Zahnfleischbluten: Wann es harmlos ist und wann sie handeln sollten
Zahnfleischbluten beim Zähneputzen – das hat vermutlich jede(r) schon mal erlebt. In der Regel tritt es dort auf, wo man nicht regelmäßig putzt (z. B. die Zwischenräume) und hört schnell wieder auf. Doch ab wann sollten Sie mit Zahnfleischbluten zum Zahnarzt oder zur Zahnärztin? Und was hilft am besten? Zahnarzt Dr. Tore Thomsen gibt Antworten und Tipps.
Verletzungen, Entzündungen & Co: Zahnfleischbluten-Ursachen
Natürlich kann es vorkommen, dass Sie sich mit Zahnbürste, Dentalbürstchen oder Zahnseide am Zahnfleisch verletzen. In den meisten Fällen wird Zahnfleischbluten allerdings von Bakterien ausgelöst. Denn im Mund herrscht ein fragiles Gleichgewicht aus unterschiedlichen Organismen. Dieses kann aus den verschiedensten Gründen gestört werden, etwa durch Hormonumstellungen, Mundhygiene oder Ernährung. In der Folge entzündet sich das Zahnfleisch, blutet oder schwillt an. Kleinere Entzündungen können Sie meist mit der richtigen Mundhygiene selbst behandeln. Breiten Sie sich jedoch aus, kann das zu ernsthaften Erkrankungen des Zahnhalteapparats führen.
Daneben gibt es auch noch weitere Ursachen für Zahnfleischbluten, die sehr viel seltener vorkommen. Dazu gehören Nebenwirkungen von Medikamenten, Erkrankungen wie Diabetes oder Leukämie und Mangelernährung.
Alle Ursachen für Zahnfleischbluten auf einen Blick:
- Zahnfleischentzündung und Parodontitis
- Verletzungen
- Schwangerschaft
- Nebenwirkung von Medikamenten (z. B. Blutverdünner oder Blutdrucksenker)
- Erkrankungen (z. B. Diabetes, Herpes, Leukämie oder AIDS)
- Mangelernährung (z.B. Vitamin C Mangel oder Eiweißmangel)
Zahnfleischbluten in der Schwangerschaft
Während einer Schwangerschaft kommt Zahnfleischbluten häufiger vor. Die hormonellen Veränderungen sorgen für eine stärkere Durchblutung des Zahnfleisches, gleichzeitig können sich Plaque und Bakterien leichter an den Zahnhälsen anlagern. Übelkeit und Erbrechen verändern zudem die Mundflora und sorgen oft für eine veränderte Zahnputzroutine.
Viele Schwangere entwickeln deshalb eine Zahnfleischentzündung. Diese kann meist durch konsequente Mundhygiene eingedämmt werden. Sollte Zahnfleischbluten allerdings häufiger vorkommen, sollten Sie einen Zahnarzt oder eine Zahnärztin aufsuchen, um eine weitere Ausbreitung zu verhindern.
Zahnfleischbluten nach Verletzung stoppen
Wie eingangs erwähnt, schließt sich die Wunde bei Zahnfleischbluten oft von selbst. Deshalb ist meist keine spezielle Wundversorgung oder Desinfizieren nötig. Hält die Blutung des Zahnfleisches dagegen länger an, gehen Sie ähnlich wie bei anderen Wunden vor. Drücken Sie ein sauberes Stück Gaze, eine Kompresse oder etwas ähnliches auf die blutende Stelle. Üben Sie dabei möglichst gleichmäßig Druck aus, bis die Blutung gestoppt ist. Hört das Zahnfleischbluten auch nach 10 Minuten nicht auf, sollten Sie einen Arzt oder eine Ärztin aufsuchen.
Auch wenn es durch das Vermischen des Speichels nach viel aussieht, der Blutverlust ist bei Zahnfleischbluten in der Regel gering. Dennoch müssen größere Wunden natürlich adäquat versorgt werden. Tritt Zahnfleischbluten mehrmals oder sogar regelmäßig auf, sollten Sie zudem mit Ihrem Zahnarzt oder Ihrer Zahnärztin darüber sprechen.
Sie haben häufiger Zahnfleischbluten: Was hilft?
