stillenden muss unter Umständen schon früher eingegriffen werden, um ihre Gesundheit nicht zu gefährden.

Hat ein:e Mitarbeiter:in gesundheitliche Probleme durch die Hitze, etwa Kreislaufbeschwerden, kann er bzw. sie natürlich nach Hause gehen, um sich auszukurieren. Wie bei einer Erkrankung müssen Betroffene dafür eventuell ein Attest vorlegen.

Bei über 35 °C Raumtemperatur kann ein Bereich nicht mehr für die Arbeit genutzt werden. Trotzdem können die Mitarbeiter:innen nicht einfach unabgesprochen nach Hause gehen. Stattdessen können sie beispielsweise in einem anderen Raum weiterarbeiten oder die Arbeitszeit auf kühlere Zeitfenster anpassen. Hitzefrei gibt es im rechtlichen Sinne in Arztpraxen deshalb nicht. Es spricht aber natürlich nichts dagegen, die Mitarbeiter:innen an einem besonders heißen Tag früher nach Hause zu schicken oder Ihnen Arbeitszeiten in den kühleren Morgenstunden anzubieten. Hier müssen Praxisbetreiber:innen vor allem abwägen, wie sie die Betreuung der Patienten und Patientinnen weiter gewährleisten können und dabei dennoch auf die Bedürfnisse der Mitarbeiter:innen eingehen.

Hitze am Arbeitsplatz: Diese Tipps halten Ihre Praxisräume kühl

Nach dem Arbeitsschutzgesetz müssen Sie erst nach einer Temperatur von 30 °C Maßnahmen ergreifen. Damit die Hitze gar nicht erst in Ihre Praxisräume kommt, ist es aber ratsam, sehr viel früher einzuschreiten. Im Idealfall erstellen Sie einen Sommerablauf-Plan, an den Sie sich unabhängig von den Temperaturen halten. Gegen die Hitze am Arbeitsplatz kann etwa helfen:

  • Schutz vor übermäßiger Sonneneinstrahlung, zum Beispiel durch Jalousien oder Sonnensegel.
  • Lüftungszeiten steuern, etwa über Nacht oder in den frühen Morgenstunden.
  • Arbeitszeiten auf kühlere Tageszeiten verlagern.
  • Innere Wärmequellen wie elektronische Geräte einschränken oder abschalten.
  • Körperlich anstrengende Tätigkeiten und Tätigkeiten im Freien möglichst in die frühen Morgen- oder späteren Abendstunden verlegen.
  • Ventilatoren nutzen.

Hitze am Arbeitsplatz: So unterstützen Sie Ihre Praxismitarbeiter

Die meisten Tipps gegen Hitze müssen der bzw. die Einzelne selbst umsetzen. Dazu gehört etwa viel trinken, leichtere und kleine Mahlzeiten essen oder zur Abkühlung kaltes Wasser über Handgelenke und Unterarme laufen lassen. Als Arbeitgeber:in können Sie Ihre Praxismitarbeiter:innen aber dabei unterstützen:

  • Getränke anbieten.
  • Bekleidungsvorschriften lockern.
  • Pausenzeiten einhalten und auf kühlere Räume oder Örtlichkeiten verlegen.
  • Mehrere kleine Pausen über den Tag verteilen, sodass Zeit für Erholung und kleinere, leichte Mahlzeiten bleibt.
  • Falls möglich Überstundenabbau und Gleitzeit an besonders heißen Tagen anbieten.
  • Heiße Tage mit der Hitzewarnkarte des Deutschen Wetterdienstes im Blick behalten und Mitarbeiter:innen darauf hinweisen.
  • Auf hitzebedingte Beschwerden achten und rechtzeitig eingreifen. Dazu gehören etwa Übelkeit, Schwindel, kalte und feuchte Haut sowie rasche Atmung oder schneller Puls.

Wie können Sie Ihre Patienten bei Hitze schützen?

