Chat-Programme in der internen Praxis-Kommunikation – bringt das wirklich was?

Ein Arzt steht in einem Patientenzimmer und tippt auf dem Tablet. Im Hintergrund liegt eine Patientin im Bett, eine Person in OP-Kleidung spricht mit ihr.
Mit Chatprogrammen können Sie sich im Alltag unter Umständen weite Wege sparen. | © PeakPoints/peopleimages.com - stock.adobe.com

Nehmen wir an, Sie haben eine Frage an einen Kollegen bzw. eine Kollegin im gleichen Gebäude. Stehen Sie dann auf und besprechen das Thema persönlich? Greifen Sie zum Telefon? Oder nutzen Sie einen Messenger?

Chatprogramme für tägliche Absprachen und zum Teilen von Dokumenten sind in Unternehmen längst angekommen. Auch Arztpraxen und Kliniken könnten von Messenger-Diensten profitieren – wären da nicht die hohen Datenschutzansprüche bei Gesundheitsdaten. Einige Anbieter von „Medical Messengern“ haben sich genau darauf spezialisiert. Doch sind TI-Messenger, medikit oder Siilo wirklich so hilfreich?

Was ist mit "medical messengern" gemeint?

Medical Messenger kombinieren Einzel-Chats, Gruppenchats und die Verwaltung von Aufgaben und Dateien in einem Programm. Sie bieten damit mehr als es aus dem Privaten bekannte Messenger-Dienste wie Whatsapp oder Signal tun. Man muss sie sich eher als speziell für die Anforderungen im Gesundheits- und Pflegewesen entwickelte Alternativen zu Slack und Microsoft Teams vorstellen.  

Wer nutzt Chat-Programme im medizinischen Bereich?

Insbesondere größere Praxen und Kliniken nutzen solche Programme zur schnellen Abstimmung und zur Optimierung der Patientendaten-Verwaltung. medikit wird lt. eigener Website in mehr als 3.800 Betrieben von mehr als 160.000 Nutzer:innen eingesetzt. Das kostenlose Siilo (seit 2023 Teil von Doctolib) hat nach eigenen Angaben mehr als 850.000 Nutzer:innen in mehr als 1.000 Gesundheitseinrichtungen. Von beiden liegen keine Zahlen zum deutschen Markt vor. Bei 98.503 vertragsärztlichen Arztpraxen und 1.874 Kliniken in Deutschland, dürften die Nutzerzahlen hierzulande daher noch recht gering sein. Die Anbieter sehen allerdings großes Potenzial zum Wachstum und werben mit zahlreichen Anwendungsbereichen. Zum Beispiel:

  • ausgedruckte Checklisten ersetzen
  • Informationsaustausch zwischen Abteilungen erleichtern
  • zentrale Ablage von Dateien, die für alle wichtig sind 
  • Übergaben zum Schichtende ersetzen
  • schnelle Kommunikation zwischen verschiedenen Standorten möglich machen
  • u.v.m.

Vorteile von Medical Messengern: Wie erleichtern sie den Praxisalltag?

Nicht alle der oben genannten Einsatzgebiete nützen Ihrer Arztpraxis, Ihrem MVZ oder Ihrer Klinik. Denn sie beziehen sich vor allem auf große Häuser mit vielen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen. Dennoch können medical messenger unter Umständen auch in kleinen Praxen und Einrichtungen die Arbeit erleichtern. Folgende Vorteile für die interne Praxis-Kommunikation sprechen dafür:

  • Echtzeit-Kommunikation: Nachrichten werden sofort zugestellt und erleichtern so die schnelle Abstimmung zwischen Ärzten und Ärztinnen, Pflegepersonal sowie der Verwaltung.
  • Dokumentation und Nachvollziehbarkeit: Chat-Verläufe können dokumentiert und bei Bedarf zur besseren Nachvollziehbarkeit herangezogen werden.
  • Einfache Bedienbarkeit: Viele Programme sind intuitiv gestaltet und bedürfen keiner langen Einarbeitungszeit, was den Einsatz auch in stressigen Situationen ermöglicht.
  • Datensicherheit: Medical Messenger wurden speziell für das Gesundheitswesen entwickelt und erfüllen hohe Standards an Datensicherheit und Verschlüsselung. Damit sind die sensiblen Patientendaten geschützt, was gerade für Arztpraxen und Kliniken essenziell ist.
  • Flexibilität: Chat-Programme ermöglichen es dem Personal, auch mobil oder von anderen Standorten aus auf die Kommunikation zuzugreifen, was insbesondere bei mehreren Standorten, weiten Wegen oder der Nutzung von Homeoffice-Lösungen von Vorteil ist.

Nachteile: Wo liegen die Grenzen der Chat-Programme?

Trotz aller Vorteile gibt es auch einige Nachteile, die bei der Nutzung von Chat-Programmen im medizinischen Bereich beachtet werden sollten:

  • Abhängigkeit von Technik: Ohne eine stabile Internetverbindung oder bei technischen Problemen kann es schnell zu Verzögerungen kommen, was den Praxisablauf stören kann.
  • Mögliche Sicherheitsrisiken: Trotz hoher Sicherheitsstandards besteht bei der digitalen Kommunikation immer ein Restrisiko, dass Daten abgefangen oder verloren gehen können.
  • Ablenkungspotenzial: Ständige Nachrichten können die Konzentration stören und das Personal möglicherweise von anderen wichtigen Aufgaben ablenken. Hier ist ein verantwortungsvoller Umgang mit dem Medium gefragt.
  • Kosten und Wartungsaufwand: Die Implementierung und Wartung dieser Systeme sind mit Kosten verbunden, die nicht alle Praxen ohne Weiteres stemmen können.

Voraussetzungen für die Nutzung von Medical Messengern

Bevor Sie sich für oder gegen einen Medical Messenger entscheiden, sollten Sie auch die Gegebenheiten prüfen. Ihre Praxis muss einige Voraussetzungen erfüllen oder schaffen, damit die Einführung reibungslos gelingt: 

  • ausreichend Geräte: Jede(r) Mitarbeiter:in, der bzw. die Zugang zum Chat-Programm haben soll, braucht mindestens ein Gerät, auf dem die entsprechende App genutzt werden kann. Je nach Anbieter kann das ein Smartphone, Tablet oder auch ein PC sein.
  • stabile Internetverbindung: Ohne eine zuverlässige Verbindung kann die Funktionalität stark eingeschränkt werden, weshalb eine stabile Infrastruktur grundlegend ist.
  • Datenschutz und Verschlüsselung: Die genutzten Chat-Programme sollten die hohen Anforderungen des Datenschutzes im Gesundheitswesen erfüllen. Zudem müssen auch die genutzten Geräte unter Umständen Datenschutzbestimmungen entsprechen. Die Nutzung privater Geräte ist kritisch zu sehen.
  • Schulung des Personals: Eine grundlegende Schulung des Personals zur Nutzung der Medical Messenger und zur Sensibilisierung für den Umgang mit sensiblen Daten ist essenziell, um Sicherheit und Effizienz zu gewährleisten.
  • festgelegte Kommunikationsrichtlinien: Um die Abläufe klar und strukturiert zu halten, sollten Praxen und Kliniken Kommunikationsrichtlinien festlegen, wie etwa eine klare Trennung zwischen beruflicher und privater Nutzung sowie Richtlinien zur Erreichbarkeit.

Quellen

Ein Text von Elisabeth Maußner.

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