Die Ursache für Zahnfleischbluten ist fast immer eine leichte Entzündung. Diese kann unbehandelt schlimmer werden und sich ausbreiten. So kann Sie etwa zu einer Parodontitis, einer Entzündung des gesamten Zahnhalteapparats führen, was langfristig einen Knochenabbau und schlussendlich den Zahnverlust zur Folge haben kann. Sollten Sie Zahnfleischbluten bei sich bemerken, sind deshalb einige Tipps besonders wichtig:
- Besonders gründliches Zähneputzen
Gerade die Stellen am Zahnfleisch, die bluten, sollten in den nächsten Tagen gründlich gereinigt werden. Achten Sie dabei darauf, auch versteckte Bereiche penibel zu putzen und nicht zu viel Druck auszuüben. Für die richtige Putztechnik sollten Sie sich regelmäßig Tipps bei Ihrem Zahnarzt oder Ihrer Zahnärztin holen. - Zahnzwischenräume reinigen
In den Zahnzwischenräumen bilden sich besonders leicht Beläge und es sammeln sich Bakterien. Hier haben sich Interdentalbürsten für eine optimale Reinigung bewährt. Diese sollten in der richtigen Größe gewählt und täglich angewendet werden. An manchen Stellen kann auch die Verwendung von Zahnseide ausreichen. - Mundspülungen oder Öl ziehen
Es gibt einige Produkte und Empfehlungen, die Bakterien eindämmen können. Allerdings können freiverkäufliche Mundspülungen auch das Gleichgewicht der Mundflora erheblich stören. Sie sollten deshalb nur nach Rücksprache mit Ihrem Zahnarzt oder Ihrer Zahnärztin über einen längeren Zeitraum angewendet werden. Eine gesündere Alternative kann das morgendliche Öl ziehen sein. - Zahngesunde Ernährung
Besonders Zucker kann das Bakterienwachstum im Mund fördern. Bei einer Zahnfleischentzündung sollten Sie deshalb möglichst auf zuckerhaltige Lebensmittel und Getränke verzichten. - Rauchen vermeiden
Als Raucher:in sollten Sie bei Zahnfleischbluten besonders hellhörig werden. Da das Rauchen die Durchblutung des Zahnfleisches vermindert, kommt es bei Ihnen sehr viel seltener und später zu Blutungen. Die Entzündung ist dann unter Umständen schon weiter fortgeschritten. Zudem bremst Rauchen das Immunsystem, was die Heilung behindern kann.
Zahnfleischbluten und Hausmittel: Was hilft wirklich?
In der Hausapotheke gibt es zahlreiche Mittel mit entzündungshemmenden Eigenschaften. Ob diese bei Zahnfleischbluten und Zahnfleischentzündungen wirklich helfen können, darf zumindest bezweifelt werden. Meist lindern sie nur die Symptome, bekämpfen aber nicht die Ursache – den Zahnbelag. Wer mag, kann aber natürlich neben den oben genannten Maßnahmen auf Kräutertees aus Kamille oder Thymian zurückgreifen. Abraten kann ich nur von Hausmitteln, die der Mundgesundheit nachweislich schaden können. Zuckerhaltiger Honig etwa ist keine gute Wahl.
Zahnfleischbluten: Behandlung beim Zahnarzt
Verschwindet das Zahnfleischbluten auch nach mehreren Tagen und den oben genannten Tipps nicht, sollten Sie einen Termin bei Ihrem Zahnarzt oder Ihrer Zahnärztin vereinbaren. Er bzw. sie kann genau wie bei der Zahnvorsorge-Untersuchung den Zustand des Zahnfleisches genau prüfen. So lässt sich erkennen, ob nur eine leichte Entzündung, bereits eine ausgewachsene Zahnfleischentzündung (Gingivitis) oder sogar eine Parodontitis (Entzündung des Zahnhalteapparats) vorliegt. Je nach Diagnose stehen unterschiedliche Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung:
- Beratung durch den Zahnarzt oder die Zahnärztin
Ein erster wichtiger Schritt ist die Aufklärung des Patienten bzw. der Patientin und die Optimierung der häuslichen Mundhygiene. - Professionelle Zahnreinigung
Als Ergänzung zur täglichen Zahnpflege reinigt die professionelle Zahnreinigung auch schwer erreichbare Stellen. So können Zahnzwischenräume und Zahnfleischtaschen optimal gesäubert werden. Die speziell ausgebildeten Prophylaxemitarbeiter:innen beraten Sie außerdem ausführlich zur korrekten Mundhygiene. - Reinigung der Zahnwurzeloberfläche (Kürettage/Deepscaling)
Im Falle einer Parodontitis wird die Wurzeloberfläche unterhalb des Zahnfleisches gereinigt, um Bakterien und Beläge zu entfernen. Hierbei können auch moderne Mittel zur Anwendung kommen, welche helfen, die Beläge und entzündlichen Gewebe zu lösen (Perisolve) sowie die Geweberegeneration unterstützen (Hyaluronsäure). - Reinigung unterhalb des Zahnfleisches (Lappenoperation)
Ist die initiale Parodontitis-Therapie nicht erfolgreich, wird in seltenen Fällen das Zahnfleisch vorsichtig angehoben, um die Wurzeloberflächen unter Sicht erneut zu reinigen und ggf. Knochen aufzubauen. - Lasertherapie
Mithilfe der Lasertherapie kann betroffenes Gewebe entfernt werden. - Knochenaufbau oder Geweberegeneration
Sind Knochen oder Gewebe bereits irreparabel geschädigt, können Sie durch Membranen, Gele oder Knochenersatzmaterial unter Umständen wiederhergestellt werden.