Neben den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen sollten in der Praxis oder Klinik selbstverständlich auch die Patienten und Patientinnen geschützt werden. Große Hitze kann gerade bei bestehenden Erkrankungen ein gesundheitliches Risiko darstellen, das Sie vermeiden sollten. Schon bei der Anmeldung ist es deshalb ratsam, auf eine eventuelle Gefährdung zu achten und entsprechend zu reagieren. Schwache Patienten und Patientinnen sollten in keinem Fall lange in einem warmen Wartezimmer ausharren müssen. An heißen Tagen kann es zudem helfen, ausreichend Getränke anzubieten.

Ältere Patienten und chronisch Kranke sollten möglichst frühzeitig auf Hitzewellen vorbereitet werden. Sprechen Sie am besten zu Beginn des Sommers etwa während einer Routineuntersuchung mit ihnen über wichtige Maßnahmen. So können sie diese verinnerlichen und umsetzen. Tipps, wie ausreichend trinken, Erledigungen bei starker Hitze meiden und möglichst im Schatten oder Innenräumen bleiben, sind für alle Ihre Patienten und Patientinnen wichtig. Ein Aushang oder Flyer im Wartezimmer kann dies in den Sommermonaten verdeutlichen.

Ist die Hitze einmal da, sollten Sie zudem besondere Rücksicht auf Patienten und Patientinnen ab 65 Jahren nehmen. Verlegen Sie Termine etwa in kühlere Zeitfenster oder auf nicht ganz so heiße Tage. Ist es Ihnen möglich, können Risikopatienten und Risikopatientinnen auch bevorzugt behandelt werden, um die Wartezeit zu verkürzen.

Bestimmte Erkrankungen und Notfällen treten an heißen Tagen zudem vermehrt auf. So steigt etwa das Herzinfarktrisiko mit den Temperaturen. Arztpraxen und Kliniken sollten sich deshalb frühzeitig informieren, was eventuell auf sie zukommt. Zwar gibt es in Deutschland keinen einheitlichen Hitzerisikoplan, eine eigenständige Vorbereitung ist aber dennoch sinnvoll. Angepasste Dienst- und Urlaubspläne sind zum Beispiel ein erster wichtiger Schritt.

Starke Hitze kann außerdem die Wirkung und Nebenwirkungen von Medikamenten beeinflussen. Achten Sie deshalb besonders im Sommer darauf, Patienten und Patientinnen am besten mehrfach darauf hinzuweisen. In einigen Fällen kann es zudem ratsam sein, das Präparat zu wechseln.

Aktualisiert am 28.06.2023.

Sie sind Arzt? Registrieren Sie sich jetzt bei ÄRZTE.DE!

Diese Artikel könnten Sie auch interessieren:
Praxisforman37r4

Veröffentlicht am: 15.03.2024

Gemeinschaftspraxis, MVZ oder Einzelpraxis: Welche Praxisform ist die richtige für Sie?

Was sind Vorteile und Nachteile von Berufsausübungsgemeinschaft, MVZ und Praxisgemeinschaft? Erfahren Sie mehr zu Praxisformen und ihren Vorrausetzungen.

Adobestock 430171220i6kdd9

Veröffentlicht am: 29.02.2024

Social Media für Ärzte Teil 4: Trends 2024

Welche Social Media Trends 2024 sind vielversprechend? Auf welchen Plattformen tummelt sich die Gesundheitsbranche?

Adobestock 233168092tacgjr
Anzeige

Veröffentlicht am: 08.02.2024

Sichtbarkeit stärken, Patienten gewinnen: Erfolgreiches Dental Marketing in der modernen Zahnmedizin

Gute Marketingstrategien sind entscheidend für den Erfolg einer Zahnarztpraxis. Beim Odontathon haben Sie die Möglichkeit sich mit anderen Dentisten und Dentistinnen sowie Branchen-Experten und Brachen-Expertinnen auszutauschen und eine innovative Strategie zu entwickeln.