Tipps für den Umgang mit gewaltbelasteten Patienten

Ein kleiner Junge liegt mit geschlossenen Augen auf der Schulter einer erwachsenen Person mit braunen Haaren, die ihr Gesicht in den Händen vergräbt. Beide tragen graue Oberteile. Die Szene wirkt emotional und intim.
Ein kleiner Junge liegt mit geschlossenen Augen auf der Schulter einer erwachsenen Person mit braunen Haaren, die ihr Gesicht in den Händen vergräbt. Beide tragen graue Oberteile. Die Szene wirkt emotional und intim.

Opfern von Gewalt fällt es meist unheimlich schwer, sich anderen gegenüber zu öffnen. Die vertrauensvolle Arzt-Patient-Beziehung bildet eine gute Grundlage dafür. Wie Ärzte im Umgang mit gewaltbelasteten Patienten handeln können und wo auch Helfer Hilfe finden, lesen Sie in diesem Beitrag.

Gewalt gegen Kinder - Auf welche Signale sollte ich als Arzt achten?

Ein aufgeschlagenes Knie, blaue Flecken oder eine Platzwunde –Kinder erleiden in ihrem Alltag öfter Verletzungen. Anlass zur Sorge geben sie erst mal nicht. Treten Verletzungen jedoch in den Armbeugen, an Innen- und Außenseiten der Oberschenkel oder im Bereich des Bauches auf, sollten Mediziner Gewalt als Ursache in Betracht ziehen.

Wie spreche ich meine Vermutungen an?

Gewalt gegen Kinder ist ein sensibles Thema. Entsprechend schwierig gestaltet sich das Gespräch mit Eltern darüber. Experten empfehlen, die Eltern nicht als Täter zu stigmatisieren, sondern das Wohl des Kindes in den Vordergrund zu stellen. Auf diese Weise, fällt es den Eltern leichter sich zu öffnen und Sie können Ihre Sorge um die Unversehrtheit des Kindes teilen.

Je nachdem, wie gravierend die Verletzungen des Kindes sind, empfehlen sich weitere Maßnahmen. Das Überweisen des Kindes an eine Kinderschutzambulanz gibt dem Kind die Möglichkeit, etwas Abstand zu den Eltern zu erhalten und einen geschützten Rahmen um über das Erlebte zu sprechen. Massive Verletzungen erfordern eine Überweisung an die Rechtsmedizin, sodass diese rechtssicher dokumentiert werden können. Selbstverständlich steht die Akutbehandlung immer im Vordergrund.

Welche Stellen bieten Beratung für Ärzte an?

Ärzte sind nicht per se gefeit vor Unsicherheit, Angst oder Betroffenheit. Hier können Sie Hilfe erhalten:

  • Kollegen
  • Kinderschutzambulanzen
    Als Ansprechpartner für Ärzte, Jugendämter, Eltern und betroffene Kinder von Gewalterfahrungen arbeiten Kinderschutzambulanzen interdisziplinär. Ihre Leistungen sind kostenlos und auf Wunsch anonym.
  • Das Telemedizinportal remed-online.de bietet Ärzten Beratung im geschützten Rahmen.
  • Fortbildungen und fachübergreifende Tagungen helfen Ärzten, sich sicherer im Umgang mit Gewalt zu fühlen. Zudem schulen sie ihre Teilnehmer in Bezug auf Schweigepflicht und gesetzliche Regelungen.
  • Jugendämter
    Die Aufgabe der Jugendämter ist der Schutz des Kindes und die Bereitstellung von Hilfen für das Familienleben. Dafür sind sie auf Austausch mit Ärzten angewiesen und stehen gegebenenfalls auch konsiliarisch zur Verfügung.

Häusliche Gewalt – wie kann ich als Arzt helfen?

Häusliche Gewalt kann alle Geschlechter betreffen. Besonders für Frauen und Kinder ist sie jedoch ein Hauptrisiko für die Gesundheit und das quer durch alle Bildungsstände, Einkommen oder andere soziale Zugehörigkeiten. Es gibt Situationen wie Trennungen oder eine Behinderung, die das Risiko zudem drastisch erhöhen. Opfer häuslicher Gewalt suchen in den seltensten Fällen eine Arztpraxis im direkten Anschluss an das Geschehene auf, meist erst ein paar Tage später oder gar nicht.

Kommt eine Patientin in die Sprechstunde, wird sie die Gewalterfahrung vermutlich nicht von sich aus ansprechen. Infolgedessen kann es schwierig sein mögliche Ursachen einzuordnen, denn in den seltensten Fällen ist klar, was dahinter steckt. Dennoch können Ärzte qua ihres Berufes einen wichtigen Anstoß bieten, damit die Gewalt endet.

Ergreift der Arzt von sich aus die Initiative und lenkt das Gespräch sensibel auf mögliche Gewalterfahrungen, reagieren die meisten Betroffenen erleichtert. Im Vieraugengespräch sollte eine möglichst ungezwungene Atmosphäre gelten. Achten Sie möglichst darauf alleine mit der Patientin zu sprechen, so lassen sie mögliche Täter außen vor. Auch wenn Ihr Gegenüber zögert, drängen Sie es zu nichts. Bei der Überlegung darüber sich mitzuteilen, hilft es zu erfahren, dass vielen Menschen Gewalt erfährt. Erklären Sie Ihrer Patientin, dass Sie unter keinen Umständen Gewalt verdient hat und in Ihrer Praxis jederzeit Hilfe erwarten kann. Plakate über Beratungsstellen und andere Hilfen im Wartezimmer machen zudem Mut, sich zu öffnen, da sie Bereitschaft signalisieren.

Der nächste Schritt ist die Dokumentation. Sie ist entscheidend, da sie das Opfer in folgenden Prozessen wie einem strafrechtlichen Verfahren stärken kann. Gewaltopferambulanzen bieten Ärzten dafür konsiliarische Tätigkeiten an. Mittels eines Dokumentationsbogens mit Körperschema halten Ärzte alle Verletzungen fest. Ist die Patientin oder der Patient bereit, das Erlebte zu schildern, sollte dies mittels wörtlicher Rede festgehalten werden. Das Gespräch mit jüngeren Patienten gestaltet sich meist schwieriger, da sie ihre Familie oft intuitiv zu schützen suchen oder aus Angst vor erneuter Gewalt die Unwahrheit sagen.

Abschließend sollte, unter Berücksichtigung akut bestehender Gefahr über den weiteren Verbleib der Person gesprochen werden. Fragen Sie nach möglichen Verwandten oder nahe stehenden Menschen, bei denen Schutz gesucht werden kann. Verweisen Sie außerdem auf Frauenhäuser und ähnliche Hilfsstellen. Diese bieten meist Vordrucke zur Bestellung für Praxen an.

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